Handlung

Die MAGELLAN muss nach Ankunft in M33 erst einmal einen Reparaturstopp erdulden, da die Granulation im Ankunftsgebiet dem Schiff schwere Schäden zufügt. Mit einer Space Disk erkunden Perry Rhodan, seine Frau Thora, Reginald Bull und Ras Tschubai, den nächstgelegenen Stern Tekhet und seinen einzigen bewohnbaren Planeten Tynar. Dort waren die Hamamesch einst ebenfalls aufgetaucht und unvermittelt wieder abgezogen, was die technisch von ihnen abhängige Welt in eine tiefe Krise stürzte, die bis heute anhält. Vor Ort werden die Terraner mit offenen Armen empfangen, da sie die weniger technikaffinen Planetarier bei Instandhaltungsarbeiten unterstützen können. Dabei werden sie von der Reinen Hand angegriffen, die Gegner jeglicher Technologie der Hamamesch sind. Um ihre schwer bewachte Space Disk wieder in Beschlag nehmen zu können, wendet sich die Gruppe an die Lichtwahrer, die einzig liberale Fraktion auf Tynar. Tekhetische Kinder vermittelten ihnen diesen Kontakt. Da ihre Lehrerin aufgrund Wissensweitergabe gefangen genommen wurde, befreien Ras und Perry sie aus dem Gefängnis, wodurch sie Kontakt zu einem Politiker erhalten. Um ihre Fürsprecherin Enya Vhonn aus einer militärischen Gefahrenzone evakuieren zu können, wird ihnen die Space Disk zugängig gemacht, Reg bleibt als Pfand zurück.

Mit dem Versprechen an die Fulmenische Armee, ihnen Hilfen im Umgang mit Hamamesch-Technik zu lehren, wird die zwischenzeitlich festgehaltene Enya Vhonn freigelassen. Währenddessen hat die Reine Hand über einen Verräter Kenntnis über Zugangscodes zu den empfindlichen Energienetz von Lumaron erlangt und es droht eine Katastrophe. Ausgerechnet Ragmir, der Assistent von Enya, spielt ein doppeltes Spiel und erhöht den Energieverbrauch der Stadt in nicht mehr zu bewältigende Höhen. Um seine Ideologie durchzusetzen, will Ragmir die Errungenschaften der Hamamesch mit Bomben zerstören. Der terranische Besuchertrupp teilt sich auf und kann alle Zünder entfernen. Perry und Thora gelingt es, den Attentäter zu stellen, woraufhin dieser ein dutzend Sprengkörper fallen lässt und stiften geht. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit für Enya und Ras, die sich dem Problem annehmen. Ein weiterer Bombenspezialist hilft beim entschärfen der vermeintlich letzten Bombe, die aber eine spezielle Bauweise enthält und Ras zu einem Rettungssprung über die Stadt zwingt. Dort verpufft die Explosion wirkungslos und ein übersehener Zündsatz am Stadtrandgebiet schadet nur marginal. Der völlig entkräftete Mutant sinkt in die Arme seiner geliebten Enya. Dem Frieden auf Tynar steht nichts mehr im Wege, da der Schock des Terroranschlages die Parteien vereint. Perry hinterlässt der Bevölkerung wichtige Hilfen für den Aufbau einer friedlichen Kultur. Mit ihrer zurückerhaltenen Space Disk können die Raumfahrer zur MAGELLAN zurück fliegen, wo ein Alarm die Ankunft von Hamamesch-Raumern ankündigt.

Meinung

Farbenfroh ist es ja geraten, das Cover. Eine futuristische Stadt von oben, so wie man sich das Leben in der fernen Zukunft vorstellen könnte. Zunichte macht die hübsche Optik allerdings ein langweiliger generischer Gleiter, der mitten durchs Bild huscht. In Summe ist das Titelbild ein Exemplar der langweiligeren Sorte, das ausschaut, als wäre die Künstliche Intelligenz schwer bemüht worden. Mein Daumen blieb daher erst mal auf neutral.

