Handlung

Icho Tolot, Tro Khon und Mentro Kosum reisen mit der DOLAN zum Planeten Cybora, der Heimat des Emotionauten Mentro Kosum. Dort soll der gebürtige Cyboraner die Bulle und das Zusatzgerät einer genaueren Analyse unterziehen. Die dortigen Einrichtungen sind für humanspezifische, technologische Aktivitäten von Nathan und Posbis zuständig. Mentro erreicht unbehelligt die Große Halle des Lykeions. Künftige Emotionauten werden für drei Monate in Samadhi-Tanks, zur Endverschaltung des Gehirns, gelegt. Kosum beobachtet das furchtbare scheitern der SERT-Schulung, mit Überschweren-Beteiligung. Ein Hyperdim-Swap unterbricht die Freisetzung und lediglich ein Gon-Mekara, Sorgator, überlebt die darauf folgende Explosion des Lykeions. Er wird vorsorglich auf die Medostation verlegt, zuvor hat er allerdings Carnacki und Kosum als mutmaßliche Terroristen identifiziert. Aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung nimmt ihn keiner der eigenen Leute ernst und er startet, nach Entlassung aus dem Medokomplex und zeitweiliger Außerdienststellung, einen persönlichen Rachefeldzug gegen die beiden Cyboraner.

Ausgerechnet Carnacki, der verhasste ehemalige Akademiekollege, rettet Mentro aus der lebensgefährlichen Situation im Lykeion. Sein Implantat streikt unvermittelt, die Neukalibrierung schlägt fehl und Kosum erblindet. Um Hilfe zu erhalten machen sich die beiden Erzfeinde gemeinsam auf, um den Posbi Sergé Gogol alias Luzifer zu finden, ein NATHAN-Interpreter der höchsten Qualifikationsstufe. Carnacki findet den Schlupf des Posbis und Luzifer gelingt die Rekalibrierung, als eine Überschweren-Patrouille das Versteck zu beschießen beginnt. Sorgator erreicht den Konfliktherd und zerlegt die Patrouille kurzerhand. Bevor er die Cyboraner und den Posbi angreifen kann, greift Icho Tolot ein und verteidigt seine Schützlinge. Sorgator bleibt geschlagen zurück, hat aber das nächste Reiseziel der DOLAN eruieren können.

Die DOLAN löst Alarm aus und der Haluter kehrt mit den Geretteten zurück an Bord. Dort warten bereits Luzifer und der MINSTREL auf sie, die mit der Kapazitätsprüfung von Tro Khons Gehirn beschäftigt sind. Taravats Abwehrmaßnahmen waren gegen den Posbi wirkungslos. Luzifer erläutert den Versammelten NATHANs Beweggründe. Nach dem Diebstahl des Fabergé-Ei und des Datenträgers hatte Leticron die Explosion des Lykeions in Auftrag gegeben und die Posbi des Terrors bezichtigen lassen. Der eiförmige Energizer und die Bulle verschmelzen durch den Volvex zum CLAVIS. Dank der Voraktivierung durch den Hyperdim-Swap geschieht die Wandlung relativ zügig und erklärt letztlich die körperlichen Beeinträchtigung von Mentro Kosum. Nur mit dem entstandenen Schlüssel ist der Zugang zum Womb auf der Kunstwelt Makko möglich. Unaufhaltsam wird der Volvex vom Womb angezogen und die Protagonisten folgen seinem Ruf.

Meinung

Mein erster Schock über das schwache Cover hat sich mittlerweile gelegt. Weder der Protagonist als dominierender Bestandteil, noch die Flammenhölle als Verzierung, konnten mir auch nur ansatzweise optischen Genuß bieten. Aber halt mal! Luzifer? Oder doch Mentro Kosum? Lässt sich nicht befriedigend beantworten. Die Beschreibungen der Augen passen zu keinem der beiden. Der Teufel steckt im Detail. Für mich das schwächste Cover der letzten Monate.

Carnacki wird von Rainer Schorm von Beginn an als egozentrisches Arschloch aufgezogen. Das hat sich der ehemalige Akademiekollege von Mentro Kosum auch redlich verdient. So wenig wie man in der Disco K.O.-Tropfen in Drinks von jungen Menschen träufelt, so wenig ist das mit dem heimlichen einflösen von Alkohol bei Nachwuchsemotionauten verzeihbar. Kein Wunder, dass Mentro Kosum das Wiedersehen mit seinem alten Kommiliton*innen komplett zuwider ist. Auch kein Wunder, dass er in seiner Anwesenheit bei jeder kleinen Bewegung bereits Verrat wittert. Ich hegte dagegen eher die Vermutung, dass sich Carnacki letztlich als Vitalier outet. Zumindest vorerst bleibt das Ende dieser komplizierten Beziehung offen. Fortsetzung folgt.

