Handlung
Vergangenheit: Während der Rekrutierung von Bordmitgliedern auf Zalit, werden Perry Rhodan und seine Begleiter von Mehandor, mehr schlecht als recht, beschattet. In einer Spelunke tritt der Vincraner Carembroich auf den Plan und bietet für eine Passage nach Sher 25 seine Dienste als Lotse an. Bei einem Überfall werden ihm auf Zalit seine beiden geheimnisvollen Taschen gestohlen und Gucky verhindert schlimmeres durch sein telekinetisches Einschreiten. Vier mehandorische Besatzungsmitglieder der MAGELLAN werden als Angreifer vom Mausbiber identifiziert und die Matriarchin Tara Klerana reagiert pikiert. Sher 25 ist ein Sonnentransmitter laut Carembroich. Als Avenline Celestaris das erste Mal auf den neuen Lotsen trifft, reagiert Eidolon merkwürdig, was laut Carembroich an der nicht näher erklärbaren Parusie liegen soll. Einer der von NATHAN geschickten Paddler-Ingenieure greift unversehens in eine der mysteriösen Taschen und macht Erfahrung mit dem besonderen Inhalt. Der Vincraner wird kurze Zeit später erneut seiner Taschen beraubt, wofür sich drei andere Mehandor verantwortlich zeichnen. Tara Klerana wusste über den Vorgang sehr wohl Bescheid, was sie zuvor strikt dementierte. Aber aus guten Gründen, denn sie zettelt eine Meuterei an und übertölpelt die Schiffsführung. Die arkonidische Besatzung wird mit Betäubungsgas ausgeschaltet.
Gegenwart: Während der Rückeroberung zerschießen übermächtige Kampfroboter den Roboterkörper Vario 500 und drohen, auch den Rest der Gruppe auszuschalten. Aufgrund der Todesängste von Aveline Celestaris manifestiert sich Eidolon und zermalmt die Gegner. Als das Wolkenwesen sich Perry Rhodan zuwendet, tritt Carembroich vor und hält ihm seine Taschen entgegen, woraufhin sich Eidolon, dank der Parusie, zurückzieht. Atlan gelingt es nach Rücksprache mit einer arkonidischen Raumpatrouille, die Mehandorgefangenen an diese zu überstellen. Ohne diesen Ballast trifft die MAGELLAN am Zielort ein, wo sie einen frakturierten Ortungsschatten als Verfolger registrieren. Carembroich setzt seine Fähigkeiten unter Beweis und manövriert das Schiff mittels Trajektorbojen durch die höherdimensionalen Naturgewalten, als der unbekannte Verfolger aufholt und die MAGELLAN unter Beschuss nimmt und trifft. Der mehrdimensionale Energiestrang setzt Aveline Celestaris außer Gefecht und Eidolon frei, der die Zentrale verwüstet. Eine einzelne Gypspflanze, erzeugt durch einen panikartigen Wachstumsschub beim Korridordurchflug, hatte zuvor auf einer von Carembroichs Taschen gewurzelt. Diese schwebt auf Eidolon zu, woraufhin sich dieser beruhigt und wieder auflöst. Entgegen jeglicher Wahrscheinlichkeiten holt ihr Verfolger auf, als die MAGELLAN in eine Zotte gerät. Sie entkommen knapp und treffen bei Sher 25 ein.
Meinung
Das neue Titelbild ließ mich direkt rund 80 Romane zurückblicken, da es mich vom Stil her schwer an NEO 271 „Undercover auf Olymp“ erinnerte. Aufgrund seiner krassen Gegensätze, da der ältere NEO farbenfroh und prächtig daher kam und der aktuelle NEO das cyberpunkige Gegenteil symbolisiert. Farblich düster und grau, mit einem leichten rötlichen Farbton in der oberen rechten Ecke versehen, der die Riesensonne über Zalit verkörpern sollte, kommt der Waberschormi-Roman daher. Den Coververgleich verliert das dieswöchige Heft damit auf jeden Fall deutlich gegen sein optisches Vorbild. Auch wenn ich es durchaus als gelungen bezeichnen würde, da Carembroich gut getroffen wurde und mir die Lichtstimmung sehr gut gefiel. Ich bleibe aber kein Freund von düsteren Covern. Und bin auch kein Fan von verwirrenden Romaneröffnungen.