Zuallererst möchte ich natürlich NEO-Rückkehrer Antares Bottlinger (Debut mit NEO 65) ganz herzlich im NEOversum zurück begrüßen. Da ich unregelmäßig nebenher noch Dorian Hunter und Das Haus Zamis lese, ist mir sein schriftstellerisches Wirken nicht ganz unbekannt. Dennoch war ich vom Schreibstil schon etwas überrascht, denn der passt in keine der bekannten Sparten. Warum? Zu diesem frühen Lesezeitpunkt fehlten mir noch die richtigen Worte, um den Erklärungsversuch wagen zu können. Schnell wurde klar, dass die Hamamesch auf Tynar einen Scherbenhaufen zurückgelassen haben, als sie unversehens verschwunden sind. Ein Sektenguru wurde ins Feld geführt, dessen Radiointerview die NEO-Leserschaft über die Folgen der Gut&Günstig-Invasion der großzügigen Schnecken aufklärte. Der Roman hätte vom Kontext her direkt an den Auftakt von Rüdiger Schäfer anknüpfen können, ohne dass ein Fehlen der Folgebände großartig aufgefallen wäre. Zumindest gab es mal ein paar schnelle Antworten zu den fatalen Konsequenzen eines Hamamesch-Abzuges. Ähnelt entgegengesetzt der Aphilie, die auf andere Art und Weise Einfluss auf die Bewohner der Milchstraße nahm und dennoch ein tief traumatisiertes Terra hinterließ. Das Oberhaupt der in den Hintern getretenen Terraner, Reginald Bull, wirds wohl in seine lange Liste der Rückschläge aufnehmen. Würde Reg heute nochmal so entscheiden, wie damals auf dem Mond? Wenn er in die Glaskugel schauen hätte können, was ihm in den nächsten Jahrhunderten so alles widerfahren sollte?

Erstes Gefecht. Erstes Fragezeichen. Jeder der Beteiligten kennt die Schallwaffe sehr gut und weiß sie einzusetzen. Aber erst die Expertin für energetische Harmonik (herrlich) kommt auf die Idee, dies auch zu tun. Puh. Kein gutes Storytelling. Die komplette Mannschaft rund um Enya Vhonn wird zu Dumpfbacken degradiert. Auch im Laufe der nächsten Seiten kristallisierte sich für mich eine Art Mansplaining-Erzählweise heraus. Der Leser wurde über weite Strecken sehr stark vom Autor geführt. Ein Beispiel möchte ich aufführen. Ras Tschubai fand heraus, dass Zinkoxid zu Problemen mit der Technologie geführt hat und unterhielt sich mit Hasga -einer Local- darüber. Im nächsten Halbkapitel wurde ein Meeting einberufen, wo es lange und ausführlich über diese Thematik ging. Ein zweites Beispiel noch, das den mangelnden Spannungsbogen unterstreicht. Diener der Verderbnis versus Diener der Reinheit spricht für sich. Reg erklärte der Leserschaft im gleichen Kapitel noch, wie der Name zustande gekommen sein mag. Und Sofortumschalter Perry checkt es erst ganz zum Schluss. Geführtes Storytelling. Gefiel mir überhaupt nicht. Zu viel klein klein und der Fokus auf allzu vielen trivialen Nebensächlichkeiten, verhinderten bei mir die Entfaltung von eigenen Gedanken, was wiederum den kreativen Weltenbau im Kopf negativ beeinflusste. Grundsätzlich wüsste ich auch nicht zu entscheiden, wer naiver auftrat. Terraner oder Einheimische. Thora gab frei raus die Daten der Milchstraße bekannt, welche von Perry und Reg normalerweise wie der Heilige Gral behandelt werden. Lindsey…. äh pardon Enya Vhonn legte den Terranern sämtliche sensiblen Informationen vor, die ihr geläufig waren und deren Bekanntgabe ihrer Spezies bei weniger wohlwollenden Besuchern wohl das Genick brechen würde. Puh hoch zwei.

Immer mehr verstärkt sich in mir der Verdacht, dass die wahren Beweggründe der Hamamesch in einer schleichenden, technologischen Zersetzung aller Völker der Galaxis zu finden sind. Erst beschenken, dann abhauen und geduldig warten, bis die jeweilige Spezies nicht mehr in der Lage ist, Raumfahrt zu betreiben. Oder erst gar nicht in Versuchung kommt, dies zu tun. Eine Art galaktische Diktatur könnte sich hier im Laufe der Jahrhunderte herauskristallisieren. Eine negative Abnormität, von mir aus auch Superintelligenz, könnte das als Langzeitplan auf seiner oder ihrer Agenda haben. Um alles und jeden von sich abhängig zu machen. Auf Gedeih und Verderb.

Nach rund der Hälfte des Romans war nicht viel mehr passiert, als ein kultureller Austausch zwischen Kindern und terranischer Einsatzgruppe. Mit dem Ziel, möglichst gut getarnt hinter feindlichen Linien operieren zu können, wobei die Kids ihnen behilflich sind. Perry und Thora bilden hierbei ein seltsam verschmustes Pärchen, das entgegen sonstig gültiger Einsatzparameter recht offen mit ihrer Zuneigung umgeht. Kann natürlich auch eine Folge der jahrhundertelangen Trennung nach Symaios sein. Ras Tschubai gräbt Perry ein wenig die Führungsrolle ab, während dieser selbst häufig ausgesprochen sentimental reagiert. Das Figurenspiel war in manchen Situationen sehr holprig, was ich der Unerfahrenheit des Autoren zugestehe.

