Handlung

Perry Rhodan erwacht ohne Kontrolle über seine Körperfunktionen, lediglich seine Gedanken sind frei. Der Yaanztroner Doynschto verspätet sich zum regulären Arbeitsbeginn aufgrund eines Röhrenbahnunfalls und wird von seinem Vorgesetzten Izgaat gnadenlos angezählt. Auf dem überbevölkerten Planeten Yaanzar im Kugelsternhaufen Naupaum sind Wohnraum und sozialer Status hart umkämpft. Um seinen Arbeitsplatz in der Hauptstadt Nopaloor nicht zu verlieren, muss Doynschto seine Passivquote als Zelebralpfleger in der Gehirnbank Stalakk zwingend erfüllen, als plötzlich ein ungewöhnliches Gehirn auf seinem Tisch landet. Da das gespritzte Passivmittel nicht wirkt, entschließt sich der Zelebralpfleger zur Implantierung des Gehirns in einen Probanden namens Hayvatschyt. Rhodan merkt, dass seine Sinne zurück kehren und hält Zwiesprache mit dem Besitzer des Wirtskörpers. Doynschto hilft Perry Rhodan beim Umgang mit dessen neuem Körper und klärt einige seiner zahlreichen Fragen, als Aggressorenalarm ertönt. Die Gehirnbank wird von den Rebellen der Caddron-Vaga überfallen, die ihre erbeutete Ware anschließend auf dem Schwarzmarkt der Gehirne verkaufen wollen. Auf der Flucht aus der Gehirnbank werden Perry und Doynschto von Lexayny aufgehalten. Die Arbeitskollegin hegt angeblich Gefühle für Doynschto und gelobt Verschwiegenheit gegenüber Izgaat.

Rhodan und Doynschto entkommen durch einen Müllentsorgungsschacht. Lexayny wird aus ihrem Versteck befreit und verrät ihren Kollegen Doynschto sofort bei Izgaat, um dessen soeben frei gewordene Stelle zu ergattern. Über einen Transmitter entkommen Perry und sein neuer Freund in die Katakomben des Planeten. Sie glauben sich vorerst sicher, doch die Kopfgeldjägerin Torytrae entdeckt die beiden und eröffnet die Jagd. Ceynach Rhodan ist für sie ein interessantes Studienobjekt und somit entschließt sich die Yuloc, ihre Beute vorerst lediglich zu beobachten. Die Flucht führt das Duo zum Nyschatsch, dem grauen Markt. Perry ersteht einen Datenkristall mit Galaxienkarte und ihm wird bewusst, dass er im 43 Millionen Lichtjahre von seiner Heimat entfernten Kugelsternhaufen M87 materialisiert ist. Auf einem tiefer gelegenen Nyschatsch finden die beiden unermüdlichen Streiter in dem Kalphyrer Zamor Ebbebrecht einen Kapitän mit Premat und Schiff. Die Spelze Ceddy stiehlt ihren Kuschta-Kristall mit sämtlichen Ersparnissen Doynschtos. Als Perry die Diebin schließlich fangen kann ist der Kristall verschwunden, dennoch verschont der Terraner das Leben des Kindes. Sehr zum Ärger seines einheimischen Begleiters, der Perry über den Wert des Lebens in Naupaum aufklärt. Um die Ausreise bezahlen zu können, entschließt sich Perry zur Teilnahme am Keyskett. Er gewinnt seinen Kampf und verschont den Gegner mit seinem Leben, was ihm Respekt bei allen Anwesenden einbringt, aber auch eine niedrigere Kampfprämie.

Über Transmitter gelangen Doynschto und Perry Rhodan an die Oberfläche des Planeten, da der Zelebralpfleger die noch fehlende Kuschtasumme auftreiben muss. Der Raytscha Antorschok, oberster Herrscher des Planeten, lässt sich in einer Prozession durch die Straßen tragen. Er entgeht einem der regelmäßig stattfindenden Anschläge knapp, Perry wird in den aufgebrachten Besuchermassen unbeachtet niedergeschlagen und verschleppt. Der Nadraaner Galko Tschem, ein einflussreicher Unterweltboss, will Rhodans Gehirn als weiteres Ceynach in seiner Sammlung. Bis der angeheuerte Zelebralpfleger eintrifft, der das Gehirn des Terraners entfernen soll, wird er in eine Gefängniszelle gesteckt. Als er sicher bereits mit der Situation abgefunden hat, sägt jemand seine Gitterstäbe auf und der Terraner kann entkommen.

