Handlung

Die SOL kehrt mit einem erfolgreichen Zeitsprung zurück in die Gegenwart. Mit fünf verlorenen Jahren im Gepäck treffen die Terraner in der Jetzt-Zeit ein und stellen mit Erschrecken fest, dass Leticron die Macht über riesige Teile der Galaxie übernommen hat. Das SOL-System, Wega und Arkon befinden sich unter den Fittichen der Exemplarischen Instanz. Tom Rhodan da Zoltral fängt die SOL mit seinen neuen Freunden, den Vitaliern, ab. Gemeinsam erarbeiten sie erste Pläne zur geheimen Kontaktaufnahme mit Reginald Bull. Dafür benötigen sie Verbündete und Ressourcen, die sie sich in der SPEICHERSTADT der Vitalier zu finden erhoffen. Um niemanden unnötig zu gefährden, reisen Perry Rhodan und sein Sohn Thomas, sowie Jessica Tekener und Gucky auf der GÖDEKE MICHELS als Gäste zur geheimen Basis innerhalb eines Asteroiden. Ein von SENECA entwickelter Code soll es dem Widerstand ermöglichen, unbemerkt zum Mars vorzudringen. Dazu muss der Blinde Fleck auf dem Zwergplaneten Pluto ins PUMA-System eingeschleust werden. Gucky setzt sein Team per Teleport erfolgreich im ehemaligen Steuerzentrum des PUMA-Komplexes ab. Nach gelungener Einschleußung des Datensatzes werden die Gon-Mekara aufgrund der ausgestrahlten Energiespitze auf die Terraner aufmerksam und senden eine Einheit zur Inspektion. Der anschließende Kampf endet erfolgreich für Perry Rhodan’s Team und sie flüchten mit dem erbeuteten Raumschiff der Überschweren, unter falscher Flagge als Fahrzeug einer Mining Corporation getarnt, nach Ceres. Dort lässt Thomas Rhodan da Zoltral seine Kontakte spielen und ordert bei dem Mehandor-Patriarch Tautras eine Überfahrt zum Mars. Obwohl seine beiden schwachköpfigen Söhne hinter die wahren Identitäten der Passagiere kommen, verrät der Matriarch seine Gäste nicht. Das übernimmt allerdings dessen Ziehtochter Hijalia, die im besten Sinne ihrer Sippe auf das ausgesetzte Kopfgeld nicht verzichten will. Sie offenbart sich als Drahtzieherin des Verrats und errichtet einen Energieschirm um das Schiff. Doch sie macht die Rechnung ohne ihren Bruder Rasoul, der auf Anweisung seines Vaters den Schirm abschaltet. Harkon von Bass-Teth hat im Hintergrund seine Hausaufgaben gemacht und verschafft Perry Rhodan und seinen Begleitern eine Fluchtmöglichkeit in den Erdorbit. Dort empfängt sie der Gon-Shial Bull und die beiden alten Freunde schließen sich in die Arme.

Da Erde und Mond weiterhin im Akon-System verschwunden sind, avangiert der Mars als Hauptplanet des Sonnensystems. In Bradbury Central ereignet sich ein tödlicher Anschlag auf einen landenden Gleiter der Gon-Mekara, der neue Widerstand Condos Vasac – Erneuerung durch Wandel wird dafür verantwortlich gemacht. Harkon von Bass-Teth, der beim Transfer von Erde und Mond ins SOL-System versetzt wurde, hat sich mittlerweile mit den Gegebenheiten arrangiert und unterstützt den neu gegründeten Widerstand mit allen Kräften. Mit seinem Decknamen Krake tritt er auf dem roten Planeten in Erscheinung und unterrichtet Reginald Bull von der Rückkehr seines Freundes Perry Rhodan. Der für den unauthorisierten Anschlag verantwortliche Widerständler Louisiana deckt die Machenschaften einer Schattenregierung auf. Unter Leticron’s Oberkommando wollen zahlreiche Magnaten, Oligarchen und Lobbyisten die uneingeschränkte Herrschaft innerhalb der Milchstraße anstreben. Dafür rufen sie das Projekt Phoenix Orbital ins Leben, die Errichtung eines gigantischen Weltraumaufzugs im Marsorbit. Mit Hilfe der Krake nimmt Louisiana eine Tarnidentität als Mechaniker an und infiziert das Positroniksystem des Fahrstuhls mit einem Posbi-Schadalgorithmus. Der ausgelöste Selbstzerstörungsmechanismus beginnt sofort mit seiner Arbeit, nach gewonnenem Kampf gegen einen Gon-Mekara entkommt Louisiana mit einer Fluchtkapsel aus dem einstürzenden Bauwerk. Nach dem Absturz der Kapsel auf der Marsoberfläche entsteigt Ronald Tekener den Trümmern und schaut voller Genugtuung in den Himmel von Phoenicis Lacus, wo die Reste des zerstörten Prestigeprojektes verglühen.

