Handlung

Auf dem Planeten Palor wird die ehemalige Besatzung der TOSOMA gefangen gehalten. Im Verhör wird die Hundertschaft immer weiter dezimiert, weil die rechte Hand des Regenten den Standort der Erde in Erfahrung bringen will. Sharmila Jain versucht, die bevorstehende Exekution ihres geliebten Mahesh Hélder zu verhindern, indem sie gegenüber Stiqs Bahroff als Verräterin auftritt. Dieser wittert aber den Verrat und lässt Sharmila abführen, was zu Aufständen der Gefangenen führt. Hélder wird daraufhin von Ak-Chale, einem amöbenartigen Urwaldbewohner von Palor, öffentlichkeitswirksam exekutiert und sein Geist geht in dem Sternenbiest auf. Sharmila erregt zu viel Aufmerksamkeit bei der Hand des Regenten und wird schließlich ebenfalls von Ak-Chale absorbiert. Zuvor erhält sie noch eine sonderbare Botschaft eines Wächters, dass die verbliebenen Gefangenen Unterstützung bekommen sollen. Im Geist von Ak-Chale aufgegangen, übernehmen die beiden alle körperlichen Funktionen der Amöbe und bringen die Schutzwände zum Einsturz, was auch zum Start der palorischen Revolte gegen ihre Besatzer führt. Ak-Chale entkommt in die Freiheit.

Die TIA’IR trifft mit Perry Rhodan, Atlan, Crest, Belinkhar und Chabalh am Leuchtfeuer Hela Ariela ein. Dort buchen sie eine Passage nach Thantur-Lok und müssen eine Bordinspektion der Lotsen über sich ergehen lassen. Durch das Auffinden einer verbotenen Substanz misstrauisch geworden, lässt der Anführer Khe’Rhil die als Gha’essold getarnte Gruppe nicht mehr mit dem nächsten Konvoi starten. Perry Rhodans vermeintlicher Schatzsuchertrupp wird nach Tinios transferiert, um in der Halle der Endlichen Nacht den Sternengöttern huldigen zu können, was ihrer Tarnung zuträglich ist. Perry Rhodan wird vom Geistwesen Anetis geprüft und Khe’Rhil erhält daraufhin Anweisung, Rhodan und seinen Begleitern eine vorzeitige Weiterreise zu ermöglichen. Atlan nutzt unterdessen seine Chance und setzt sich für eine Einzelmission vom Rest der Gruppe ab, deren Ergebnis er vor allen anderen aber geheim hält.

Der zurück an Bord gebliebene Crest bekommt ungebetenen Besuch von bareonischen Gha’essold, deren Interesse an der TIA’IR geweckt wurde. Den unithischen Plünderern gelingt es, ein Abschirmfeld um die TIA’IR zu legen, wodurch der Notruf von Crest nicht abgesetzt werden kann. Crest scheitert beim Versuch, den Schirm abzuschalten und wird bei seinem Streifzug durch das Sportschiff von den Unithern eingefangen. Khe’Rhil bringt Perry Rhodan und sein Team zurück auf sein Schiff, wo das bareonische Schiff gerade abdockt und blitzschnell flüchten kann. Mit Crest an Bord. Er hinterlässt Perry Anweisungen, wie sie die Epetran-Archive erfolgreich infiltrieren können, um die Erde vor dem Imperium zu schützen. 178 Schiffe materialisieren im System. Der Tross des Regenten ist eingetroffen. Dem wollte Anetis unbedingt zuvor kommen.

Meinung

Einen echten Augenschmaus am Titelbildhimmel gibt es bei Verena Themsens erstem und einzigem NEO zu bestaunen. Da die Perry-Rhodan-Technikexpertin aber nur in ihrer spärlichen Freizeit schreibt, blieb es bei diesem einen Gastroman. Optisch belohnt wird der Betrachter mit einer tollen Farbpalette an verschiedenen Blautönen. Diese treffen auf eine surreale Szene mit dem terranischen Beatboxer Hélder im Fokus. Er bekommt es in seinem letzten körpereigenen Tanz mit der Urwaldamöbe Ak-Chale zu tun, gegen deren Pseudopodium er unterliegt und in der Sternenbestie aufgeht. Eine authentische Buchszene, die mir die Geschichte visuell näher gebracht hat. Absolut mein Fall und deshalb schon mal ein Daumen hoch für das Cover.

