Mein Fazit zur Kartanin-Miniserie: durchwachsen. Sie kämpfte mit harter Konkurrenz – die Erstauflage gefällt mir gerade sehr gut – und behandelte ein Thema, die Kartanin und Dao-Lin-H´ay, das eines meiner Lieblingsthemen ist. Damit bestand eine Erwartungshaltung, die zu erfüllen nahezu unmöglich war. Gleichzeitig habe ich mich bei noch keiner Miniserie so schwer getan, mir eine Meinung über sie zu bilden. Finde ich sie jetzt gut oder schlecht? Die folgenden Ausführungen sind daher im wesentlichen auch keine Rezension der Serie, sondern sie sollen mir dabei helfen, meine Gedanken zu sortieren und mir selbst Klarheit darüber zu verschaffen, was ich von den zwölf Katzenheften halte.

Wenn ich mir das Grundkonzept des Zyklus anschaue, dann habe ich den Eindruck, es mit einer Rahmenhandlung zu tun zu haben, die als Träger für eine Vielzahl von Geschichten oder Nebenhandlungen diente. Das erinnert an Klassiker der Literatur wie die Canterbury-Tales, wo innerhalb einer recht rudimentären Rahmenhandlung viele einzelne Geschichten erzählt werden (gibt bestimmt viel passendere Beispiele aus der SF, nur fallen die mir gerade nicht ein). Solche Nebengeschichten gab es in der PR-Serie zwar schon immer, aber hier habe ich das Gefühl, dass sie die Miniserie mehr bestimmten als es die Haupthandlung tat.

Einige der Nebengeschichten haben mir gut gefallen, andere nicht so sehr.

  • Am besten gefallen hat mir die Lebensgeschichte Stayns in Heft 2.
  • Gefallen hat mir das Ende von Miro Teik in Heft 10.
  • Nummer drei war für mich der Werdegang der Saboteurin in Heft 4. Eigentlich mag ich solche „Coming of Age“-artigen Geschichten überhaupt nicht, aber diese funktionierte für mich überraschenderweise. Hat vielleicht mit dem Schreibstil der Autorin zu tun.
  • Weniger gut gefallen (ohne jetzt noch eine Reihenfolge angeben zu wollen) hat mir die Geschichte Kantirans in Heft 11. Ich fand, es hätte Kantirans Geschichte sein sollen, aber er kam neben Sahira zu wenig zur Geltung. Hier wäre es womöglich besser gewesen, sich auf eine Person zu fokussieren, eben auf Kantiran.

Ebenfalls „schlechter“ als die Top 3 waren für mich Daos Geschichten über ihre Flucht aus dem Reich der Ruhe (Heft 3) und um die Besiedlung Ingastaars (Heft 5), sowie die Geschichten um die Eroberung von Sugurc (Heft 9), um die Vergangenheit der Dominanz (Heft 12) und die um den künstlichen Planeten in Heft 7. Was es mit letzterem auf sich hat, wird vermutlich nicht so bald aufgeklärt werden, aber manche Rätsel kann man auch offen lassen und irgendwann später oder auch nie mehr wieder aufgreifen. Nur überhandnehmen sollte so etwas nicht. Darunter litt vor dem Expokratenwechsel die Hauptserie.

Aber nicht die Nebenhandlungen führten zu dem Gesamturteil „durchwachsen“, sondern ich hadere mit der Haupthandlung. Sie hat mich nicht wirklich
mitgenommen. Dabei gibt es sehr gute Elemente, die sie mit den Nebengeschichten vernetzte. Z.B. das Daos Mitarbeiter, der sie zur Flucht in die Milchstraße überredete, die Dominanz der Vatani war. Oder das die Verräterin aus Heft 1 die „Heldin“ der Geschichte von Heft 4 war und so nachträglich klar wurde, wie es zu dem Verrat kam. Aber die Zyklusentwicklung dümpelte neben den Nebengeschichten daher, wurde bisweilen sogar erst auf den letzten Seiten eines Heftes vorangetrieben.

Darüber hinaus haperte es für mich bei der Gesamtauflösung. Mir wurde nicht klar, warum Carfesch die Vorgehensweise wählte, extra ein Reich in Ursa Minor als Falle
für die Streitkräfte der fremden SI zu erschaffen – und warum diese dann tatsächlich auch noch nach Ursa Minor kamen. Um einen Brückenkopf zu errichten hätten sich eine Vielzahl von kleineren Galaxien angeboten. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass es gerade Ursa Minor wurde, wo Carfesch seine Falle aufgestellt hatte – oder hatte er etwas ähnliches in jeder Kleingalaxis im Umfeld der Milchstraße getan? Schlussendlich wurden die Vatani am Ende auch noch nahezu mühelos aus Ursa Minor vertrieben. Im letzten Heft zerfaserte die Handlung dann und statt eines „großen Finales“ bekommen wir zwei „kleine Enden“ in verschiedenen Galaxien. Wirkte auf mich wenig abgerundet.