Halbzeitfazit: Schwierig mit Aussicht auf Besserung. So lange ich auch brauchte, um endlich in den Lesefluss zu kommen, so lange ich auch mit einigen Ungereimtheiten und Figurenmäkeln haderte, umso lebhafter und interessanter wurde für mich zur Romanmitte hin die politische und gesellschaftliche Situation auf Tynar. Da hat Antares Bottlinger in meinen Augen geglänzt. Ganz klar wurden einige Parallelen zur aktuellen Weltlage offensichtlich. Serientypisch. Die Fremdartigkeit eines habitablen Planeten in einer weit entfernten Galaxis wurde wunderbar stimmig eingefangen. Wenn ich mich auf Gestik und Mimik beschränke und die unglaublich nervige Naivität der Tekheter ausklammere, weckten die Bewohner ein starkes Interesse in mir und ich wollte zwingend mehr erfahren. Bis zum nächsten Lesedämpfer.

„Seit ihr aufgetaucht seid, machen wir uns keine Sorgen mehr!“. Enya Vhonns Spruch steht stellvertretend für die schmalzige Klischeeorgie, die lediglich noch vom völlig unpassend charakterisierten Ehepaar Rhodan getoppt wird. Liest sich an manchen Stellen wie ein Jugendroman, was jetzt nicht gleich was schlechtes sein muss. Aber Ras Tschubai verhält sich wie ein erstmals verliebter Teenager und vergisst darüber hinaus seine sonst eher zurückhaltende Art. Immer wieder wurde ich von diesen schweren Charakterisierungsfehlern im Lesefluss unterbrochen. Ich möchte erneut betonen, dass mir die reine Planetenhandlung echt gut gefallen hat. Wenn der Leseeindruck darunter aber so sehr leidet, ist das leider kein Qualitätsnachweis.

Das große Finale gipfelte erwartungsgemäß in erfolgreicher Bewältigung sämtlicher Aufgaben und einem Herzschmerzfinale zwischen Ras Tschubai und Enya Vhonn. Irgendwie lobenswert, dass Antares Bottlinger seiner Linie bis zum Ende treu blieb. Was nun bleibt, ist ein Roman, der einige interessante Informationen zu den Hamamesch bot. Erklärt am negativen Beispiel Tynar. Und ein Roman, der über die Hyperraumgranulation in M33 aufklärt und beschreibt, dass die Symaios wohl nicht überall zur vollständigen Heilung fünfdimensionaler Strukturen geführt hat. Anders als von den Terraner erwartet. Wird spannend sein, wie das mit den Schneckenartigen in Verbindung gebracht werden wird. Und ob hier eine neue oder altbekannte Macht im Hintergrund die Fäden zieht. Die Schwestern der Tiefe werden am Ende doch nicht etwa recht behalten?!

Zitat des Romans

Ich mache mich nicht schlecht, ich mache euch allen Komplimente!

Reg nimmt sich selbst aus der Handlung

Fazit und Wertung

Eine sehr holprige Rückkehr von Antares Bottlinger, da der Autor sich zu stark auf geführtes und damit spannungsminderndes Storytelling, sowie allzu naives und unglaubwürdiges Charakterverhalten, versteifte. Der für mich so wichtige, kreative Weltenbau im eigenen Oberstübchen, fand aufgrund des seltsamen Figurenspiels kaum statt und ich konnte mich nur ansatzweise in die Geschichte vertiefen. Einen Lichtblick beinhalteten die Actionsequenzen, die plastisch gut geschildert wurden. Den Romanhöhepunkt stellte für mich eindeutig die spannende politische und gesellschaftliche Situation auf Tynar dar. Stark angelehnt an die aktuell herrschenden Umstände auf unserem eigenen Planeten. Dieser Terror wurde von Antares Bottlinger ausgezeichnet geschildert und sorgte bei mir für ein schauriges Wohlgefühl. Unterm Strich bleibt für mich zu konstatieren, dass maximal zwei von fünf Energienetzcodes beim Autoren verbleiben dürfen. Der Rest wird sicherlich in einem seiner nächsten Romane abgegriffen werden können, wenn sich der Autor ein wenig besser im NEOversum zurecht gefunden haben wird und sich die Figuren wie richtige NEO-Charaktere anfühlen.

Review: Perry Rhodan NEO 355 – Terror auf Tynar
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