Handlung

Ein Prisenkommando der HENNING MANDÜVEL, mit Thomas Rhodan da Zoltral und einigen Vitaliern an Bord, setzt auf einen energetisch toten Überschwerenraumer über. Der Einsatztrupp birgt auf Befehl von Störtebeker eine Bulle mit wichtigem Inhalt aus dem Schiffstresor der MAARKORON. Dabei machen sie Bekanntschaft mit der kriechenden Kälte, einer hochansteckenden und für Humanoide instant tödlichen Seuche. Diese befällt sowohl Mensch als auch Maschine und jegliche feststofflichen Objekte an Bord. Tom kann den Datenträger kontaktlos aus dem Safe befreien und sicher zum SPEICHER auf Pallas überführen. In der Geheimbasis der Vitalier sollen die erbeuteten Daten ausgelesen werden. Technikspezialist Sec Tinker wird zur technischen Unterstützung beim Transport der Bulle hinzu gerufen. Nach erfolgter Unterstützung verlieren ihn die Beteiligten schnell aus ihrem Fokus und Sec macht sich über den transportierten Gegenstand schlau. Er wird vom ersten Maat bei der Spionage erwischt, worauf hin ihn Tinker ausschaltet, um seine Schläferidentität zu wahren. Im Überzeugungsparadies der Gon-Mekara hatte man ihn erfolgreich umgedreht. Er manipuliert die Analysegeräte, wodurch ein Techniker stirbt und Thomas für ihn einspringen muss. Tinker’s Manipulationen zeigen Erfolg und er rettet Rhodan’s Sohn aus dem Reinraum, als die Systeme wie geplant erneut versagen. Bevor die Bulle komplett einfriert, können einige Informationen ausgelesen werden. Diese verweisen auf ein Aerarium in einer Marsbasis Leticron’s. Nur dort könne man die Daten der Bulle komplett entschlüsseln und den Schutzmechanismus überwinden. Thomas Rhodan da Zoltral macht sich mit Jessica Tekener und dem vermeintlichen Helden der Stunde, Sec Tinker, auf den Weg zum Mars.

In der VISBY, einem aufgemotzten Schlepperschiff, versucht Tinker verzweifelt, Kontakt mit den Gon-Mekara aufzunehmen. Von einer Funkerin überrascht und fortan von Kapitän Enis Grobmann misstrauisch beäugt, wird dem Techniker die Teilnahme an der Oberflächenmission verwehrt. Tinker belauscht zufällig ein Funkgespräch. Der schwer verletzte Maat von der HENNING MANDÜVEL wurde aufgefunden, worauf hin Sec in einem Container mit verstrahlter Ladung flüchten kann. Kaptiän Grobmann setzt Jessica und Tom mit einer Personenfähre auf dem Raumhafen ab und die beiden Terraner schlagen sich zum Museum der Universität durch. Dort kontaktieren sie die Condos Vasac um Zugang zum Ort des Wissens, dem Faehrl Hamtar, zu erlangen. Die Mitarbeiterin der Geheimorganisation entpuppt sich als Überläuferin zu den Überschweren und löst Großalarm aus. Geheimagent Plague verhilft dem Pärchen zur Flucht und kann mit seinen Posbifähigkeiten das Aerarium lokalisieren. Sec Tinker gelingt es währenddessen, zum Marsdomizil von Leticron vorzustoßen. Da er in Bradbury Central aufgrund bürokratischer Hürden nicht zu Kyuna vor gelassen wurde, hofft er auf Erfolg beim Palast. Allerdings nehmen ihn die Wachen nicht ernst und verweisen auf den Naat Nos Gaimor. Die Stimmen in Sec’s Kopf übernehmen die Kontrolle und die Situation eskaliert, weil der den Naat der Spionage bezichtigt. Nach Folterung und Preisgabe von hochbrisanten Informationen tötet der Naat den terranischen Techniker.