Dann hätte ich natürlich gerne noch mehr von Dao-Lin H’ay in der Handlung gehabt. Überhaupt die verschiedenen Hauptpersonen. Neben Rhodan, Dao und Suyemi Taeb noch Kantiran, Stayn und Teik. Es war vielleicht eine oder zwei zu viel. Zwar sahen wir nicht mehr Hauptpersonen als im vorangehenden Androiden-Zyklus, aber die Hauptpersonen bei Kartanin waren kaum miteinander verknüpft.
Jede hatte ihre eigene Geschichte, die erzählt werden musste – und jede Geschichte hätte mehr Raum verdient, als ihr dann zur Verfügung stand. In der Androiden-Serie waren die Geschichten der vier Forscher vom Explorerschiff stärker miteinander verknüpft. Erzählte man die Geschichte eines der vier weiter, dann erzählte man auch irgendwie die Geschichte der anderen drei weiter. Da waren zwei der Forscher ein Paar oder versuchten zumindest, es zu werden oder zu bleiben. Da hatte zwei Forscher eine kriminelle Vergangenheit. Da war der Bösewicht der Serie ein Verwandter einer der Forscherinnen. Da spielte noch die Schwester einer anderen Forscherin eine Rolle. Auf diese Weise hatte man am Ende ein dicht geknüpftes Netz von Beziehungen zwischen den Personen.
Das war bei Kartanin nicht der Fall. Hier war jede Person von den anderen nahezu unabhängig. Stayn und Teik hatten keine Berührungspunkte vor der Zyklushandlung, ebenso wenig wie Stayn und Kantiran, Teik und Kantiran usw. Nur Dao und Kantiran hatten eine gemeinsame Vorgeschichte. Suyemi Taeb und ihr Handlungsstrang liefen dagegen komplett parallel und man hatte den Eindruck, er war nur da, weil Suyemi in der Serie sein sollte.

Und dann Stayn. Sie war meiner Ansicht nach die am leichtesten verzichtbare Person in der Miniserie. Man hätte die Handlung auch problemlos ohne sie erzählen können. Auf der anderen Seite wurde mit Stayn – absichtlich oder aufgrund des Serendipitätsprinzips – eine wirklich gelungene Figur mit großem Potential geschaffen. Für mich war diese Figur daher gleichzeitig überflüssig und einer der Höhepunkt der Miniserie. Die Kombination aus einer biologisch jungen Frau mit einem Lebensalter von mehreren tausend Jahren bietet in sich einen gewissen Wiederspruch. Wie reagiert die Umwelt auf so eine Person und wie geht diese mit der Umwelt und deren zu erwartenden Reaktionen um. Heft 2 hat diese Thematik behandelt. Dazu diese Kombination aus dem Bemühen, das Leben von Menschen zu verbessern, und zweifelhaften, geradezu rücksichtslosen Methoden, mit denen dieses Ziel angestrebt wurde. So habe ich mir füher einen Meister der Insel zu Beginn seiner Karriere vorgestellt als er oder sie sich auf den Weg begaben, eine Galaxis zu beherrschen (schon Clark Darlton hatte Proht Meyhet sehr ambivalent geschildert). Dies alles machte für mich Heft 2 zum besten Heft der Serie und deshalb betrachte ich Stayn als ausbaufähig. Sie hat es verdient, in weiteren Miniserien oder sogar in der Hauptserie zur Geltung zu kommen. Aber angesichts des Überangebots an weiblichen Unsterblichen wird das wohl nichts, da müssen einfach aus Quotengründen die wenigen männliche Helden stärker in den Vordergrund gerückt werden. (Hinweis: in diesem Absatz versteckt sich ein Hauch von Ironie, ich verrate aber nicht an welche Stelle).

Ich weiß nicht, ob es eine Fortsetzung dieser Miniserie geben wird, so wie sie es bei Mission SOL und Atlantis gab. Doch obwohl mir Kartanin nicht so gut gefiel wie
die genannten Beispiele, wäre ich dem nicht abgeneigt. Genug offene Enden zum Anknüpfen sind vorhanden. Das Stayn eines dieser offenen Enden ist – wir wissen weder von ihrem weiteren Verbleib noch kennen wir ihre ganze Vergangenheit – gibt Hoffnung, noch mal was von ihr zu hören.

Nachdem ich all das aufgelistet habe, bin ich mir über die Serie tatsächlich etwas klarer.
Mein Fazit: eine durchwachsene Miniserie mit (stark) verbesserungsfähiger Haupthandlung und einer Vielzahl von meist guten Nebengeschichten. Ich bin nicht begeistert, wurde aber dann doch ganz gut unterhalten.

Gastbeitrag: Ein Rückblick auf Perry Rhodan KARTANIN
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