Ein Megafragezeichen prangte nämlich bereits nach den ersten Seiten von Kapitel 1 über meinem rauchenden Schädel. Woher zum Teufel kommt Carembroich so plötzlich? Um dann nochmal rückwärts zu lesen und feststellen zu müssen, dass der geplante Rekrutierungshalt, zur Verstärkung mit Bordpersonal, erzählerisch einfach übersprungen wurde. Puh, das fühlte sich irgendwie an, als hätte man der Staffel einen Roman geklaut. Oder hatte das gar Carembroich erledigt? Das galt es herauszufinden. Positiv festzuhalten war zumindest, dass der Flottentender somit direkt und ohne Schnörkeleien ins Heimatuniversum der Hamamesch durchstarten konnte. Oh… doch nicht. Meuterei!
Also doch. Wie bereits im Auftaktroman der Staffel, bedient sich der Autor einer chaotisch chronologischen Erzählweise. Anfangs wirkte das arg verwirrend und ich bin auch nach den ersten Kapiteln nicht warm damit geworden. Erfreuen konnten mein Herz hingegen Bootsnamen wie die ERIKSSON und das Kreditinstitut V’Arko-Bank, eine herrliche Anspielung an ihr irdisches Pendant. Rainer Schorm ließ mir im Anschluß kaum eine Atempause. Gucky durfte in der Ganovenstory um Carembroich mal wieder als Überallzugleichteleporter mitwirken. Der zwielichtige Dieb gefiel mir als rätselhafter Geheimnisträger, im wahrsten Sinne des Wortes. Daneben gab es auch wieder eine gute Portion feinen Humor aus dem Breisgau. Paddler auf der Walz, zum schief lachen. Wobei ich zugeben muss, dass meine Stimmung beim Gedanken an NATHAN einmal mehr getrübt wurde. Die Mondintelligenz schickt mal wieder unverhofft Hilfe und seine Schachfiguren wissen natürlich nichts näheres. Ich meine übrigens die Paddler, nicht die Leserschaft. Wobei das letztlich keinen Unterschied machen dürfte.
Größter Aufreger war für mich die sackennervige Mehandorsippe, die ich am liebsten mitten im All ausgesetzt hätte. Nicht nur ging mir die Matriarchin gehörig auf die Nüsse, die taktischen Fehlentscheidungen der Perrytruppe führten gar erst zur Meuterei. Unverständlich, dass man hier nicht noch einen Tag länger auf Zalit zu rekrutieren versucht hatte, statt dieses Geschmeiß weiter an Bord zu dulden. Unlogisch von allen Parteien, ob Fiktivcharakter oder Autor. Die Geschichte rund um die Mehandor las sich deshalb für mich höchst unrund. Im Laufe der viel intensiver und durchdachter erzählten Story rund um Carembroich, wird indes erstmals der Begriff Zwotter fallen gelassen. Im nächsten Band wird diese Thematik intensiviert, ich bin gespannt. Nach nunmehr fast zwei Dritteln Romanfortschritt war und blieb das starke Figurentelling des Vincraners mein Spannungsanker.
Es fielen einige Begriffe, die in den nächsten Romanen vermutlich handlungstragend sein werden. Zum einen natürlich die Parusie. Dank ihrer beruhigenden Wirkung kann Carembroich das Wolkenwesen Eidolon gewissermaßen sedieren. Was der Inhalt von zwei Ledertaschen nicht so alles bewirken kann. Erinnerte mich an Siebenstein, eine Fernsehserie aus meiner Kindheit, wo der Koffer -es gab mit Trolli sogar eine zweites, jüngeres Exemplar- tardisähnliche Innenverhältnisse aufwies und regelmäßig allerhand kurioses zu Tage förderte. Eine Inspiration für Rainer Schorm?! Neiiiiiiiiin, das ist keine Spekulation!! Rabe Rudi kann’s bezeugen.
