Handlung

Der Technoläufer Sinclair Marout Kennon kommt einer groß angelegten Sabotageaktion gegen NATHAN auf die Spur. Sein Posbi Bee rettet ihm bei einer Explosion das Leben, indem er mit Sinclair eine Metamorphose eingeht und dauerhaft mit ihm verschmilzt. Das Forschungsschiff HELIOS wird ebenfalls Ziel eines Anschlags und kann sich schwer beschädigt auf die Mondoberfläche retten. Bei einer Urabstimmung wird die Rückversetzung des Planeten und seines Trabanten ins SOl-System, mit einer klaren Mehrheit, beschlossen. Die Opposition begehrt dagegen auf, weil Minderjährige nicht wählen durften und es einen großen Prozentsatz Rückkehrverweigerer gibt. Die wissenschaftliche Elite unter Leibnitz und Steinfall eruiert, dass die Sonne als energetischer Gegenpol ausscheidet und der Transfer daran scheitern würde. Ein Attentäter der Meek/Sanftmütigen erscheint in der Zentrale und platziert eine Bombe, deren Wirkung der plötzlich auftauchende Technoläufer Kennon aufheben kann. Als akonische Technologie in den Bombenüberresten nachgewiesen werden kann, fürchtet die Vitalierin Steinfall den Ausbruch eines Bürgerkrieges, wenn die Bevölkerungen von Drorah und der Erde davon Kenntnis erlangen würden. Gleiches gilt für die Erkenntnis, dass die Sonne als Gegenpol beim Planetentransfer aus hyperphysikalischen Gründen ausscheidet.

Laura Bull-Legacy reist mit Steinfall, Leibnitz und der Posbi Monade nach Terra, um in Terrania City mit der Ersten Terranerin Sheela Rogard Kontakt aufzunehmen. In einer Röhrenbahn erleben sie eine Machtdemonstration der NewRoots-Initiative mit, die das Transportsystem zum Erliegen bringt und die Humanoidenmassen mit Hetzreden provoziert. Gabrielle Montoya landet mit einer Korvette, bringt die Situation unter Kontrolle und die Gruppe zu ihrem Treffpunkt auf der CREST II, wo sie von Auris von Las-Toór und Sheela Rogard empfangen werden. Man ist sich schnell klar darüber, dass das Ziel der beiden bekannten Widerstandsgruppen in der Isolation NATHANs besteht. Der frisch beförderte Sicherheitschef der Lunaren Abwehr, Sinclair Marout Kennon, setzt einen der Attentäter mit Störimpulsen und zielgerichteten EMPs außer Gefecht. Daraufhin können die restlichen Sprengsätze ebenfalls entschärft werden. Beim Verhör entlockt der Imarter Rascal Woolver einem Gefangenen die Information, dass etwas gegen die CREST II geplant sei, die sich im Anflug auf die Lunar Research Area befindet.

Auf der CREST II informiert Leibnitz die Führungscrew, dass es über die isolierte Zeitpfütze eine Möglichkeit gibt, den Megaraumer als Gegenpol für den Transfer zu nutzen. Der Widerstand will genau das verhindern und greift die CREST II mit einem Kleinstroboterschwarm an. Der Aufbau des Schutzschirms misslingt und feindliche Truppen dringen in die CREST II ein. Kennon und Woolver können eine scharfe Fusionsbombe rechtzeitig neutralisieren und die Terroristen im Herz von NATHAN aufhalten. Die Posbis schirmen Kennon ab und sein Transfer vom Zeitbrunnen zur Zeitpfütze auf der CREST II gelingt. Gerade rechtzeitig, denn die terranischen Verteidiger auf dem Schlachtraumer werden derweil von der schieren Übermacht der Angreifer in die Knie gezwungen. Als Kopf der beiden Terrorgruppen Meek und New Roots wird ausgerechnet Thatcher a Hainu, Botschafter des Mars, enttarnt. Die neutralisierte Fusionsbombe wird im Mare Ingenii kontrolliert zur Explosion gebracht. Nachdem Gabrielle Montoya darüber informiert wird, dass sie ihr geliebtes Schiff zum Wohle der Menschheit opfern müsse, nimmt sie Abschied von ihrer Freundin Auris von Las-Toór, bevor die CREST II das Blaue System auf Nimmerwiedersehen verlässt.