Beatboxer?? Ja, richtig gelesen. Der tragische Held der Nebenstory hieß Mahesh Hélder und war ein Meister seines Faches. Die Virtuellviolistin Sharmila hatte sich ursprünglich nur an Bord der TOSOMO eingeschrieben, um ihn zu einer künstlerischen Zusammenarbeit zu bewegen. Was sich liebt das neckt sich. Gilt für diese Geschichte im speziellen und was bleibt, ist eine ziemlich vorausschaubare, aber auch ziemlich erotische Anbandelei. Ohne Happy End. Verena Themsen hat da nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt und mir auch manches Grinsen entlockt. Trotz der Dramaturgie. Leider war dem Pärchen kein Happy End vergönnt. In einer unfreiwillig komischen und ziemlich bizarreren Szene, nahmen beide voneinander Abschied. Der Beatboxer ließ ein letztes Mal sein Talent erklingen und Sharmila tanzte nochmal für ihn. Wie gesagt, ziemlich bizarr. Gerade der Gefangenen-Teil der Erzählung schlug mir dabei heftig aufs Gemüt.

Ein paar offenkundige Unlogiken sollten die Leser*innen wohl aufs Glatteis führen. Diese baute die Autorin sehr geschickt ein und ließ die Protagonisten im Anschluss höchstselbst mit schlüssigen Erklärungen aufwarten. Gefiel mir gut. Ziemlich genau in der Heftmitte bin ich dann über die Erwähnung eines Hantelraumers gestoßen, der auf eine Passage wartete. Ein kleines Easteregg mit SOL-Beschriftung. Um die Wartezeit auf die Passage zu verkürzen, wird den Reisenden vom Anführer der Lotsen nahe gelegt, den Göttern auf Tinios zu huldigen. Der an Bord verbliebene Crest erfährt über eine geheime Botschaft in Endlosschleife, die im Artefakt von Trebola gespeichert ist, dass seine Ziehtochter Thora in Gefahr ist. Callibso ist der Absender. Gucky befindet sich auch in Lebensgefahr durch mysteriöse Puppen. Diese Nachricht wird in naher Zukunft noch für einigen Wirbel sorgen, so viel sei gesagt. Atlan macht Rhodan derweil deutlich, dass er sich von ihm nichts sagen lässt. Der interessante Dialog verliert auf dieser Ebene, gegenüber dem Gespräch zwischen Stiqs Bahroff und seiner zum Tode verurteilten Gefangenen Sharmila Jain, ganz deutlich. Die Abschiedsszene zwischen dem unfreiwilligen Zellaktivatorträger und der Terranerin jagte mir Gänsehaut über den ganzen Körper. Die terranische Spottdrossel richtet noch ein paar epische Schlussworte an die Mitgefangenen. Wahnsinnig immersiv geschrieben (siehe auch Zitat des Romans).

Atlan zeigte Perry dessen Grenzen deutlich auf. Der Arkonide wies klar darauf hin, dass die beiden noch kein so gutes Verhältnis zueinander haben, dass Perrys Meinung für ihn relevant wäre. Beeindruckend für mich war, dass er gleichzeitig auch erkannte, dass der Terraner als Anführer der Gruppe angesehen wurde und er sich diesem Umstand in Folge diskussionslos beugte. Die Rolle von Perry Rhodan im großen kosmischen Spiel fiel also auch dem adeligen Beuteterraner recht früh auf. Das Verhältnis der beiden war zu diesem Zeitpunkt noch merklich unterkühlt und sollte auch in den Folgejahren zu keiner solch innigen Freundschaft gedeihen, wie in der Erstauflage. Ein klarer Unterschied der beiden Serien. Dass Atlan sein eigenes Süppchen auf Tinios kochte, ohne Perry ins Vertrauen zu ziehen, war deshalb nur konsequent weiter erzählt. Grundsätzlich gefiel mir die Charakterisierung der Hauptpersonen richtig gut. Verena Themsen hat da einen Nerv getroffen.

