Handlung
Der Nakkenangriff auf Perry Rhodan kann medizinisch unterbunden werden und bleibt vorerst rätselhaft. Im Lakeside Institut bleibt die Analyse des Nyrr’Vahl zunächst erfolglos, als sich dieser plötzlich öffnet und die Dunkelheit einbricht. Kurze Zeit später sind über 80 Jahre vergangen und der Chronospezialist Aurem Dayn klärt Perry Rhodan über die Folgen des Quantenwinters auf. Eric Leyden war zwischenzeitlich verstorben und die Zeit hat verlernt zu gehen. Der Quantenfrost brachte die Menschheit an den Rand der Auslöschung und nur wenige hatten überlebt. Offenbar befindet man sich aber in einer Quantenblase, einer Art möglicher künftiger Realität, die über 80 Jahre in der Zukunft dessen liegt, was eine Minute zuvor noch für Perry und seine Entourage gegolten hatte. Der seit dem Quantensprung vergangene Zeitraum galt auch für das Fernbleiben des Nyrr’Vahl, der nun in einer Wüste lokalisiert werden kann. Perry, Thora und Gucky begeben sich zu dritt auf Mission. Jahrhundertgenie Aurem Dayn wird von einem Echo überrollt, das ihm den unausweichlichen bevorstehenden Tod eines Unsterblichen vorhersagt.
Aufgrund der mittlerweile unzuverlässig gewordenen Technik, entscheiden sie sich beim weiteren Vordringen für ein antiquiertes, mechanisches Fortbewegungsmittel in Form einer alten, handbetriebenen Medorikscha. In den äußeren Industriebereichen von Terrania begegnen sie einigen mysteriösen Kindern, als Linya vortritt und alle zum Schweigen bringt. Thora hatte sie 81 Jahre zuvor in ihrer Kabine gesehen und sich unmittelbar an eine Inkarnation ihrer Tochter Nathalie erinnert gefühlt. Ihre neue Führerin bringt sie in die Wüste, wo ein Raumschiff der Kelosker gestrandet ist. In Videoaufzeichnungen werden sie Zeuge des Abschusses, der von aggressiven terranischen Schiffen vollzogen wurde. Thora erhält die Antwort auf das längere Schweigen ihres Extrasinns in Form des toten Keloskers Varnox, dessen Gedankenparasit sich in Thora einnistet und sie unversehens 81 Jahre zurück in die Vergangenheit katapultiert. Und mit ihr alle anderen. Alles auf Anfang. Die erwachsene Linya beruhigt das Nyrr’Vahl und damit die Wirkung des Imprint. Dafür lässt sie ihr Leben und die lokale Blase ist zum großen Teil von der Oxypaminsucht befreit und kann sich einmal mehr um den Wiederaufbau bemühen.
Meinung
Ein dystopisches, düsteres Katastrophenszenario erwartete mich beim betrachten des Taschenheftes. Mit Thora und Perry als Hauptdarstellern. Die Deutsche Post hatte es geschafft, mittwochs und zugleich vor einem Feiertag, meine Perrys überpünktlich zuzustellen. Kommt seltenst genug vor und somit hatte ich das Vergnügen mit diesem grandiosen Titelbild schon einen Tag vor offizieller Veröffentlichung des Ebooks. Einmal mehr im Comicstyle gehalten, blicken mir zwei Gesichter entgegen, denen ihr Kampf ums überleben anzusehen ist und körperlich offensichtlich alles von ihnen abverlangt. Umso gespannter war ich dadurch auf’s große Finale, das Terra in eine ungewisse Zukunft führen sollte. Das an sich war keine Überraschung. Die großen Überraschungen erhoffte ich mir im Romanverlauf. Da nach dem, in puncto Finalvorbereitung, eher weniger ergiebigen Vorfinale von Jaqueline Mayerhofer, ein gewaltiger Informationsblizzard zu erwarten war. Der Sturm zog langsam auf am Horizont.