Die völlig überflüssige Meutereihandlung gipfelt dann endlich in der erwarteten Rückeroberung der MAGELLAN. Ab da wurde es dann handlungstechnisch erst wirklich interessant. Gypspanik erzeugt Blümchen. Blümchen beruhigt Eidolon durch erzeugte Parusie?! Eidolon funktioniert trotz bewusstloser Aveline. Aveline hat nur begrenzten Einfluss auf das Wolkenwesen. Und Sher 25 ist der Oldie unter den Sonnentransmittern. Hab ich was vergessen? Bestimmt. So wenig spektakulär der Roman begann, so wenig spektakulär endete er auch. Happy End inklusive. Nuja…
Zitat des Romans
„Eidolon möchte ich ungern ein zweites Mal bemühen. Du bist zuverlässiger!“ „Und hübscher“
Dialog zwischen Perry und Gucky
Fazit und Wertung
Rainer Schorm misslingt der erzählerische Spagat zwischen einer starken Charaktereinführung von Carembroich und der höchst überflüssigen und nervigen Story rund um die Mehandorsippe. Der Dieb gibt mir starke Horatio Hondro Vibes, weil sein persönliches Schicksal ähnlich düster ist, wie das des Bösewichts aus einer lange vergangenen Epoche. Wäre der titelgebende Mehrwegcharakter nicht gewesen, hätte ich wohl nach ein paarunddreißig Seiten erst mal den Roman zur Seite gelegt. Nicht nur aufgrund der chaotisch chronologischen Erzählweise, die mir gar nicht gefiel, sondern vor allem wegen dem unlogischen Dulden von höchst überflüssigen Personen an Bord. Die verdammte Geheimniskrämerei von NATHAN setzte dem ganzen dann die Krone auf. Weil es mittlerweile zum unguten Ton der Serie gehört, dass die Mondintelligenz unter höchster Geheimhaltungsstufe, vorbei an allen Entscheidungsträgern, entscheidend eingreift. Die Icherzählweise in den Diebestagebuch-Kapiteln und die dadurch präsentierte, abgespeckte Kurzbiographie, hievten mich jedoch regelmäßig zurück in meine Lesewohlfühlzone. Dazu trug auch die liebevolle Reminiszenz an Ex-NEO-Autorin Marie ERIKSSON bei, die der Leserschaft dadurch wenigstens längerfristig als Kugelraumer erhalten bleibt. Gibt Schlimmeres! Zum Ende hin gab es dann auch wieder, fast NEO-typisch in letzter Zeit, die ersten Antworten auf mehr oder weniger drängende Fragen. Dennoch muss ich ehrlicherweise sagen, dass der Roman die bisher starke Staffel ein wenig nach unten zieht. Auch weil man sich mit Meuterei und Rückeroberung letztlich keinen Handlungsfortschritt verschaffen konnte, der nur marginal positiv durch die Diebesgeschichte gepusht wurde. Und auch an Spannung vermissen ließ, vor allem mit dem schwachen Happy End. Somit bleibt es für mich bei knappen drei von fünf mysteriösen Ledertaschen, die via Teleporter ins schöne Breisgau verschickt werden.
Trauer und Abschied
Kurz nachdem ich diese Zeilen getippt hatte und die Rezension quasi schon auf dem Weg ins Lektorat war, ereilte das Fandom die Nachricht vom Tode Rainer Schorms. Ich habe lange mit mir gerungen, diese Zeilen dennoch zu veröffentlichen. Durch mein Umfeld fühlte ich mich gestärkt, diese Kritik am allerletzten Roman dennoch zu posten. Auch wenn es mir alles andere als leicht fällt. Mit Rainer Schorm geht ein ganz Großer des Sci-Fi-Genres von uns. Ein großartiger Mensch, wie mir immer wieder zu Ohren kam und mir durch seine Erzählungen stets eindrücklich vermittelt wurde. Da er Kritiken an seinen Werken konsequent nicht verfolgt hat, kam es leider auch nie zu einem virtuellen Austausch. Zudem war Rainer bei von mir besuchten Conventions entweder gesundheitlich verhindert oder musste kurzfristig absagen, wie in Garching vor zwei Jahren. Daher war es mir leider stets vergönnt, ihn persönlich kennenzulernen und jetzt ist keine Möglichkeit mehr dafür. Das schmerzt besonders. Ich wünsche seiner Familie und allen Angehörigen jegliche Kraft der Welt, diesen tragischen Verlust möglichst schnell irgendwie verarbeitet zu bekommen. Leichte Worte für ein überirdisches Unterfangen, das ist mir bewusst. Du wirst fehlen. Überall. Ad Astra Rainer. Das Team Radio Freies Ertrus wünscht Dir eine gute Reise zu den Sternen, wohin du uns stets mit deinen Geschichten begeistern und mitnehmen konntest.