Jessica, Tom und der Posbi Plague kaufen auf einem Schwarzmarkt Ausrüstung für den Vorstoß zum Aerarium, das sich außerhalb der Terraforming-Zone befindet. Mit gekauften Koordinaten und einem zusätzlich erstandenen Sandgleiter brechen sie zur Basis der Gon-Mekara auf. Der Zielpunkt erweist sich als Treffer und die drei Spione dringen in den gegnerischen Stützpunkt ein. Plague gelingt es, ein hochansteckendes Virus im Positroniksystem des Aerariums frei zu setzen. Dank dieser Unterstützung können Jessica und Tom zu einem Fabergé-Ei vordringen, das den Datenkristall mit einem Traktorstrahl einzieht und mit dem Fremdkörper interagiert. Die Extraktion der Daten gelingt. Nach überstürzter Flucht vor der alarmierten Verstärkung der Gon-Mekara, opfert sich der Posbi selbst. MIt einem Rettungsboot gelingt den beiden Terranern der Notstart, bevor das Aerarium samt Virus und kriechender Kälte in einer riesigen Explosion vergehen. Mit der VISBY gelingt es dem Team, den Planeten noch rechtzeitig zu verlassen. Nach erfolgreicher Dechiffrierung der erbeuteten Informationen stellen die Terraner entsetzt fest, dass Leticron eine neuartige Waffe erprobt und nach dem Omnitischen Compariat greift.

Meinung

Game of Thrones in Sci-Fi-Optik. Der Winter naht. Oder war schon da. Es könnte genau so gut auch eine Szene aus einem Zwergenroman von Markus Heitz sein. Unstrittig ist indes die wirklich gelungene Projektion des Romaninhaltes in leicht verwaschene Pixelkunst. Farblich und künstlerisch wird eine leicht unheimliche Stimmung erzeugt, die schon vor Lesebeginn eine schaurige Atmosphäre generiert hat.

In diese tauchte ich mit Kapitel Eins gleich tief ein. Aufgetaucht bin ich dagegen nicht mehr so schnell. Lediglich der sagenumwobene Fliegende Holländer mit seiner MARQUARD VON PREEN. Übrigens eine mecklenburgische Adelsfamilie, die heute noch existiert. Störtebeker als Geist aus der Flasche, wunderbar! Das Freibeuter-Setting weht erfrischend durchs NEOversum. Nach zuletzt bereits zwei hervorragenden Romanen hat Ruben Wickenhäuser sein perfektes Triple bei mir gesetzt. Dazu hat ein physikalisches Detail, direkt zu Beginn, entscheidend beigetragen. Mit Festlegung der kriechenden Kälte auf die Temperatur von einem Kelvin, liegt der Wert niedriger als die des Kosmos mit drei Kelvin. Sense of Wonder trifft auf Horror. So erzeugt man Atmosphäre, mit einem Satz. Zum Temperaturausgleich gönnte ich mir ein großes Gläschen Chardonnay aus dem warmen Süden der Republik. Man(n) will sich schließlich nicht erkälten. Denn es ging ununterbrochen rasant und eiskalt weiter.

Auch wenn die laxe Einstellung der Vitalier durchaus ihrem irdischen Hintergrund geschuldet ist, frage ich mich dennoch, wie die Freibeuter der Entdeckung durch die Gon-Mekara so lange schon entgehen konnten. In meinen Augen ein ziemlicher Widerspruch. Wer noch Standardpasswörter in Zeiten der Hochtechnisierung nutzt, gehört postwendend bestraft. Im Umkehrschluß gilt gleiches für die naiv unbedachte Untersuchung des Datenträgers. Trotz akuten Zeitdrucks konnte der Schläfer einfach hineinspazieren und zur Tat schreiten. Ein paar Sicherheitsvorkehrungen sollte man erwarten können, auch wenn der SPEICHER nicht gerade als hochmoderne Einrichtung verschrien ist. Was den kurzen Einschub zu Beginn mit Störtebeker und seiner MARQUARDT VON PREEN betrifft, bin ich nach wie vor überfragt. So sehr mir dieses mythische Zwischenspiel gefallen hat, so sehr hätte ich mir zumindest zum Ende hin auch noch ein paar erklärende Worte erhofft. Die blieben leider aus und somit geistert dieses ungelöste Rätsel weiter in meinem Kopf herum.

Der Spannungsbogen flachte in der Romanmitte etwas ab, konnte sich aber schnell berappeln und hatte meine volle Aufmerksamkeit spätestens bei der Infiltration der Überschwerenbasis wieder zurück erlangt. Ruben Wickenhäuser hatte mich tatsächlich beinahe davon überzeugt, dass der Posbi ein doppeltes Spiel treibt. Mit seiner heroischen Selbstopferung blieb mir dann entsprechend kurz die Spucke weg. Gut getrickst, so dass ich erst mit der Endsequenz auf den richtigen Weg zurück fand. Da hat der Autor mich erfolgreich zum Narren gehalten. Die tollen Schiffsnamen und die vielen, in die Handlung eingebundenen, Seemannsbegriffe generieren aber eine dermaßen dichte Atmosphäre, dass die kleineren Unlogiken kaum im Gedächtnis hängen bleiben. Mit dem Unternehmen Logistik für Alle konnte sich Ruben Wickenhäuser einen subtilen Seitenhieb auf ein namhaftes Internetvergleichsportal nicht verkneifen und hat das auch wunderbar ausgeführt. Hier hab ich alles gecheckt!