Aber erst mal gab es auf Seite eins direkt eine Widmung vom Autoren an den viel zu früh von uns gegangenen Rainer Schorm. Schmerzlich vermisst im Fandom, geliebt von Freunden und Familie. Man kann nur erahnen, wie viel dieser wunderbare Mensch unserem Expokraten bedeutet hat. Mit Tränen in den Augen begann ich zu lesen und bewunderte den perfekten Übergang zwischen letztem und dem aktuellen NEO. „Terrania – Einheit in Vielfalt“, ein wunderbarer Slogan und ein erstes politisches Statement. Atlans epischer Ausraster auf der, nach dem Nakkenangriff angesetzten Besprechung, war nur ein aufuffender Effekt eines ganz und gar hervorragenden Kapitels. Dialogtechnisch zudem erste Sahne. Abgerundet vom Gemüseso-uff-lè um Gucky und seine kulinarische Einbahnstraße. Und als ich nun dachte, es geht gemächlich weiter, sollte ich schnell eines Besseren belehrt werden. Der Winter kam. Und wie! Eine körperumfassende Eiseskälte breitete sich in mir aus. Ufftata, das Nyrr’Vahl war frei und die Gedanken auch, die mich herrlich frösteln ließen. Keine Ruhepause. Schlag auf Schlag ging es weiter. Thora begegnet Linya alias Nathalie. Oder doch nicht? Bibber. Was war nur los hier?! Ein formidabler Auftakt versprach ein absolutes Lesehighlight.
Rüdiger Schäfer gab sich sichtlich Mühe, die breite Lesermasse zu begeistern. Von ausführlichen Berichten rund um den Quantenwinter gab es für Dystopiker ausreichend Futter zum Hände reiben. Schon kurz vor der Romanhalbzeit hatte ich mehr als genügend Zitate gesammelt, dass ich mich erst kaum entscheiden konnte, welches ich stellvertretend aufführen sollte. Zu Ehren von Rainer fiel die Entscheidung beim anschließenden Grübeln dann doch recht fix. Auch wenn das herzergreifende Liebesgeständnis von Thora an Perry emotional nur minimal dahinter lag. Ein wahres Zitatefeuerwerk. Passend zu meinem inneren Lesefest wurde ich auf Seite 71 tiefengeschockt. Pararealitätsforscher, Jahrhundertgenie und – vermutlich – Leydennachfolger Aurem Dayn überrollt eine Vision / Echo / Zukunftsvariante. Ein Unsterblicher wird bald vergehen. Nicht nur in einer möglichen Zukunft, sondern ganz gewiss. Endgültig. Finito. So mit Spiralgalaxie am Himmel und so. Volles Programm halt. Ein harter Cliffhanger. Und natürlich wurde darüber erst mal kein weiteres Wort mehr verloren. Ich prangere solche fiesen Leserquälereien an! Spannungsniveau unfassbarlich! Wären es draußen nicht sowieso schon um die 30 Grad im Schatten gewesen, hätte ich spätestens jetzt das Schwitzen angefangen. Halbzeitbilanz: Brillanter NEO mit Aussicht auf die Hall-of-Fame Terrania.