Die Ceynach-Jägerin findet derweil wieder ihre Jagdobjekte und greift offen an. Doynschto und Perry erhalten unverhofft HIlfe durch Ceddy. Diese offenbart Rhodan, dass sie sein heimlicher Schutzengel gewesen ist, da er zuvor ihr Leben verschont hatte und ihre Lebensbänder fortan verknüpft seien. Perry übergibt Ebbebrecht die Beförderungsgebühr und bekommt Instruktionen für den Abflug. Ein Raumschiffstart ist auf Nopaloor immer eine riesige Publikumsattraktion, der komplette Raumhafen ist total überlastet und verstopft. Perry und Doynschto stecken in den Massen fest, als Torytrae die Menge teilt und sich siegesgewiss vor ihnen aufbaut. Doch erneut werden sie von Ceddy gerettet, die sie in ein Geheimversteck lotst. Das Raumschiff startet ohne sie, die Flucht vor Torytrae ist dennoch vorerst geglückt. Ceddy stellt den beiden Flüchtenden ihre Helfer vor, die Oppositionellen der Caddron-Vaga. Als Gegenleistung fordert Anführer Kavak-Senn von Perry Hilfe bei der Zerstörung des Pasch-Okan ein.

Meinung

Brainstorming deluxe. Falls die Relationen des Covers stimmen, kann man mit diesem Monsterhirn sicherlich auch einem SENECA Konkurrenz machen. Farblich gewohnt stimmig und mit einem der neuen Charaktere im Vordergrund, wird eine neue Staffel bei NEO eingeleitet. Optisch schöner Start in die Odyssee. Wenn auch mit kleinen Unstimmigkeiten in der Körperbeschreibung, speziell der Hände des Yanztrooners. Dennoch sehr ansehnlich.

Ich denke also bin ich. Descartes steckte sicherlich nicht in einem fremden Universum fest. Kam mir aber dennoch als erstes in den Sinn, als ich Perry Rhodans verzweifelte Situation gedanklich nachvollziehen wollte. Die Frage nach dem Tod ist die einzig nahe liegendere. Ansonsten ist seine Lage wohl eine der schrecklichsten Visionen, die einen Menschen einholen können. Lucy Guth gelingt es, die aufkeimende Panik hervorragend an die Leser weiter zu geben. Die Erfahrung mit einem Extrasinn hätte sich Perry wahrscheinlich auch ersparen mögen. Mir haben die Zwiegespräche mit Hayvatschyt jedenfalls sehr behagt. Gute Mischung aus Humor und abwechslungsreicher Unterhaltung.

Prachtstück des Romans ist für mich aber definitiv der Weltenbau und der damit verbundene Sense-of-Wonder Overkill. Stimmig und jederzeit geistig vorstellbar, entstanden in meinem Kopf die perfekten Bilder zur jeweiligen Location. Neben Stunden und Tontas gibts nun die Liss als neue Maßeinheit. Wirtschaft und Politik der Galaxie werden erzählerisch ebenso geschickt eingebunden. In einer Fragen- und Antwortrunde zwischen Perry und Doynschto, spielen sich die beiden die Bälle immer wieder geschickt zu und erklären dem Leser somit die Welt. Wie sie sicherlich nicht jedem gefällt, einschließlich Perry Rhodan, in dessen Haut ich nach der Standortbestimung in M87 nicht stecken möchte. Unfassbar weit von zu Hause entfernt, von Thora und seinen Kindern. Eigentlich ein Supergau. Der Erzählfluss wird dabei übrigens in keinster Weise gestört. Perrys neuer „Extrasinn“ macht mir viel Freude. Die sozial prekäre Lage der Einwohner von Nopaloor schildert Lucy Guth übrigens, ironisch direkt, in einem Satz gleich zu Beginn:

Seine geräumigen zwei Zimmer im vierundreißigsten Stockwerk musste er mit niemandem teilen…

Seite 10 E-book

Durch die Überbevölkerung zählt das einzelne Individuum gar nichts. Nur durch Leistung ist der Einzelne in der Lage, sich mit ausreichend Nahrung zu versorgen und in einem angenehmen Umfeld zu residieren. Ständige Angst vor dem Jobverlust und dem abrutschen im sozialen Status bestimmt das Leben der Bewohner von Naupaum. Kein Wunder dass Verrat ein probates Mittel ist, um persönliche Ziele zu erreichen. Aber ist das unter diesem Aspekt überhaupt verwerflich?! Erschreckend realistische Zukunftvision, wie ich finde. Gewohnt stimmig umgesetzt fürs NEOversum, mit dem erhobenen Zeigefinger an die Politik.

