Handlung

Aufgrund einer erfolgreichen Fluchttaktik von Kommandant Roctin-Par, kann die TAREK-VOOR mit Perry und seinem Team, den Verfolgern um Hotrena-Taak entkommen. Um aus dem Granulon fliehen zu können und die Völker der Milchstraße vor einer drohenden Invasion zu warnen, benötigen die Raumfahrer Zugangscodes für den Stato. Das ist ein riesiger Transmitter, der ihr Schiff zurück ins Einsteinuniversum transferieren kann. Doch dafür reichen die Befugnisse und Freigaben von Roctin-Par nicht aus. Perry muss mit ihm und seinem Team einen Chrono-Korrelator besorgen, der den Stato-Durchgang erst ermöglicht. Zuerst verschlägt es sie auf den Militärplaneten Ghyraan, wo sie zwischenlanden und eine unverdächtige Interplanetarfähre nach Nai-Karaash buchen. Auf dem Planeten erwartet sie eine reichhaltige Flora und Fauna, die es ihnen mit ihren sensitiven Einflüssen schwer macht, zu einem Stützpunkt der Rebellen zu gelangen. Morano-Lor erwartet sie dort und ermöglicht Perry, Thora und Roctin-Par den Transfer zum Stato. Ihnen gelingt es trotz chaotischer Zustände und Einflüsse vor Ort, an den Chrono-Korrelator zu gelangen. Derweil schnappt die Para-Falle für Gucky zu. Hotrena-Taak bringt den Ilt geistig an den Rand einer schweren Depression und versucht ihn mit allen Mitteln zum Überlaufen zu bewegen. Da ihr die Zeit davonläuft und Gucky sich als wiederständig erweist, sucht sie sich in Aveline ihr einfacheres Opfer. Im Austausch mit Gucky soll sie zu den Spezialisten der Nacht wechseln, was sie aufgrund der Versprechungen der Larin auch macht. Bevor es dazu kommt, greift eine Kanarshulflotte die Schaltstation an. Ein weiteres Versteckspiel führt sie letztendlich zurück in die TAREK-VOOR und Hotrena-Taak löst ihr Versprechen ein, das sie ihnen mit dem Austausch von Gucky und Aveline gegeben hatte. Roctin-Par fliegt den SVE-Raumer in den Tranferschlund ein, wo sich der Chrono-Korrelator erfolgreich synchronisiert, wodurch der Übertritt ins Einsteinuniversum gelingen sollte. Die angreifenden Rebellen lassen sich trotz aller Versuche nicht davon abbringen, den Stato schwer zu beschädigen und es ist ungewiss, ob der Transfer gelingt…

Meinung

Wahnsinnig beeindruckend, wie klein die Mastibekk-Pyramide im Vergleich zu der riesigen Technoapparatur Stato im Hintergrund erscheint. Die Größenverhältnisse hätten nicht besser dargestellt werden können und entlockten mir noch vor dem Lesen ein erstes Uff. Daumen hoch für Künstler Schulz. Nachdem Autor Ruben Wickenhäuser mich schon bei seinem ersten Staffelbeitrag gut unterhalten konnte, ging ich frohen Mutes ans Werk…

… und ärgerte mich gleich mal über die Kapiteleinteilung. 33 Kapitel ohne jegliche Überschriften. Simpel numerisch aufsteigend strukturiert. Zum Nachschlagen von diversen Handlungspunkten ist das der reinste Horror für einen Rezensionisten. Der Roman begann mit einer typischen Katz-und-Maus-Jagd und gipfelte in einer Planetentour mit Kurzinspektionen. Damit gab der Autor dem Zielsystem eine lebendige Struktur, die ich mir gedanklich gut vorstellen konnte. Bis zum Übertritt auf Nai-Karaash entspann sich eine relativ seichte Geschichte, die mir mit den Schilderungen der Naturgewalten ein erstes kleines Uff entweichen ließ. Polarlichter und mystisch angehauchte Umkehrnächte. Manchmal möchte man halt einfach gerne vor Ort sein, um die Wunder des Kosmos zu bestaunen, die Perry und seinen Gefährten regelmäßig begegnen. Wohingegen sich die Waldpassage mit ihrer feinfühligen Pflanzenwelt schwer nach Seitenfüllmasse anfühlte. Und so selten wir in NEO mit Abenteuern rund ums Thema Flora und Fauna bespaßt werden ( 😉 ), so selten hält Nathalie normalerweise über längere Zeiträume mit ihrer Präsenz hinterm Berg. Auffällig wenig Zeilenzeit hatte Ruben Wickenhäuser für sie übrig.