Meinung

Künstlerisch kreativarm umgesetzt, begrüßt mich das Titelbild zum Staffelstart. Ein paar Walzen fliegen durch ein Asteroidenfeld, fertig ist das Cover. Für mich kein Titelbild, das ich gerne betrachtet habe und es auch sicher wieder schnell vergessen haben werde. Da erwarte ich von einem Auftaktroman deutlich mehr Einfallsreichtum. Ich hätte beispielsweise die SPEICHERSTADT gerne visuell umgesetzt gesehen. Oder Leticrons Domizil näher betrachtet, da der Despot ja schon den Staffelnamen stellt und das Cover damit seinen Stellenwert verdeutlicht hätte. Aber sei’s drum, sind ja noch neun weitere Chancen offen. Was mir diese Woche die Kunst nicht bieten konnte, macht Oliver Plaschka dafür um Längen besser.

In der norddeutschen Hanse-Athmosphäre fühlte ich mich direkt wie zu Hause. Und musste als erstes gleich an die Abrafaxe denken, Comicfiguren aus einer ostdeutschen Serie, die nahezu rhodaneske Langlebigkeit aufweisen kann. Ihre Abenteuer im historischen Rostock ließen mich, bei den vielen Anspielungen und Hommagen, in schönen Erinnerungen schwelgen. Die Umgebung der SPEICHERSTADT. trug ihr übriges dazu bei, dass dieses Wohlfühlgefühl nicht enden wollte. Auf Ceres galt das gleiche, jeder Handlungsschauplatz wurde vom Autor mit Leben gefüllt. Vor allem die bildgewaltigen Erzählungen vor Ort beeindruckten mich sehr. Die Sightseeingtour durchs Sonnensystem konnte in allen Belangen punkten.

Als Freund von Leticron wird sich wohl nur eine Minderheit der NEO-Freunde bezeichnen wollen. Auch wenn der Bösewicht seine humanen Seiten besitzt, die er in der Vergangenheit durchaus bewiesen hat, ist er dennoch ein abgrundtief mieser Drecksack. Wie sich die stetige Unterdrückung auf Reg’s Psyche auswirkt, wurde schon mehrfach angedeutet. Ich bin gespannt, was passiert, wenn bei ihm endgültig der Geduldsfaden reißt. Die unterschwellige Bedrohung macht auch mir als Leser zu schaffen. Die düstere Grundstimmung war auf jeder Seite des Romans zu spüren. Fast ist man versucht, in die Heftseiten zu steigen und dem Überschweren den Quadrathintern zu versohlen. Die Athmosphäre hat mich spürbar mitgenommen und nachhaltig beschäftigt. Puuuh, das war wirklich harte Kost und wir können uns glücklich schätzen, in einer Demokratie zu leben. Auch wenn das in manchen Schädel nicht rein passt. Ich finde die sichtbaren Parallelen zu unserer Gesellschaft ziemlich beängstigend. Einige Superreiche schließen sich zu einer Elite zusammen um dem geheimen Staat im Staate zu dienen. Zum eigenen Wohle und voller Rücksichtslosigkeit gegenüber den Mitmenschen. Das klingt sehr stark nach Verschwörungstheorie und Querdenkertum und ist simples Mittel zum Zweck, um den Leser geistig zu fordern. Zwischen den Zeilen lesen wird belohnt.

