Handlung

Die MAGELLAN verstofflicht nach einigen Schwierigkeiten in der Leere zwischen Sonnentransmitter und Zielsystem. Die zwei Kosmischen Kontore PHARIS und CHRONA treiben zerstört im All und werden zeitgleich von zwei Teams aufgesucht. Thora ermittelt an Bord der PHARIS ein Notsignal mit SOL-Kennung und sie finden einen toten Schneckenkörper. Das Signal führt sie zu einem überraschenden Fund, nach schwerer Gegenwehr. Das überlebende Trio der SOL-Korvette TIME BREAKER schildert Thora, Gucky, John Marshall und Umbrakinetin Aveline Celestaris schließlich ihre Erlebnisse, nachdem sie auf ihrer zehntausend Jahre langen Rückreise in der Zeit überraschend vom Kelosker Omnark auf seiner THYRELIORA abgefangen wurden. Die elfdimensional denkenden Genies studieren die Crew der TIMEBREAKER intensiv, was bei der Besatzung Gedächtnisnarben und Foltersymptome hervorruft. Aus unbekannten Gründen landete eines Tages der Blütenraumer auf dem Kontor PHARIS, wo die Terraner ungehindert entkommen können. Da sie sich in einer weiteren Testreihe der Kelosker wähnten, kam der Angriff auf die Entourage um Thora zu Stande. Alle Versuche, Perry Rhodan und seine Gruppe auf der CHRONA zu erreichen, schlagen derweil fehl. Thora vermutet die Unterbrechung der Kommunikation bei den Keloskern, woraufhin sie einen Vorstoß zur THYRELIORA wagen. Dort werden sie angegriffen und Gucky wird schwer verwundet, woraufhin Aveline ihren dunklen Begleiter entfesselt. Dank der unermüdlichen Anfeuerungen von Gucky in der jüngeren Vergangenheit, hatte sie mittlerweile das nötige Selbstbewusstsein ausgebildet, um Eidolon zu kontrollieren und die Roboterangreifer zu zerstören. Omnark erscheint und heilt Gucky, dessen Anwesenheit aufgrund seiner Berechnungen weiterhin notwendig erscheint. Ebenso notwendig erschien die Auslöschung der Hamamesch in der Leere, da die Koheränz laut Omnark gefährdet worden wäre. Die drei Meuterer waren während der jahrtausende langen Reise in ihren Kryotanks gestorben und wurden von Omnark als Bio-Avatare erstellt, wie er abschließend zugibt. Mit diesem Schock konfrontiert, verliert das Trio die Beherrschung und zerstört das Labor mit ihren mumifizierten Originalen, woraufhin sie ihr Todesurteil besiegeln. Ohne ihre Anker sterben Luisa Knoche, Gus Barnard und Rog Fanther ein zweites Mal und endgültig.

Meinung

Von einem Kelosker begrüßt zu werden, passiert auch nicht alle Tage. Und dann auch noch von einem so wunderbar detailliert gezeichneten Exemplar, welches die Leserschaft vom dieswöchigen Titelbild anstiert. Dennoch gibt es gewaltig Punktabzug, denn der Kelosker ist zwar optisch beeindruckend gelungen. Aber halt leider nicht vorgabengetreu, gemäß Seite 90 und 91 in der Printausgabe. „Sein Körper ruhte auf vier dicken Säulenbeinen“- Nö, eindeutig sind das nur zwei Stück. „Knochenlose Tentakel enden in zweigeteilten Greiflappen“- Nö, das sind einfach Tentakel ohne alles. Der Rest der Beschreibung wurde wiederum gut getroffen. Damit reicht es für eine neutrale Wertung. Nachdem die letzten beiden Romane so gut bei mir landen konnten, erhoffte ich mir eine nahtlose Anknüpfung von den Erben der Leere.