Mich brachte die melancholisch düstere Stimmung zwischenzeitlich fast zur Verzweiflung, zumal Aurem Dayn mit seiner Todesvision auch einen weisen Spruch im Gepäck hatte. Sätze wie „Wer durch die Zeit geht braucht Mut, sonst stolpert er über jeden einzelnen Tag“ münzte ich immer in Gedanken als Hommage an Rainer Schorm um. Gucky wiederum agierte als bekannte Quelle der Heiterkeit und setzte einen wohltuenden Kontrast dagegen. In Kombination allerbestes Schreibkino. Die komplette Winterreise wirkte auf mich so surreal wie die unvermittelte Rückkehr in die Gegenwart. Alles auf Anfang! So geht das nicht! Ihr haltet den ganzen Laden auf! Ich höre den Regisseur im Hintergrund brüllen. Natürlich war mein Spekulationskarussell damit angestoßen und ich hatte tatsächlich Thora als Unsterblichenopfer im Verdacht. Oder das alles galt nur im übertragenen Sinne. Thora würde aufgrund ihres recht jungen Extrasinns den Parasit von Varinox aufnehmen und damit gewissermaßen selbst aufhören zu existieren. Ergab sich Rüdiger Schäfer gar irgendwelchen dunklen Gedankenspielen und würde ausgerechnet seinen Liebling Thora aus der Serie schreiben? Aus purer Wut und Verzweiflung? In mir wallten dunkle Vorahnungen auf. Noch waren vierzig Seiten Zeit, den Roman nicht auch noch mit Horrorelementen zu spicken.
Das erledigte dann letztlich Linya für mich. Mit ihrem traumhaften Gesang befriedigt sie gewissermaßen das Nyrr’Vahl und verhindert sachkundig die Gefahr, die von diesem Artefakt ausgeht. Dafür gibt sie ihr Leben. Erneut Gänsehaut. Ein weiteres Uff. Zählt noch jemand mit? Ich hab es aufgegeben. Das Mutter-Tochter-Duo Linya und Thora…. Nathalie in Reunion und Thora als emotionales Nervenbündel daneben…. damit verbunden die Extrasinn-Idee, einfach nur wow. Am Ende lässt der Autor offen, ob sich das Schicksal um den Tod eines Unsterblichen in Atlan bereits erfüllt hatte oder die Zukunft noch böse Überraschungen bereithalten würde. Ein hoffentlich nicht ewiger Cliffhanger in NEO-Form. Zumindest darf Thora – vorerst? – weiterleben. Ein erleichtertes x-tes Uff entfleuchte mir und meine zitternden Händen ließen das Taschenheft erleichtert sinken. Ende. Aus. Ich habe fertig. Garching durfte kommen….
Für einen kostbaren Moment schien es, als würde selbst das Schicksal akzeptieren, dass nicht alles, was zählte, irgendwann vergehen musste. Auf dich Rainer! Prost!
Zitat des Romans
Nur wer wahrhaftig fühlt, was verloren gegangen ist kann dabei helfen, es eines Tages wiederzufinden
…wenn auch im Jenseits, so werden wir irgendwann alle wieder vereint sein
Fazit und Wertung
Bereits nach wenigen Seiten fühlte sich der Roman wie ein Liebesgeständnis an die NEO-Serie an. Jeder Leser sollte ganz offensichtlich begeistert werden und das gelang auf so vielen Ebenen vollumfänglich. Emotional einer der immersivsten, naturwissenschaftlich einer der wertvollsten, dialogtechnisch einer der tiefgründigsten, figurentechnisch einer der authentischsten und serientechnisch einer der heftigsten Lesemomente seit langer Zeit für mich. Besonders möchte ich noch die wunderbar melancholisch, philosophische Grundstimmung hervorheben, die mich romanumspannend immer wieder angenehm frösteln ließ. Innerhalb der gesamten NEO-Historie hatte ich selten so flächendeckend Gänsehaut. Selbstverständlich bleibt der, in meinen Augen, beste Roman von Rainer Schorm (NEO 339), legendär und wertungstechnisch unerreichbar. Diese Feststellung wird sicher ganz im Sinne von Rüdiger Schäfer sein. Was aber nicht bedeutet, dass sich nicht zwei Autoren das Treppchen teilen können 😉 Innerhalb der Staffel kann ich zumindest ein ganz klares Urteil fällen: Ein Quantenversum Vorsprung auf die Verfolgerromane und damit verschenke ich fünf von fünf quantenresistente Schneeflocken, die ich im Kühllaster nach Leverkusen schicke. Danke für einen ganz ganz tollen Roman!