Von dunklen Gedanken zu positiveren Dingen…. Einen Sonderpreis verdient sich diese Woche ein höchst gegensätzliches Duo. In den Zitaten gebe ich noch eine kleine Auswahl zum Besten, denn was sich der Autor mit Gucky und Jessica Tekener einfallen ließ, war nicht mehr und nicht weniger, weltklasse! Das wunderbare Kreativfeuerwerk, quer durch den Roman gezogen, ließ mich mehr als einmal laut auflachen oder einfach nur wohlig grinsen. Stilistisch brilliant oder schriftstellerisch vakant? Entscheidet selbst liebe Leser und Leserinnen! Für mich war das jedenfalls ganz großes Schreibkino und ein unvergessliches Vergnügen, den beiden Duellanten zuzulesen.

Leider endete der Roman viel zu schnell, mit einem hochemotionalen Schlußpunkt, der mich sehr tief bewegte. Da war sie wieder, die gewünschte und so arg vermisste Kreativität! Ein Staffelauftakt wie aus einem Guss. Oliver Plaschka hat hier alles gegeben um sich in die Riege der Topautoren zu bugsieren. Ich jedenfalls werde „Leticron 1“ ganz sicher als einen meiner Lieblingsromane in Erinnerung behalten. Selten zuvor machte mir das springen zwischen so vielen Schauplätzen so viel Spaß. Und selten zuvor war ich dermaßen mitten drin statt nur dabei. Ein außergewöhnlich guter NEO.

Zitat des Romans

Ich bitte um Vergebung und werfe noch ein dreifaches Ave Thora obendrauf

bull zu „beichtvater“ harkon von bass-teth

Und ich schließe mich dem guten Reg ganz frech an und greife heute mal die Traditionen von Radio Freies Ertrus auf. Im O-Ton eines der beiden Gründer unseres schnuckeligen, kleinen Piratensenders….. Dazu schlagen wir die Seite 54 im Ebook auf und lesen den Dialog zwischen Jessica Tekener und Gucky:
„Die Exemplarische Instanz nimmt den Menschen buchstäblich die Butter vom Brot“, klärte Jessica Tekener den Mausbiber auf.
Guckys Gesicht verfinsterte sich: „Dann ist das eine Frage kulinarischer Brisanz.“
Jessica hielt dem Blick des hungrigen Mausbibers stand. „Dann übe dich in solidarischer Kulanz, mein Lieber!“

Wertung und Fazit

Für mich stellte das Dauergeplänkel zwischen Gucky und Jessica Tekener den absoluten Höhepunkt des Romans dar. Erfrischend kreativ schmiss Oliver Plaschka mit Unmengen an heiteren Zitaten nur so um sich. Neben diesen humorvollen Auflockerungen hielt der Roman noch eine riesige Packung Spannung und eine unfassbar toll erzählte Story im Gepäck bereit. Jeder Schauplatz wurde mit frischen Ideen und blühendem Leben gefüllt. Somit entwickelte sich eine immens dichte Leseathmosphäre. Die unterschwellige Bedrohungslage durch die Gon-Mekara konnte von Oliver Plaschka stets spürbar und glaubhaft vermittelt werden. Die Lesezeit verging somit wie im Flug. Inhaltlich war hier mehr geboten, als in manchem Doppelroman. Kurzum, für mich der perfekte Staffelstart mit emotionalem Finish der Extraklasse. Doch wo ist die negative Kritik? Ich war dermaßen in die Geschichte versunken, dass ich für mich selbst keinen erwähnenswerten Makel fest stellen konnte. Wo kein Kläger, da kein Richter. Ihr seht das anders? Schreibt mir in den Kommentaren, ich freue mich stets über andere, konstruktive Sichtweisen. Der erhobene Daumen fährt jedenfalls, wie ursprünglich für Phoenix vorgesehen, in den marsianischen Orbit auf! Harhar ihr Landratten!

Review: Perry Rhodan NEO 270 – Retter unter falscher Flagge
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