Meinung

Nach mittlerweile drei Romanen sieht es am Revolutions-Titelbildhimmel weiterhin ziemlich düster aus. Mit der aktuellen Nummer bin ich aber endlich versöhnt. Der Technoläufer ziert das mit Abstand beste Cover der bisherigen Staffel. Es zeigt eine wunderbare Symbiose zwischen Mensch und Maschine. Der Rest des Covers hält sich buchstäblich wunderbar im Hintergrund zurück und gibt dem dieswöchigen Hauptdarsteller ordentlich Raum zur Entfaltung. Farblich fast komplett in tollen Blautönen gehalten, wirkt das Gesamtkonstrukt wie die Beleuchtung eines Hochleistungsprozessors. Stilistisch erinnert mich das Outfit von Sinclair Marout Kennon an die Borderlands-Serie von 2k-Games, die optisch ziemlich ähnliche Outfits anbietet.

Inhaltlich gibt es gewaltig Zündstoff. Direkt zur Romaneröffnung wird ein Abstimmungsergebnis vorgelegt, dass eine nicht unerhebliche Anzahl Gegenstimmen beinhaltet, welche sich gegen eine geplante Rückversetzung von Erde und Mond ins angestammte SOL-System aussprechen. Was mich etwas stutzig werden ließ, war der zweifelhafte technische Aspekt dieses Rücktransfers. Das ging ja zügig mit dieser Möchtegern-Musterlösung. Und vor allem wird dieser gigantische Schritt nicht erst ausgiebig getestet, sondern direkt zur Abstimmung eingereicht. Folglich brennt gleich mal die Hütte. Mannomann, was für ein hausgemachtes und höchstüberflüssiges Chaos! Was mir wiederum außerordentlich gefiel, war die Einbindung der Sonnenchasmaproblematik aus dem ANDROS-Erbe. Klasse Schlussfolgerung, dass die Sonne damit als Gegenpol ausscheidet. Der Informationsgehalt dagegen war gerade noch akzeptabel, bereits in der frühen Phase gab es massig Input. Der mich teilweise arg beschäftigt hat, da mir die technischen und naturwissenschaftlichen Begriffe nur so um die Ohren flogen. Ein etwas holpriger Romanauftakt für meinen Geschmack. Aber dann ging die Party ab. Und wie! Rainer Schorm zündete den Spannungs-Booster mit Kennons spektakulärem Einschreiten.

Dazu tragen die Zwischenkapitel, mit den politischen Einwürfen, erheblich bei. Kreativität beweist Rainer Schorm mit der NewRoots-Bewegung und dem religiösen Hintergrund der Attentäter, der mit Bibelversen gewürzt wird (siehe Zitat des Romans). Was mich etwas störte: Warum nur Gegenstimmen, in diesem Fall ausgerechnet vom Antagonisten Tatcher a Hainu, aufgeführt wurden. Keinerlei Befürworter kamen zu Wort. Weitere Unklarheit herrscht bei mir über die Protestform an sich. Gewaltsame Aktionen und Gefährdung des Allgemeinwohls sind eher ineffektive Maßnahmen um aufzufallen, bei denen der Schuß, wie in diesem Fall, gewaltig nach hinten los geht. Somit sind für mich die Beweggründe der Widerständler nicht nachvollziehbar, warum sie sich einem Fanatiker wie Tatcher a Hainu um den Hals werfen. Diesem geht es lediglich um Macht und Vorteile für seinen geliebten Mars. Was bewegt seine Anhänger aber dazu, ihr eigenes Leben für diese wahnwitzigen Pläne zu riskieren oder gar zu opfern? Darauf fand ich keine befriedigende Antwort.