Autor Rüdiger Schäfer fing die bedrückende Atmosphäre der Ewigen Leere hervorragend ein und transportierte sie mit einem schaurigen Wohlgefühl an die Leserschaft weiter. Die fast intime Szene, zwischen Sud und Perry innerhalb der Medoabteilung, ließ mich heftig schlucken und unterstreicht einmal mehr das herausragende Figurenspiel in NEO. Erstes großes Uff war für mich dann ganz klar der SOL-Hammer! Der Autor erinnert sich an die Ausschleusung von Widerständlern aus einer Korvette im NEO 269 Retter unter falscher Flagge. Danke an dieser Stelle an meine stets aufmerksame Podcastpartnerin Bianca, die mir die richtigen Quellenangaben geschickt hat, bevor es peinlich werden konnte. Luisa Knoche, Rog Fanther und Gus Barnard waren die einzigen Überlebenden des langen Kryoaufenthaltes, da im Laufe der Jahrtausende die Technik versagt hatte. Die beiden Männer waren übrigens ehemalige Besatzungsmitglieder der GOOD HOPE, die in der Erstauflage ebenfalls auf Dilatationsflug gegangen war. Das Trio überzeugte mit seiner Alltagstauglichkeit im Hinblick auf ihre jederzeit nachvollziehbare Handlungsweise. Lebendiger kriegt man eine Korvette nicht voll, als mit diesen einzigartigen Einwegcharakteren.

Weiter ging es mit feinstem Guckyhumor, der es mir diese Woche schwer machte, mich auf einen Sieger im Zitatewettstreit festzulegen. Aber nicht nur der Mausbiber überzeugte. Jeglicher Dialog geriet entweder zum sarkastisch-lustigen Schlagabtausch oder war einfach nur enorm unterhaltsam. Eine Frage stand immer im Raum: Wer sind diese Kelosker und was haben sie mit den Hamamesch zu schaffen? Und damit wurde ein Spannungsbogen kreiert, der es mir nicht einfach machte, das Taschenheft aus der Hand zu legen. Aus diesem Grund war mir der Erlebnisbericht von Luisa Knoche ein inneres Lesefest. Nicht allein wegen dem nicht unwesentlichen Anteil an Sense of Wonder, der sich durch die Hallen der Leere zog und nie wirklich langweilig wurde. Sondern auch, weil Rüdiger Schäfer mit Worten sehr gut veranschaulichen kann. In der „Kalenderspruchhalle“ (Die Leere atmet dich ein, doch du atmest sie nicht aus — Du bist eine Möglichkeit, die sich selbst verleugnet) klappte Luisa und mir zeitgleich der Kiefer nach unten und ich gönnte mir erst einmal einen Glückskeks. Das Glas ist schließlich immer halb voll, auch in der Leere.

Die sich nun entwickelnde, esoterisch übersinnliche Erzählebene, sagte mir weniger zu. Damit bin ich auch schon beim Hauptkritikpunkt des Romans und einem der wenigen, negativen Aspekte des Heftes. Einmal mehr gilt, dass es einem Teil der Leserschaft auch gefallen mag, wenn die Bewusstseinsebene berührt wird. Nur mir halt nicht mehr, weil dieser Part in den letzten Jahren erschöpfend in NEO behandelt wurde. Die endlosen Tage an Bord er der THYRELIORA hätten damit gerne ein paar Seiten kürzer ausfallen dürfen. Hervorragend geschildert hat der Autor indes den psychischen Verfall des Trios, der mir unter die Haut ging. Die so entstandenen Gedächtnisnarben rangen mir ein weiteres Uff ab. Mitunter auch, weil die Handlungsfäden, vom Spinnenmeister persönlich, am Ende gewohnt perfekt miteinander verwoben wurden. Die drei Meuterer landeten mit der THYRELIORA an Bord des Kontors PHARIS, wo sie auf Thora und ihre Gruppe stießen und aufgrund der Vermutung, sich in einer weiteren psychologischen Simulation der Kelosker zu befinden, unvermittelt angriffen.