Doynschto fasziniert mich von Beginn an. Die Figur wurde an Gregor Samsa angelehnt, eine Schöpfung Kafkas in „Die Verwandlung“. Als Transmittergegner nimmt er lieber die unzuverlässige Röhrenbahn in Kauf und einen damit verbunden Arbeitsplatzverlust. Rational gesehen ist der Angriff der Rebellen eine regelmäßige Angelegenheit und hat oftmals keine Folgen für die Angestellten. Zumal es dafür ausgewiesene Schutzräume gibt. Warum Doynschto also das Wagnis eingeht und Perry Rhodan hilft, obwohl er damit seinen sozialen Status verliert, bleibt dem reibungslosen Fortlauf der Story geschuldet. Ein vielseitiger Charakter, der uns vermutlich durch die komplette Staffel begleiten wird.

Die Jägerin Torytrae ist zwar mit einem brutalen Auftrag ausgestattet, wirkt dennoch sehr „menschlich“ auf mich. Sie studiert ihre Objekte erst ausgiebig und findet Gefallen daran, mehr über ihre beiden Opfer zu erfahren. Sie hat ihren großen Auftritt wohl schon im Folgeband, der Ceynach-Jägerin. Dort wird der Charakter hoffentlich wieder eine meiner geliebten „Kurzbiographien“ bekommen. In der Erstauflage ist Torytrae übrigens männlich, das wurde vom Exposé bewusst für NEO geändert (Quelle: Live-Lesung Lucy Guth vom 13.06.22). Wie die ZuhörerInnen dort ebenfalls erfahren konnten, ist die Spelze Ceddy eine Schöpfung der Autorin. Und diese kleine Spelze hat es faustdick hinter den Ohren. Nicht nur wegen ihrer Schlagfertigkeit im Dialog, sondern weil Ceddy deutlich verkörpert, was aus menschlich ethischer Sicht in Naupaum schief läuft. Empfängnisverhütung ist verpönt und steht unter Strafe. Die vielen ungewollten Kinder wiederum zu töten, wird als Dienst an der Gesellschaft gesehen, das das gigantische Problem der Überbevölkerung damit gemildert wird. Was für eine Horrormoral! Darüber wird noch zu reden sein.

Da es sich um einen Auftaktroman handelt, der zudem Neulesern einen reibungslosen Einstieg in die Serie leicht ermöglichen soll, sind natürlich massig Informationen zu verarbeiten. Alleine die vielen neuen Völker in M87 sind kaum in einem einzigen Roman unter zu bringen. Was die Autorin allerdings versucht und damit den Bogen etwas überspannt hat. Weniger ist mehr. In diesem Fall hätte ich mir das gewünscht, den das war schon leicht verwirrend. Ebenfalls etwas verwirrend waren auch die Überlegungen in Selbstgesprächsform. Diese kurzen Kapitel wurden immer wieder in den Roman eingestreut. Bei unserer Livelesung, die auch zeitnah als Konserve in Podcastform zu hören sein wird, klärte die Autorin auch dieses kleine Verwechslungsspiel auf. Hört gerne mal rein! Und kommentiert natürlich auch gerne unter diesen Artikel oder bei Social Media, wie euch meine Rezension gefallen hat. Ich würde mich, wie immer, sehr freuen!

Zitat des Romans

Grundgütiger, wenn mir jemand vor einer Woche gesagt hätte, dass ich heute an einem unbekannten Ort im Universum sitzen und Hirn-Small-Talk halten muss…

perry rhodan, in gedanken

Wertung und Fazit

Humorvoll, spannend und massig Sense of Wonder. Der neue Handlungsort wurde dank tollem Weltenbau schnell etwas weniger fremd. Bleibt aber gewöhnungsbedürftig, freilich beabsichtigt. Fremdenführerin Lucy Guth erledigt ihren Job mit Bravour und führt durch unzählige Dungeons mit verwirrend vielen Spezies. Torytrae und Doyntscho als neue Hauptcharaktere haben mich von Beginn an überzeugen können, ich hoffe auch ein paar ausführliche Einblicke in deren persönliche Vergangenheit. Ebenso in Ceddys Lebensgeschichte, denn die Eigenschöpfung der Autorin ist eine faszinierende Figur und ich möchte mehr über sie erfahren. So wenig mich Naupaum in der Erstauflage begeistern konnte, umso mehr fühle ich mich in NEO-M87 wohl. Hier brauchte ich mir nicht groß das Hirn zermartern über meine Wertung, der Doppeldaumen geht klar nach oben.

Review: Perry Rhodan NEO 280 – Fremder als fremd
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2 Gedanken zu „Review: Perry Rhodan NEO 280 – Fremder als fremd

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