Zur Hauptfigur des Romans, Sinclair Marout Kennon, konnte ich leider keine emotionale Bindung aufbauen. Dennoch ist er eine sehr interessante Figur, zumal diese Chrysalisation erstmals im NEOversum behandelt wird. Charakteristisch bleibt der Cyborg, eine Mischung aus Mensch und Maschine seit seiner Verschmelzung, eher blass. Obwohl diese Bindung zweier Spezies explizit als Einzelfall betitelt wird, denke ich, dass wir künftig noch öfter von diesen Chrysalisanten hören werden. Die übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit zu den Posmis der Erstauflage aufweisen. Mir fällt natürlich sofort Sud ein, die ja auch aus einer Verschmelzung zwischen Sid González und Sue Mirafiore hervorgegangen ist. Mit anderen Vorzeichen, aber ähnlich einmaligen Fähigkeiten gesegnet, wie der neue Sicherheitschef der Lunaren Abwehr.

Liest sich jetzt alles nicht so dolle?! Joa, ich war beim Lesen tatsächlich hin und her gerissen. Zum einen lieferte der Autor ein echt spannendes Werk ab. Die Spannung knisterte auf konstant hoher Flamme, ähnlich wie mein wohliges Kaminfeuer im Hintergrund. Zum anderen konnten mich einzelne Erzählstränge aber nicht so überzeugen. Vor allem diese Adhoc-Nummer des Erdtransfers und die politischen Entwicklungen wirkten in Summe nicht ausreichend überdacht auf mich. Innerhalb kürzester Zeit solch ein Mammutprojekt aus dem Boden zu stampfen, das in umgekehrter Form schon einmal katastrophal schief gegangen ist, halte ich für überstürzt und grob fahrlässig. Und die drängendste aller Fragen kann für mich nur eine sein: Warum werden die Erdbewohner nicht vor die Wahl gestellt? Ob sie im Akonsystem verbleiben oder mit zurück ins SOL-System versetzt werden wollen. Hier hätte es bestimmt Lösungsansätze gegeben. Das hätte eventuell einige Debatten bereits im Keim erstickt, wenn man solch eine Option mit ins Spiel bringt. Auris von Las-Toór steht für mich sinnbildlich für die Güte der Akonen, ein kurzer Schnack mit guten terranischen Freunden hätte da bestimmt Wirkung gezeigt. Das Abschluß- und gleichzeitig Abschiedskapitel zwischen Auris und Gabrielle musste ich erst einmal ein paar Tage sacken lassen, bis ich meine Review fertig schreiben konnte. Hier geht ein ganz großes Vorbild und eine tolle Frau auf ihre letzte große Mission. Gänsehaut!

Zitat des Romans

…and the meek shall inherit the moon!

selig sind die sanftmütigen, denn sie werden den Mond erben. ein leicht abgewandelter biblischer vers, der wunderbar ins romanbild passte

Fazit und Wertung

Nach dem Inputoverkill im Wissenschaftlergewand folgte ein spannungsgeladener Spießrutenlauf im Technoläuferstyle. Thrilleratmosphäre de luxe. Die Widerstandspraktiken der beiden Fraktionen wirkten dagegen größtenteils unangebracht und völlig überzogen. Tatcher a Hainus Gaben als fanatischer Führer in Ehren, warum sollte man als Akone oder Terraner diesem Mann folgen? Der nur seinen Mars im Sinn und diesen wahnwitzigen Irrsinn verzapft hat, mit allen logischen und vorhersehbaren Konsequenzen. Mir fiel es zudem schwer, mich emotional an den Hauptdarsteller Sinclair Marout Kennon zu binden. Somit fehlte mir über weite Strecken eine markante Bezugsfigur in diesem figurenreichen Erzählstrang. Technisch und naturwissenschaftlich bekommen wir wieder einiges geboten, was man von Rainer Schorm als langjähriger Leser mittlerweile nicht anders erwartet. Die vielen kleinen Infohappen wurden dennoch wohldosiert und interessant aufgearbeitet, was mir gut gefallen hat und ziemlich aufschlußreich war. Stichworte: Creaversum und SLITHRUGTANNI. Das finale Kapitel glänzt mit großen Gefühlen und hat mich tief berührt, Gabrielle Montoya wird hoffentlich der ganz große Abschied gewährt und sie folgt ihrem geliebten Mann Conrad Deringhouse in die Hall of Fame der unvergessenen Terraner nach. Für ein allzu positives Schlussfazit bleiben mir zu wenige Punkte übrig, die ich wohlwollend in den Ring werfen könnte. Mein Daumen bleibt deshalb erstmals im Revolutionsgeschehen nur im neutralen Bereich. Für mich liefert der Autor den bisher schwächsten NEO der laufenden Staffel ab, auch wenn mir der Roman aufgrund seines Spannungsgehalts dennoch gefiel. Der nächste NEO lüftet übrigens endlich das Geheimnis um Weidenburn, ich kann es kaum erwarten!