Was wäre Aveline Celestaris ohne Gucky? Umbrakinet ist übrigens eine sehr treffende Bezeichnung ihrer Fähigkeiten. Starke Wortneubildung Herr Expokrat! Und wenn ich gerade von Stärke spreche. Was bitte ist in Aveline gefahren?! Die Frau strotzt vor Selbstbewusstsein durch ihren Sidekick Gucky, der nun seinerseits Hilfe brauchte, weil er schwer verwundet wurde. Durch einen Tropfenraumer der Kelosker. Aveline Celestaris legt ihrem Dämon die Leine an und ich musste herzhaft schlucken und mit den Emotionen kämpfen. Kapitel 27 war mein persönliches Romanhighlight. Der Wahnsinn. Uff im Quadrat.

Die wandelnde Wikipedia Omnark zu füttern, hat dem Autor wahrscheinlich einiges an Mühen abverlangt. Die gestelzte Sprache der Kelosker las sich so anstrengend wie ein Marathonlauf. Aber, sind wir ehrlich, das unterscheidet die Außerirdischen zumindest grundlegend von einem Terraner und erfüllt eine der Wünsche, die von der Leserschaft häufiger geäußert werden. Obwohl… ein wenig hörte sich Omnark schon wie ein Finanzbeamter an. Wenn man ganz ehrlich ist, unterschied sich das Gesagte lediglich auf Qualitätsebene. Dazu passt die Umschreibung von Rüdiger Schäfer: „Die geschraubt und lebensfern wirkende Sprache des Keloskers war anstrengend“. Sag ich doch. Wie beim Behördengang.

Bio-Avatare! Tripple-Uff. Ich bin fertig für heute. Puls schlagartig erhöht. Blutdruck ganz oben. Was will man mehr als Leser!?! Damit wird die -selbst für Rhodan’sche Verhältnisse- technische Unmöglichkeit der jahrtausende langen Reise in Kryotanks nachvollziehbar erklärt. Was für ein Geniestreich war das bitte?! Niemals wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass das äußerst lebendig auftretende Trio als Bio-Avatare wiedererweckt worden wäre. Meine Güte, diese Information schlug ein wie ein Komet. Auch das damit verbundene, große Drama. Somit war der perfekte Schlusspunkt unter einen fast perfekten Roman gesetzt.

Zitat des Romans

Meine Güte! Hier geht´s ja strenger zu, als bei den Null-Toleranz-Druiden von Kaultra XII.

Gucky war nicht nur in diesem Fall dialogtechnisch auf Höchstniveau

Fazit und Wertung

Rüdiger Schäfer überzeugt mit einem Trio aus Bio-Avatar-Einwegcharakteren, die eine spannende Geschichte zu erzählen hatten. Sehr unterhaltsame Dialoge, gewürzt mit herzlichem bis sarkastischem Humor. Dazu eine kleine Portion unterschwelliger Horror und reichlich emotionaler Tiefgang. Alle angesprochenen Punkte bewegten sich konsequent auf Höchstlevel. Perry wirkte nur am Rande des Romangeschehens mit, dafür war sein Impact als Zeitträger auf den Kelosker Omnark umso beeindruckender. Während die esoterisch übersinnliche Romanebene mir nicht gefiel, überzeugte der Autor mit seinem extrem starken Figurentelling an nahezu allen Ecken und Enden. Hervorzuheben wären wieder einmal Gucky und Aveline Celestaris, die in ihrem intensiven Zusammenspiel eine starke emotionale Bindung zu mir aufbauen konnten und mittlerweile zu meinem Lieblingsduo geworden sind. Noch vor dem Ehepaar Rhodan, das bisher die Nase vorn hatte im Vergleich. Die Reaktion der Umbrakinetin auf Guckys Verwundung traf mich in Mark und Bein und ließ mir mein zweites, heftiges Uff, entfleuchen. Lediglich John Marshall kam meiner Meinung nach im Reigen der Superstars viel zu kurz und wirkte zwischenzeitlich vergessen. Wenn jemand Größenverhältnisse mit Worten perfekt umschreiben kann, dann Rüdiger Schäfer. Das Bio-Avatar-Finale haute mich endgültig aus den Socken und entlockte mir mein drittes Uff. Drei heftige Uff-Momente reichen völlig aus, dass ich hiermit fünf von fünf wohlriechende Blütenblätter auf der Leverkusener Stadiontoilette hinterlege. Da es für die Meisterschaft wohl diesmal nicht reichen wird, soll wenigstens der Toilettengang zum Geruchserlebnis werden.