Obwohl ich mit der Person des polarisisierenden Carnacki ziemlich angefixt wurde, kam ich emotional lange nicht richtig im Geschehen an. Die erste Hefthälfte plätscherte so vor sich hin und hatte kaum spannende Stellen. Was durchaus vermeidbar gewesen wäre. Denn wie sich mit der dramatischen Rückblende auf Tatis Horrorstory später zeigen sollte, wären einige zusätzliche Schriftzeichen hinsichtlich ihrer siganesischen Lebensgeschichte angebracht gewesen. Zwei Romane vorher hatte sich eine vergleichbare Geschichte bei Alaskas Odyssee (NEO 274) entwickelt. Hier war die Nebenfigur aber wesentlicher Bestandteil der Erzählung und somit wuchs sie mir im Romanverlauf ans Herz. So sehr, dass der Schock am Ende tief saß. Das ist dem Autor diese Woche nicht gelungen. Aus genannten Gründen.

Mitte des Romans schweift die Handlung Richtung Sorgator ab. Und kommt damit endlich in Fahrt. Hat der Überschweren-Emotionaut als Nebenwirkung quasi die Ark Summia durchlaufen und einen Extrasinn entwickelt? Ist es nur ein zeitweiliges Phänomen? Es ließ sich plötzlich herrlich spekulieren und mein Interesse war augenblicklich geweckt. Ein Weckruf, gerade noch zur rechten Zeit. Und die Bestätigung meiner Vermutungen, kurze Zeit später. Der auf Rache gepolte Sorgator schlägt alles kurz und klein und macht auch vor eigenen Artgenossen nicht Halt. Die Konsequenzen bedenkt er dabei nicht, meinetwegen kann man das noch mit seiner geistigen Schädigung beim Ritual begründen. Dass er die getarnte DOLAN an einem Lichtreflex erkennt und direkt folgert, dass das nächste Reiseziel der Posbiplanet Makko sein wird, wirkt dann aber höchst unglaubwürdig und viel zu konstruiert. Ein paar Seiten später ist zu lesen, dass Carnacki das Haluterschiff nicht sehen kann. Wegen seiner hoch entwickelten Tarntechnologie schwebt es absolut unsichtbar über der Planetenoberfläche. Ein Widerspruch in sich.

Das Ende des Romans entschädigt dann für den langen Anlauf, der hierfür nötig wurde. Viele Informationen, komprimiert auf wenigen Seiten. Letztlich wird der Zwischenstopp auf Cybora nachvollziehbar. Mit Luzifer ist dem Exposé eine sehr interessante Schnittstelle zwischen NATHAN und den Freiheitskämpfern gelungen. Und auf den Womb hab ich richtig Bock bekommen. Hört sich ein wenig nach Horror in einer Hohlwelt an. Auf die Auflösung müssen wir Leser wieder etwas länger warten, da die Handlung im kommenden Roman auf die SOL wechselt.

Was schönes zum Abschluß? Bitte sehr. Wer herzhaft lachen möchte, sollte sich die urkomischen Äußerungen der Schiffsintelligenz Taravat im letzten Heftdrittel gönnen. Beißender Sarkasmus trifft auf Bestie. Herrlich! Rainer Schorm hat ein mal mehr ein Händchen bei den Dialogen mit der eigenwilligen „Besatzung“ der DOLAN bewiesen.

Zitat des Romans

Wahrnehmung ist beinahe grenzenlos subjektiv

Mentro kosum

Wertung und Fazit

So sehr mich Alaskas Odyssee mitleiden ließ, so wenig berührte mich dagegen die Lebens-und Leidensgeschichte um Mentro Kosum. Das lag mitunter auch daran, dass die Siganesin Tati eine zu kleine Bühne bekam und sich somit keine emotionale Bindung aufbauen konnte. Grenzenlos subjektiv betrachtet natürlich. Was zweifellos bleibt, ist eine schöne Erzählung über die cyborianische Emotionautenwerdung und ein ebenso interessanter Einblick in die Sozialstrukturen der Gon-Mekara. Bisher hat man über den Umgang der Überschweren untereinander nur ein paar vage Eindrücke bekommen. Meistens auf Führungsebene und damit nicht stellvertretend für die restliche, streng befehlshierarchische Gesellschaft. Diese Strukturen werden im vorliegenden Werk von Rainer Schorm näher betrachtet, was mir den Roman, nach zähem Beginn, doch noch versüßen konnte. Das hochinteressante Finale indes fiel einige Seiten zu kurz aus, wohl dem langen Atem zu Beginn geschuldet. Der Cliffhanger ist Rainer Schorm jedenfalls gelungen, ich fiebere Makko entgegen und möchte unbedingt wissen was die Protagonisten im Womb erwartet. Mein nicht vernetzter Daumen bleibt in der Waagerechte, mit leichter Tendenz zu zehn Uhr. Eventuell auch…..nee lieber nicht.

PS: Ich sehe einen der beiden Hosts vom Radio gerade die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Er möge mir bitte verzeihen!

Review: Perry Rhodan NEO 276 – Die Cybora-Etappe
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