Zur Heftmitte gab es für mich DEN einen Moment, der mich aus dem Leserhythmus riss. Deus ex machina in Reinform. Aus dem absoluten Nichts zauberte Roctin-Par ein Fläschchen Vequnad herbei, das zeitweilig die Symptome des Laren bei einem Universumswechsel eindämmen kann und stark süchtig macht. Ein Gamechanger, der bisher nie Erwähnung fand. Hätte Sinn gemacht zu betonen, dass das Medikament eventuell eine außergewöhnliche Rarität ist, das aus der Wurzel einer Ülülüpflanze gewonnen wird, die nur bei Vollmondnächten auf Plombir wächst und sich noch in der Testphase zur Serienproduktion befindet. So oder so ähnlich hätte der Autor die Kuh vom Eis bekommen und die Geschichte glaubwürdiger gemacht. Aber mit diesem gewaltigen Fauxpas lieferte Ruben Wickenhäuser nach längerer Zeit mal wieder einen seiner selten gewordenen Wahnsinnsmomente. Und lässt die Frage aufploppen, für was man dann eigentlich die Klonkrieger so verzweifelt benötigt. Als schiere Manpower freilich, aber bisher hörte sich das für mich so an, als wenn nur diese Züchtungen den Übertritt ins andere Universum überleben würden. Vequnad in größeren Mengen hätte dagegen schon längst zu einer erfolgreichen Umsetzung der Invasionspläne führen können. Nein müssen. Rätselhaft.

Wie bereits mehrfach in der bisherigen Staffelhandlung thematisiert wurde, ist Loyalität bei den Laren ein eher zu vernachlässigende Eigenschaft. So kommt es wenig überraschend, dass Hotrena-Taak ernsthaft versucht, den Mausbiber von ihrer Sache zu überzeugen und davon ausgeht, dass ihr das mit ausreichend Argumenten schon gelingen wird. Da kennt sie die Einsteinuniversums-Bewohner schlecht. Eher friert die Hölle zu, als dass Gucky jemals die Menschheit verrät. Mit dem Einsatz eines Parapressors ins Hirn unseres pelzigen Helden, bewies Hotrena-Taak einmal mehr ihre Skrupellosigkeit. Insbesondere die Spezialisten der Nacht erhalten ungefragt dieses „Upgrade“. Um das Loyalitätsproblem zu lösen, wie sich heraus stellte. Es bleibt spannend, ob der Ilt wieder in seine schweren Depressionen zurückfällt oder ob sein Geist widersteht. Die ganz und gar unmenschlichen Tortouren, die Gucky erleiden musste, fügten mir fast körperliche Schmerzen zu. Da hilft der riesige Möhrengarten wenig, den ein Greiko eigens für den Mausbiber generiert hatte. Mit diesen Mentalsuggestoren steigt ein weiteres Volk mit ins Staffelboot ein, von dem man bisher noch keine näheren Informationen erhalten hat.

