Handlung

Die MAGELLAN verlässt ihren Flugkorridor über Zwottertracht, dem einzigen Planeten im System des Sonnentransmitters Sher 25. Die erbetene Landeerlaubnis wird ihnen barsch verwehrt und das Team einigt sich darauf, den Vario 500 in Maske auf den sonderbaren Planeten zu senden, solange sie auf ihrem Orbitparkplatz festgehalten werden. Bevor die Pläne umgesetzt werden können, verschwindet Carembroich mit seiner QUATTERFLEE und lässt sein Hab und Diebesgut zurück. Eine hinterlegte Botschaft verkündet seinen Abschied von den Terranern und seine erhoffte Wiedereingliederung in die Gesellschaft von Zwottertracht. Zahllose kleine Raumfähren umschwirren alsbald die MAGELLAN und es gelingt sogar einem Exemplar, durch die Schutzschirme einzudringen. Gucky gelingt es nach längerer Suche, den eingedrungenen Vincraner zu stellen und zu sedieren, woraufhin ihm Blut abgezapft werden kann, das für die Maske des Vario 500 benötigt wird. Roi Danton kann sich dank der guten Tarnung erfolgreich unter die Bevölkerung in Zwotterstadt mischen und trifft dort auf die Vincranerin Ziggizza, eine Psychodsammlerin. Sie führt ihn in die lokalen Gebräuche ein, wodurch er einen Weg in die Unterstadt und in den Garten der Parusie findet, wo sich die ganzen Ausmaße des Einflusses durch die Hamamesch offenbaren. Danton wird Zeuge der Rückverwandlung von Zwottern in Vincraner. Die Hamamesch hatten bei ihrer Ankunft über Zwottertracht den Sonnentransmitter schwer beschädigt und die Bevölkerung aus ihren Wachträumen gerissen, was bei vielen psychische Schäden verursacht hatte.

An Bord der MAGELLAN gelingt der „Mücke“ die Flucht. Der Vincraner weist eine bestimmte Affinität zu Technik auf und mutiert unter den wachsamen Augen der Paddler und Gucky zum Zwotter Laffroich. Als Atlans Eingreiftruppen anrücken, bricht Eidolon aus Aveline Celestaris aus und kann von Laffroich besänftigt werden, bevor es zum Blutvergießen kommt. Die MAGELLAN empfängt Daten über eine Strahlenquelle, die eindeutig den Hamamesch zuzuordnen ist und die Gruppe um Perry macht sich mit Raumanzügen auf den Weg zu einem Wrackteil im All. Dort bergen sie die Überreste eines nacktschneckenartigen Wesens, das Aveline Celestaris zuvor bereits in einem Kontor gesehen hatte. Von Roi Danton erfährt Perry Rhodan, was er ausfindig machen konnte, woraufhin dieser in der Zentralen Zwotterei ein Angebot abgibt. Obermotz Jepprabroich nimmt ihr Angebot weniger arrogant an, als sein Verhalten bis dato widergespiegelt hatte. Perry fliegt mit den drei Paddlern und einer Spacedisk zum Treffpunkt, wo zeitgleich auch Roi und Jingadesh eintreffen. Innerhalb der Zwotterei befindet sich eine Wandelhalle, die sich als Steuerraum für den Sonnentransmitter entpuppt. Die Wiederinbetriebnahme des Sonnentransmitters scheitert beim ersten Versuch. Perry ruft sich in Erinnerung, dass Carembroich ihnen zum Abschied beide Taschen hinterlassen hat und eine davon unbedingt noch benötigt werden wird. Der Hüter der Parusie wurde von ebenjenem Carembroich bestohlen und möchte sein Eigentum unbedingt zurück. In der Tasche befindet sich ein schwarzes Gel, dass sich zu einem Aststück verformt und exakt in eine Vorrichtung der Apparatur passt. Ein ausgelassener Jubelsturm bricht unter den Einheimischen aus, als die Maschinerie anläuft. Zum Dank darf die MAGELLAN den instandgesetzten Transmitter einmalig nutzen. Roi Danton nimmt das Jobangebot vom sterbenden Jingadesh an und wird der neue Hüter der Parusie.