Staffelfazit
Für mich begann die Staffel interessant, aber mit gewissen Befürchtungen, die sich zum Glück nicht erfüllten. Die Staffel wurde erheblich von ihren hervorragenden Einzelromanen geprägt. Bis auf die Reise nach Tynar habe ich dabei alle genossen. Rein thematisch war das genau meine Vorstellung von guter Unterhaltung. Und in Anbetracht der Tatsache, dass wir unterwegs einen geschätzten Menschen zurücklassen mussten, gelang die Hafeneinfahrt ohne nennenswerte Zwischenfälle. Mit dem Staffelfinale wurde der Serie ein großer Gefallen getan. So viel Hingabe liest man nicht alle Tage. Vom reinen Impact und Unterhaltungsgrad würde ich IMPRINT im oberen Mittelfeld einordnen. Stellenweise fehlte ein wenig der Drive. Es musste aber auch viel Personal ersetzt werden, das halte ich dem Exposé zu Gute. Und für das Andenken, das Rüdiger seinem Kollegen und Freund auf ewig hinterlassen hat. Für mich acht von zehn wirkstofffreie Ilixiere mit Blutorangengeschmack bitte!
Rezensionen wie diese liest man natürlich gern – zumal ich aktuell nach einer Hernien-OP am Nabel noch im Leverkusener Klinikum liege (morgen darf ich aber nach Hause; es ist alles gut verlaufen). Da bringen solche Zeilen ein paar zusätzliche Genesungspunkte.
Insofern vielen Dank für die Blumen. Die letzten Monate waren alles andere als einfach – und den Roman habe ich ohne jeden Input von Rainer mit einem Not-Exposé verfasst. Wir hatten das Finale noch nicht im Detail besprochen, und die Idee mit der potentiellen Zukunft kam mir erst spät. Rainer hätte das alles sicher anders gelöst, aber leider war an seine Dateien nicht heranzukommen.
Insofern freut es mich ganz besonders, dass der Text so gut aufgenommen wurde. Hier und da hatte ich beim Schreiben schon einen Kloß im Hals, zumal ich bei der NEO-Arbeit zwangsläufig immer wieder an meinen verstorbenen Expopartner erinnert werde. Immerhin: Ab Band 370 bin ich nicht mehr allein!
Im Moment sitze ich an NEO 369 – und damit an einem Roman, auf den ich mich schon lange gefreut habe. Er behandelt ein wahrhaft „kosmisches“ Thema und ich bin sehr gespannt darauf, wie er aufgenommen wird. Eine große NEO-Ära neigt sich dem Ende entgegen und eine noch größere Ära dämmert am Horizont herauf. Da wird dann auch der neue Expokrat ganz sicher seine Spuren hinterlassen und frische Impulse geben …
Allerbeste Genesungswünsche aus dem Spessart!
Dass dich der liebe Kai ab Band 370 unterstützt, haben wir beim GarchingCon sehr positiv aufgenommen. Da sich die liebe Christina am Ende des Panels Richtung Bianca und mir gewendet hatte, hast du mir auf meine sehr emotionale Frage bereits sehr ausführlich geantwortet. Ich war ernsthaft überrascht, wie du diese 161 Seiten auf so tolle Weise mit Inhalt füllen konntest. Leider warst du im Laufe des Cons ständig umringt von Kollegen und Fans, so dass meine vielen offenen Fragen leider nicht mehr gestellt werden konnten. Zumal du dann mit Kai schon erste Absprachen getroffen hast und die Biertischgarnitur-Expokraten-Runde von mir ungern gestört werden wollte. Vielleicht beim nächsten Mal 🙂 Der Roman lässt viel zwischen den Zeilen lesen und ich habe jede einzelne davon geliebt. Ich bin natürlich sehr gespannt auf die neue Staffel und mit diesem Teaser auf den 369 erst recht. Die Zukunft scheint wieder rosig zu werden. Ich freu mich!