„Du bist ein sehr moralisches Wesen. Moral ist wichtig, ja.“ Diese Aussage stammt original von Hotrena-Taak. Ja, nicht falsch gelesen. Was gäbe ich, um einen Moment in den Kopf dieser Spezies schauen zu dürfen!? Tief im zweiten Romandrittel fiel mir dann auch endlich ein, was mich die ganze Zeit so entschieden gestört hatte. Die Figuren bekamen vom Autor zu viele Schlussfolgerungen in den Mund gelegt. Thora erriet zum Beispiel übergangslos den Plan von Hotrena-Taak, mahnte aber im Anschluss vor Spekulationen. Bitte was?!? Nächstes Beispiel. Der Leserschaft höchstselbst wird die Parafalle für Gucky, viel zu vorhersehbar, vorab verkauft. Dadurch ging ein gewaltiger Überraschungsmoment flöten. Der wenigstens so etwas wie einen Spannungsbogen erzeugen hätte können. Dieses wackelige Storytelling sehe ich als größtes Manko dieses Romans an. Die Handlung hangelte sich haarscharf an einem Grat zwischen relativ unterhaltsamer Geschichte und bisher staffeltypischem Füllinhalt entlang. Vom bereits angesprochenen Deus-Moment abgesehen, erwischte ich bis dato zumindest keine allzu großen Logiklücken. Dennoch fragte ich mich ernsthaft, ob wir am Ende wieder nur bei einer rasanten, vermutlich extrem gefährlichen Übersetzung eines Raumschiffs, von Granule in Einsteinraum, stehen würden. Oder ob mir der Autor noch einen heftigen Uff-Moment bescheren würde. Am liebsten mit einer Info-Bombe vom allerfeinsten. Ich nehme es vorweg. Meine Befürchtungen erlangten mit der letzten Heftseite Gewissheit.

Eine weitere nervtötende Gewissheit ergab sich bereits zuvor. Nach dem x-ten Verrat diese Staffel. Diesmal durfte Morano-Lor die Rebellen verraten. Ich war dem Schleudertrauma wegen Kopfschütteln stets näher als der Genickstarre durch bestätigendes Nicken. Zum Romanfinale hin kam glücklicherweise erstmals so etwas wie Spannung auf. Den ehrfürchtigen Blick von Perry, beim Einflug in den riesigen Transferschlund, hätte ich gerne live gesehen. Herrlicher Grusel, bei all dem gewohnten Gigantismus, den uns die Serie regelmäßig liefert. Der Cliffhanger wurde vom Autor richtig fies gesetzt, das muss man ihm lassen. Ich bin jetzt gespannt, was der Handlungsortswechsel für ebenjene bedeutet. Geht endlich die Party ab? Oder werden wir weiterhin hingehalten? Bis zum großen Finale von Rüdiger Schäfer? Da gehe ich nämlich fest von aus, dass die große Bombe gezündet wird. Erwartbar ist auch ein möglicherweise relativ großer Zeitsprung, nebst heftigem Zieleinlauf in die PULSAR-Staffel.

Auf Meta-Ebene kamen mir mehrere Fragen kampftaktischer Natur in den Sinn. Muss die militärische Führung des Konzils nicht davon ausgehen, dass einer der tödlichen Roboterschüsse auch mal sein Ziel findet und sowohl Gucky als auch Aveline tödlich trifft? Betäubung hätte den gleichen Effekt gehabt und die taktischen Ziele eben nicht gefährdet. Und natürlich die ernst gemeinte Frage, warum jeder bis 30 zählen sollte!? Typisch Ruben Wickenhäuser. Er kann es halt nicht lassen mit seinen schrullig komischen Einlagen. Slapstick pur und vielleicht eines Bully Herbig würdig. Ich sah den Ölbaron vor meinem inneren Auge stehen. Genüsslich an seiner Zigarre ziehend bläst er anschließend den Rauch in die Luft und sagt: „Jetzt geht jeder nochmal pinkeln und dann reiten wir los!“ Knallhart daneben geschossen. In einer so ernsten Lage. Die alles außer Komik gut gebrauchen hätte können. Diese Szene steht für mich stellvertretend für die nicht zufriedenstellende Gesamtsituation.

Zitat des Romans

Was tust du, wenn dich ein überlegener Gegner verfolgt? Schneller rennen!