Meinung

Schaurig schönes Titelbild in meiner LIeblingsfarbpalette. Lila, blau und schwarz dominieren das Aufeinandertreffen vom Vario-Vincraner Danton und Altzwotter und Parusiehüter Jingadesh. Inmitten einer farbenprächtigen und herrlich detailliert dargestellten Umgebung mit einem Kristallbonzaibaum, welche die Fremdartigkeit des Zwottertracht-Planeten gelungen herausstreicht. Hier stimmt fast alles. Eventuell hätte ich mir noch gerne die Visualisierung einer Psychode gewünscht und eine genauere Umsetzung der amphitheaterähnlichen Dimensionen innerhalb der Höhle. Aber ich will keinesfalls klagen. Das Cover erhebt sich auf meinen persönlichen Geschmacksthron der bisherigen Staffel. Die Latte lag somit hoch für Olaf Brill, mit Inhalt und seinem eigens inthronisierten König Roi Danton nachzuziehen.

Der Einstieg in den Roman gelang mir mühelos, da Olaf Brill bereits ab Seite 1 mit einem bildstarken Weltenbau startete. Ich fühlte mich wie in den Avatar-Filmen, berauscht von einer ebenso farbenfrohen, wie auch fremdartigen Welt. Zuletzt hatte der Autor mit seiner Funghi-Version eines Abenteuerromans bereits bei mir punkten können. Hier ging es genau so exotisch los. Von der rüden Behandlung durch die Zwotter, bis zum herrlich lässigen Gespräch zwischen Atlan und Roi Danton, vergingen gefühlt nur zwei Minuten. Zwei Tage sollen derweil vergehen, bis die Maske für den Vario 500 fertiggestellt sein würde. Woher wollte Atlan wissen, dass nicht innerhalb kürzerer Zeit eine Landeerlaubnis oder -je nachdem natürlich auch- eine Systemverbannung ausgesprochen werden würde. Die angepeilten Zeiträume in Atlans Überlegungen überzeugten mich nicht.

Umso mehr imponierte mir dagegen der atmosphärisch wahnsinnig dichte Weltenbau, den Olaf brillant in Worte kleidete. Einem Leser das Gefühl zu geben, stets mitten im Geschehen zu sein, ist eine beneidenswerte Gabe. Insofern waren die Reisen des Danton für mich Wohlfühlkino par excellence. Oui oui Monsieur, sowas würde ich bei NEO gerne öfter lesen. Planetenausflüge mit bildstarken Schilderungen, das ist um Längen besser als ein Quantenflug ins Nebentäschchen der Galaxis. Nach knapp der Hälfte des Romans teilte sich die Hauptgeschichte in zwei Erzählstränge auf und es gab erstmals ein paar Antworten über die titelgebenden Zwotter und deren Gebräuche. Mittel zum Zweck ist die Vincranerin Ziggizza, die der Leserschaft unter anderem offenbart, dass Vincraner in Unterstadt leben, toten Zwottern ihr Psychod abnehmen und es dorthin mit nehmen und dass sowohl Kosmische Basare, als auch die Liduuri zu den Bekanntschaften der erst kürzlich wieder erweckten Einheimischen gehören. Die Fragenexplosion in meinem Kopf hat mit Sicherheit einige Spessartspechte erschrocken in ihrer Arbeit innehalten lassen. Das erzählerisch etwas unlogisch daher kommende, treudoofe Frage-Antwort-Spielchen, ohne dabei allzu großes Misstrauen bei der Dame zu erregen, entschärft der Autor mit einem simplen Zitat einer zwotter’schen Gottheit. Wer kann der kann.