Review: Perry Rhodan NEO 354 – Erben der Leere
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2 Gedanken zu „Review: Perry Rhodan NEO 354 – Erben der Leere

  • 25. April 2025 um 07:05 Uhr
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    Danke für die schöne und wie immer pointiert geschriebene Rezension. Anmerken möchte ich lediglich ein paar Worte zum Thema Esoterik/Übersinnliches:
    Mit solcherlei „unwissenschaftlichen“ Elementen tue ich mich traditionell schwer – wahrscheinlich liegt’s an meiner mentalen Allergie gegen feinstoffliche Schwingungen. Aber hey, nicht jeder muss mit Klangschalen harmonieren, um gute Literatur zu genießen – oder zu verfassen.
    Das Übersinnliche gehört für viele Leserinnen und Leser zum literarischen Zauber dazu (ich habe Harry Potter mit großem Vergnügen gelesen) – für mich bleibt es eher ein Nebel, durch den ich nicht so gern stapfe – vor allem nicht, wenn es um Science Fiction geht.
    Insofern folge ich Deiner Interpretation, lieber Andreas, auch nicht unwidersprochen. Mein Ziel war es, die Kelosker als elfdimensional denkende Wesen mal so richtig „anders“ darzustellen (wie Du richtig erkannt hast, auch wegen des Wunsches zahlreicher Leser). Insofern kann es sein, dass Du als „Vierdimensionaler“ Omnarks Äußerungen lediglich als Esoterik „empfindest“. Dabei handelt es sich streng genommen aber nur um Perspektivverschiebungen jenseits Deines menschlichen Erfahrungshorizonts.
    Was für uns nach Räucherstäbchen klingt, ist für einen Kelosker vielleicht nur der Versuch, sich präzise auszudrücken. Oder, wie Omnark vermutlich sagen würde: „Worte sind nur die Schatten dessen, was sich im elften Kontinuum als Gedankensymmetrie manifestiert.“
    Will heißen: Ich danke Dir für Deine differenzierte Lesart – und freue mich, dass das emotionale Rückgrat des Romans bei Dir so durchgeschlagen hat. Drei Uff-Momente sind ein Ritterschlag – auch ohne Klangschale! 🙂

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    • 26. April 2025 um 15:28 Uhr
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      Mindestens genau so gerne, wie ich meine Rezensionen über NEO schreibe, lese ich deine Antworten lieber Rüdiger. Ob kritisch (wie diesmal) oder aufklärend (wie häufig) ist es mir immer ein inneres Blumen pflücken.
      Und ganz richtig. Ich als Vierdimensionaler sehe da tatsächlich die Welt etwas anders, wie sie dem tendenziell höher denkenden Wesen vor Augen -oder eher die Sinne- geführt wird. Bianca ist in diesem Sinne wohl mehr Kelosker, als ich es jemals sein werde.
      Wie dem auch sei, NEO macht mir aktuell sehr große Freude. Nach deinem Auftaktroman hat die Staffel meinen persönlichen Lesegeschmack schwer getroffen. Ich freue mich riesig auf Garching und hoffe, dich da gesund und diskussionsfreudig anzutreffen 😉 Auch wenn wir keine Pokale überreichen, so zumindest lobende Worte. Und die habe ich, nach kurzem NEO-Tief, zur Zeit wieder häufiger im Gepäck. Auf viele weitere Staffeln NEO unter dir als Solo-Expokrat (?).

      LG Andy

      Antwort

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