Was tust du, wenn die Staffel nicht aus den Puschen kommt? Ruben Wickenhäuser als Feuerwehr einsetzen! Nur leider mit defektem Wasserschlauch.

Fazit und Wertung

Business as usual. Auf den ersten paarundzwanzig Seiten ein gelungener Romanauftakt, der aber spätestens nach der Gucky-Entführung nur noch gähnende Langeweile lieferte. Gucky mit einem Parapressor außer Gefecht zu setzen empfand ich hingegen als gelungenen Kniff. Als Roctin-Par sein Medikament aus der Deus-ex-Tasche zauberte, war es bei mir völlig vorbei mit jeglichem Romangenuss. Was folgte waren zahlreiche teils unterhaltsame, teils kampftaktisch fragwürdige Gefechtseinlagen. Einmal mehr ein Sammelsurium aus vielen Handlungselementen, die einige NEOs zuvor bereits Verwendung fanden. Keine neuen Ideen, kaum Kreativität. Zum Storytelling habe ich mich im Meinungsteil schon ausgelassen, das funktionierte für mich leider überhaupt nicht. Las sich wie ein Flickenteppich aus Einzelelementen, die vom fleißigen Feuerwehrmann Ruben Wickenhäuser so zusammen gesetzt wurden, dass das Gesamtkonstrukt letztendlich noch einigermaßen funktioniert hat. Während die meisten Charaktere ausreichend Handlungszeit bekamen, fiel Nathalie scharf hinten über. In den wenigen Momenten, die der Ex-Schwester-der-Tiefe gegönnt wurden, entfuhr mir ein gedankliches „Aaaah die ist ja auch noch da!“. Gelungen fand ich dagegen die plastische Darstellung des Zielsonnenystems und die beeindruckenden Schilderungen der heftigen Naturgewalten, die mich ehrfurchtsvoll in den Lesesessel drückten. Da hätte man ansetzen müssen. Chance vertan. Ruben Wickenhäuser muss sich nach seinem tollen letzten Roman diese Woche mit zwei von fünf Fokuspunkten begnügen. Er liegt damit unfreiwillig im Trend der schwankenden Unterhaltungsqualität.

Staffelzwischenfazit

Die Staffel kränkelt weiter so vor sich hin. Highlight und Lowlight geben sich die Klinke in die Hand und ich muss konstatieren: Es liest sich nur noch nach einer etwas unkoordinierten Übergangsstaffel. Man wartet auf die neue Expokratur. Die treuen Fans werden dran bleiben, die Wankelmütigen wieder verschwinden. Dazwischen irgendwo befinden sich wohl die stillen Alleinleser. In einer Facebookumfrage wendete ich mich an die NEO-Gruppenmitglieder. Wie ihnen die Staffel PULSAR gefällt, wollte ich wissen und wurde angenehm überrascht. Eine klare Mehrheit findet die Staffel gut bis sehr gut. Auch wenn das Ergebnis wohl alles andere als repräsentativ ausfiel, bei relativ geringer Beteiligung, gibt diese positive Wertung mir etwas Hoffnung und mildert meine Sorgen um den Fortbestand der Serie ein wenig. Denn ganz ehrlich: Würde ich nicht so gerne über NEO debattieren, mit meiner Podcastpartnerin Bianca darüber sinnieren und hier darüber rezensieren, dann hätte ich diese Staffel wohl erstmals ernsthaft darüber nachgedacht, eine Pause einzulegen. Unsere nächste Podcastaufnahme lässt, auch deshalb, schon etwas länger auf sich warten und wird auch nicht wie gewohnt zwei oder drei Romane behandeln, sondern ein ungewohntes Format einnehmen. Wenn jetzt keine Initialzündung erfolgt, nimmt die Staffel geradlinig Kurs auf einen von zehn Pulsaren. Die Einzelautorenleistung ist deutlich höher einzuordnen, das Gesamtkonzept enttäuscht. Bisher. Noch bleibt die besagte Hoffnung bestehen.

Review: Perry Rhodan NEO – Fluchtpunkt Stato
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