Weiter erfahren wir, dass sich die Zwotter um den Sonnentransmitter kümmern, geselligem Beisammensein nichts abgewinnen können, dürfen oder wollen. Und nicht zuletzt, dass der Vario 500 noch seinen Mann stehen kann. O là là. Kein Autor wäre prädestinierter dafür gewesen, die Einzelmission des umtriebigen Franzosen zu erzählen. NEO 282 ist mir immer noch in guter Erinnerung und Olaf Brill zitiert auch mehrfach daraus. Habe ich schon den wunderbaren Weltenbau erwähnt?! Die offenen Fragen nach Erweckung des Volkes und der Parusie als Chill-Out-Variante gegen Eidolon ließ früh den Schluß zu, dass die Gesellschaft der Zwotter und Vincraner von den Hamamesch komplett auf links gedreht wurde. Die Parusie als Geschenk? In der Erstauflage würde ich vom Übertragen der ÜBSEF-Konstante Verstorbener in einen unermesslich großen Speicher sprechen. Mit dem Ziel, eine negative Superintelligenz alias HAMAMESCH entstehen zu lassen.

Ein heftiges Uff entfleuchte mir, als Roi Zeuge der Rückverwandlung eines Zwotters wurde. Vincraner werden zu Zwottern und verwandeln sich im Idealfall wieder zurück, sobald ihre Lebensaufgabe, in Form von Sonnentransmitterdiensten jeglicher Couleur, erfüllt ist. Wem die Rückverwandlung zu Lebzeiten nicht gelingt, den besuchen die Psychodsammlerinnen. Die Hamamesch hatten also mit ihrer Ankunft über Zwottertracht dafür gesorgt, dass die Bevölkerung aus ihrer Traumwelt gerissen wurde, was ein nicht geringer Teil psychisch nicht verkraftet hatte. Der kosmische Aspekt kommt auch nicht zu kurz. Die Liduuri sind den Zwottertrachtern wohlbekannt und wohl der Grund für ihre Entschlafung gewesen. Ein weiteres heftiges Uff gabs ganz am Ende in doppelter Ausführung, als sowohl die Taschen von Carembroich endlich ihrer Verwendung zugeführt wurden und Roi Danton sich von seinen Freunden verabschiedete, da er als Hüter der Parusie seine Erfüllung findet. Da hat ihm die Dame wohl nachdrücklich den Kopf verdreht. Emotionaler Schlusspunkt. So und nicht anders möchte ich Figuren aus der Geschichte geschrieben haben. Toll.

Zitat des Romans

Nur im Garten der Parusie bin ich glücklich!

Er sah aus, wie der unglücklichste Mensch, den Danton jemals kennengelernt hatte

Fazit und Wertung

Weltenbau von einem anderen Stern. Die Geschichte entwickelte dadurch einen solch heftigen Sog, dass mir Olaf Brill storytechnisch das Telefonbuch hätte schreiben können. Es wäre mir egal gewesen. Gefühlt saß ich mit VR-Brille auf der Couch und erlebte die Erzählung hautnah mit. Aus dem Schwärmen kam ich noch Tage später nicht heraus. Zudem gab es einige sehr interessante Details zu den Hamamesch und ihrem zwielichtigen Spiel. Die stark inszenierte, fremdartige Kultur der Zwotter/Vincraner, faszinierte mich sehr. Roi durfte mal wieder auf Singlemission und Königmacher Olaf setzt sich dafür die Staffelkrone auf. Auch deshalb, weil er den Franzosen absolut liebenswert, hochemotional und gleichermaßen nachvollziehbar aus der Geschichte geschrieben hat. Passt einfach zu Roi, dass er der Liebe wegen den Kopf aufbehält und Wurzeln schlägt. Die finale Verwendung von Carembroichs Reisetaschen rundet eine insgesamt sehr schöne Wohlfühlreise auf den Planeten Zwottertracht gelungen ab. Während die Romane der Expokraten unterschiedlich gut bei mir punkten konnten, duellieren sich Ruben Wickenhäuser und Olaf Brill derweil in einer anderen Liga. Fünf von fünf leuchtend blaue Quappenmücken gehen hochverdient an Monsieur Brill, der nach Rainer Schorms herausragend gutem Staffelfinale zu Catron das nächste große Highlight im NEOversum abgeliefert hat.

Review: Perry Rhodan NEO 353 – Das Zwottertracht-Paradoxon
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