Crests Reaktion auf die Kaperung durch drei bareonischen Gha’essold, kann bei mir nicht überzeugend an. Der uralte Arkonide reagierte unglaubwürdig naiv auf den Besuch an Bord der TIA’IR. Als wenn er nicht wirklich damit gerechnet hätte, dass die echten Piraten einen lapidaren Trumpf wie ein Abschirmfeld ziehen könnten. Das passt nicht zum Erfahrungsschatz von Crest. Sein Zellaktivator aus Gold wurde zum Hauptaugenmerk der folgenden Handlung. Für mich keine Überraschung. Bei Crests Flucht durchstreift er laut Erzählung eine große und hohe Halle voller Maschinen, mustert seine Umgebung und versteckt sich unter riesigen Speichereinheiten. Für mich ein ebenso riesiger Widerspruch zum Vorgängerroman, wo sich die Protagonisten noch mit der räumlichen Enge auf dem Sportflitzer auseinander setzen mussten. Ich denke hier wurde nicht gut kommuniziert. Entweder zwischen den Autoren oder von Exposéseite her. Auf mich wirkte die Darstellung eher so, dass wir uns auf einem kleinen Kugelraumer befanden. Im Datenblatt der Perrypedia finden sich Angaben über Breite (15 bis 35 Meter) und Länge (90 Meter), die mit den Beschreibungen von Crests Versteckspiel an Bord korrelieren. Ak-Chale entkommt letztlich mit dem Pärchen „an Bord“. Crest wird von bareonischen Unithern entführt und hinterlässt Perry ein Geschenk. Mir gefielen beide Enden.

Zitat des Romans

Ein Imperium, in dem man keine Wunder mehr versteht, ist nicht wert, dass man ihm unsere Kultur zeigt. Es muss erst geheilt werden!

sharmila jain zu stiqs bahroff, der ihr daraufhin blasphemie vorwirft und sie tags darauf auf befehl seines herrn von ak-chale absorbieren lässt

Eine starke Frau geht in dem Bewusstsein in Ak-Chale auf, dass ihre Mitgefangenen gerettet werden würden. Dieser Dialog beschäftigte mich nachhaltig und bleibt mir als ganz große Stärke des Romans in Erinnerung.

Fazit und Wertung

Eine unerwartet große Portion Sense of Wonder verteilte sich über den gesamten Roman und schuf für mich eine bildstarke Umgebung, in der ich gerne meinen Geist umherstreifen ließ. Ergänzt von großartigen Charaktereinblicken bei Crest, Atlan und Perry. Mit einigen tiefgründigen Dialogen, die vor allem das Verhältnis zwischen Atlan und Perry klarer einordneten. Umrahmt von der titelgebenden Nebengeschichte um das Sternenbiest Ak-Chale, die mich auf mysteriös fantastische Weise für sich vereinnahmen konnte. Die beiden Hauptdarsteller Mahesh Hélder und Sharmila Jain tanzten sich nachhaltig in mein Gedächtnis, dank ihrer extravaganten Kunstdarbietungen. Es gab schon Autoren, die ihre Figuren damit eher der Lächerlichkeit preisgaben. Nicht so Verena Themsen, deren Einwegcharaktere eine herrlich tragische Lovestory im Ambiente von Tribute von Panem erleben durften, inklusive dauerhaftem geistigen Fortbestand in einer Amöbe. Ein seltsames Happy End, das aber aufgrund seiner Kreativität doppelt bei mir punkten konnte. Neben ein paar unlogischen Entscheidungen von Crest und widersprüchlich beschriebener Größenverhältnisse auf der TIA’IR, kann ich mich auch in diesem Erzählstrang über mangelnden Unterhaltungswert nicht beklagen. Das Zusammenführen der drei Erzählstränge gelang indes erfrischend harmonisch und gipfelte in zwei Enden, die ich als sehr kreativ empfand. Verena Themsen hätte nach diesem einmaligen Gastspiel gerne noch einen weiteren NEO schreiben dürfen. Schade, dass dem nicht so war. Nach zahlreichen Erstauflageromanen der Technikchefin bleibt für mich festzuhalten, dass ausgerechnet dieser Roman mein bisher liebstes Werk von ihr ist. Möglicherweise auch deshalb, weil ihre Profession so gar nicht aus ihrer Erzählung herauszulesen war. Vier von fünf Pseudopodien verbleiben auf Palor.

Review: Perry Rhodan NEO 46 – Am Rand des Abgrunds
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