Sehr zugesagt hat mir auch die lineare Erzählweise. Der zwielichtige Techniker Sec Tinker wurde toll in die Geschichte eingebaut, ohne dass weitere Schauplätze aufgemacht wurden. Erst spät im Roman trennen sich die Protagonisten und der grundsympathische Antagonist. Optimal gelöst, um einen angenehmen Lesegenuß zu gewährleisten. Dem Autor gelingt es, seinen Nebendarsteller dermaßen lebendig zu erzählen, dass ich mir gewünscht hätte, dass Sec längerfristig einen Platz im Perryversum erhält. Leider war er aber nur als Einwegcharakter vorgesehen, der in einer skurillen Szene sprichwörtlich in die Tonne gestopft wurde. Getrieben von den Einflüsterungen in seinem Kopf, eingepflanzt in den Katakomben eines Tran-Tarrak der Gon-Mekara, hatte er keine andere Wahl, als dem Drang seines eingepflanzten Repressors nach zu geben. Zwischenzeitlich hatte ich noch die Hoffnung, dass sich sein eigener Wille durch setzt und er die Fesseln der Einflüsterung abstreifen kann. Die Zwiegespräche mit seinem „Extrasinn“ fand ich sehr erfrischend. Umso eindringlicher wirkt die Botschaft des Romans. Leticron ist ein Kriegsverbrecher und Psychopath, der gestoppt werden muss. Mit allen Mitteln! Wenn nicht auch noch das Omnitische Compariat in seine Hände fallen soll. Falls überhaupt noch Hoffnung besteht.

Zitat des Romans

Trifft sich gut, dass ich ohnehin nie etwas für Enkel übrig hatte! Die wurden mir nachhaltig weggebrannt!

enis grobmann

Der charismatische und körperlich gezeichnete Kapitän Grobmann war mein (wind)stiller Star des Romans. Mit einem absolut treffenden Nachnamen ausgestattet, konnte ich die salzhaltige Seeluft an Bord der VISBY geradezu riechen. Haben euch die sehr schön gezeichneten Nebendarsteller im Roman auch so gut gefallen wie mir? Lasst es mich in den Kommentaren wissen! Oder schreibt mir eure Meinung, falls ich euch anderweitig getriggert haben sollte. Ich würde mich freuen!

Wertung und Fazit

Da haben wir den Eisbergsalat. Wieder ein Roman, der den Handlungsfortschritt erst im späten Zieleinlauf voran treibt und die Geduld des Lesers etwas strapaziert. Dafür aber auch eine tolle Charakterstudie eines zwiegespaltenen Antagonisten. Sec Tinker hat mir sehr gut gefallen in seiner Rolle und wurde von Ruben Wickenhäuser liebevoll charakterisiert. Sein dramatisches Ende durch den zwielichtigen Naat lässt einige Fragen offen, aber der Zweck heiligt die MIttel. Was die Gon-Mekara in ihren Überzeugungsparadiesen treiben, ist höchst gefährlich für die Menschheit und sollte dem Leser mit der Figur von Sec Tinker bewusst gemacht werden. Zudem wurde mit den anfälligen Computersystemen ein weiterer Schwachpunkt der Gon-Mekara thematisiert. Erneut! Bereits in Leticron’s List (NEO 264) war das eine wichtige Informationsgewinnung. Dem Autor ist es eindrucksvoll gelungen, diese beiden Erkenntnisse offen zu legen, die im Kampf gegen Leticron wohl noch Bedeutung haben werden. Zur Romanmitte hin flachte die Spannung zwar etwas ab, spätestens mit der dramatischen Infiltration des Aerariums und der unerwarteten Kamikaze-Aktion von Plague war die Aufmerksamkeit zurück auf dem Siedepunkt. Deshalb geht mein eisfreier Daumen klar nach oben. Erneut ein sehr guter Roman innerhalb einer bisher sehr gelungenen Staffel. Dass jetzt auch noch das Omnitische Compariat wieder handlungsrelevant zu werden scheint, lässt mir das Herz aufgehen. Ich hoffe auf ein friedliches Wiedersehen mit alten Bekannten!

Review: Perry Rhodan NEO 275 – Kriechende Kälte
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