Ihr seid da ganz anderer Meinung als ich und würdet dem Roman einen Daumen hoch oder gar runter geben? Kann ich natürlich voll verstehen, denn das hier sind ja nur meine ganz individuellen Gedanken . Kommentiert gerne unter diesem Beitrag oder in Social Media. Gerne auch mit konstruktiver Kritik. Das erweitert dann ja eventuell auch meinen Horizont um eine weitere, interessante Facette. Ich würde mich jedenfalls über euer Feedback, wie immer, sehr freuen!

Review: Perry Rhodan NEO 293 – Der Plan der Vollendung
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2 Gedanken zu „Review: Perry Rhodan NEO 293 – Der Plan der Vollendung

  • 24. Dezember 2022 um 12:34 Uhr
    Permalink

    Mein lieber Andy,

    schön zu lesen, dass du hier ganz anderer Meinung bist als ich. Denn für mich ist dieser Roman bisher mein Highlight der Staffel!

    Wie du geschrieben hast, die Thriller-Atmosphäre ist sowas von da und hat mich immens mitgerissen! Insgesamt habe mich prächtig unterhalten gefühlt. Einzig die Erklärung warum Sol nun doch nicht als Ankerpunkt für den Transfer geeignet ist, war für mich ein kleiner Tiefpunkt. Aber das mag persönliche Gründe haben, denn zum einen fehlt mir oftmals das naturwissenschaftliche und technische Verständnis dafür und zum anderen wahrscheinlich auch entscheidende Handlungsstränge die jenseits des 260er NEOs spielen, der für mich der Einstieg ins NEOversum markiert.
    Alles in allem für mich ein klasse Roman, mit einer sehr charismatischen Hauptfigur und einem Ende, dass bei mir ungefähr die gleiche Wirkung erzielte, wie bei dir… uff. Auch wenn ich die beiden Frauen erst seit Rainer Schorms 273 «Der Mahlstrom» kenne, sind sie doch enorme Sympathieträger, von denen ich gern gelesen habe. Da muss was großes kommen, um Gabrielle Montoya auszuerzählen.

    Was ich noch positiv ergänzen möchte: Der Roman hat meine Faszination für Posbis entfacht. Ob das jetzt an Monade lag oder an der Symbiose zwischen Kennon und Bee, aber ich will mehr Storys mit Posbis lesen!

    So, langt aber auch – dies sage ich!
    Bis zur Weidenburn-Rezi und schöne Weihnachten!
    Alles Gute
    Lukas

    Antwort
    • 27. Dezember 2022 um 13:59 Uhr
      Permalink

      Servus Lukas,

      ist ja nicht so, dass mir der Roman nicht gefallen hat. Aber diese Terroristenunlogik hat mich, neben dem lesen, zu sehr beschäftigt, als dass ich das noch schön reden konnte am Ende.
      Vielleicht unterhalten wir uns ja demnächst noch mal über den ein oder anderen Roman 😉

      Jetzt, wo ich das hier lese, wünsche ich Dir und Deiner Familie einen guten Rutsch und hoffentlich ein gesundes Neues Jahr 2023!

      Wir hören und lesen uns.

      Lg
      Andy

      Antwort

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