In unserem neuesten Interview treffen wir Markus Gersting. Er kommt aus Ostwestfalen und ist den Perry Rhodan-Fans bekannt als kritischer Rezensent der Erstausgabe, die er auch in der PRFZ-Mitgliederzeitschrift SOL in den Ausgaben 82 bis 90 begleitete. Heute erzählt er uns, wie er an die beste Raketenheftchenserie der Welt geraten ist, über seine Fandom-Aktivitäten und was er selbst schriftstellerisch so treibt.
Lieber Markus,
Einstiegsfrage: Welches Nicht-Perry-Rhodan-Buch hast du zuletzt gelesen?
Uwe Antons »Venus ist tot«, eine Sammlung seiner Kurzgeschichten. Wenn man Uwe Anton als PR-Autor ausklammert, dann Frank Herberts sechsbändige Wüstenplaneten-Original-Romanreihe im Zuge des leider wieder verschobenen neuen Dune-Films. Aktuell lese ich Richard Morgans »Das Unsterblichkeitsprogramm«. Wobei mich interessiert hat, wie sich diese Ausgabe, die unter dem Netflix-Serientitel »Altered Carbon« läuft, sich vom Original unterscheidet. Bisher sieht es so aus, als ob bei dem Buch der alte Inhalt nur ein neues Cover bekommen hat. Wobei ich die Umsetzung in der Netflix-Serie, trotz einiger Abweichungen zum Buch, sehr gelungen finde.
Wie ist dein Weg in das Perryversum verlaufen?
Angefangen hat es mit einer Europa Hörspielkassette und einem Wega-Abenteuer. Das müsste »Mutanten im Einsatz« gewesen sein. Mir hat Deringhouse´ Abenteuer nach seinem Absturz/-schuss super gefallen. Und Perrys Besuch/Einfall mit seinen Mannen bei den Sichas habe ich noch in lebhafter Erinnerung
Etwas mehr habe ich in einem Geisterspiegel-Beitrag schon ausgeführt (google Rhodankohl 😉 ). [Anm. d. Red.: Das Googeln habe ich für die Leser schon mal erledigt. Das Ergebnis hier und hier.] Ein paar Schnupperhefte hier und da und dann die ersten 7 Silberbände (in der blauen Bertelsmann-Version). Schließlich bin ich dann mit Band 1646, »Finale im Sheokorsystem«, in die Erstauflage eingestiegen. Erst habe ich nur Bahnhof verstanden, aber die Faszination war sofort da und ist geblieben. Nach 10 Jahren erster, dritter, fünfter Auflage und den Silberbänden war ich dann halbwegs auf Stand.
Was ist dein Lieblingszyklus und warum?
Die Frage ist für mich nicht wirklich eindeutig zu beantworten. PR hat sehr viele Zyklen hervorgebracht, die mir ausgesprochen gut gefallen haben. Gleich angefangen bei der »Dritten Macht«, der »Kaiserin von Term«, der »Endlosen Armada«, »Sternenozean«, »Neuroversum«. Jede Zeit und Epoche hat ihre Stärken und Schwächen. Ein paar Lücken habe ich noch u.a. im MDI- und KDZ-Zyklus, die ich leider noch nicht komplett gelesen habe.
Sense-of-Wonder, spannende Abenteuerromane, faszinierende Technik, aber auch viel sehr Menschliches und Gesellschaftliches machen die Serie abwechslungsreich und tragen die Serie seit fast 60 Jahren. Das wäre ohne Anpassung und Wandel nicht möglich gewesen. Es gibt immer etwas Tolles zu entdecken. Es sind häufig die kleinen Perlen, die mich begeistern.
Irgendwann hast du begonnen, Rezensionen zu verfassen. Diese waren eine Zeitlang in der SOL zu lesen, dann auf www.hydorgol.de und sind mittlerweile sogar in Farbe und bunt auf Youtube zu sehen. Was reizt /motiviert dich zur Besprechung der Romane?
Nach bestimmt 20 Jahren des stillen Genießens und selten auch mal Grummelns war es der Wechsel von Uwe Anton auf das aktuelle Expokraten-Team. Mir hat der »Neuroversum«-Zyklus über weite Strecken gut gefallen. Wie heißt es so schön: »Neue Besen kehren gut« und ich hatte ab Band 2700 so meine Probleme mit der neuen Erzählweise. Welche? → google: Rhodankohl 😉 [Jaja, mach ja schon: hier und hier]
Mittlerweile gehört das Reflektieren über den aktuellen Perry für mich zur normalen Wochenende-Routine mit dazu. Ich lese aufmerksamer und so mancher Roman konnte dann doch noch seinen Charme entfalten. Einige Romane wären früher nur angelesen in der Sammlung gelandet, was rückblickend schade gewesen wäre. Romane, durch die ich mich durchquälen muss, sind glücklicherweise selten geworden.
Die Macher der Serie reagieren auf Kritik. Die Kritik sollte allerdings fair und konstruktiv sein, damit die Autoren, Expokraten und auch die Redaktion damit etwas anfangen können. Für mich selbst bin ich dann immer noch etwas auf der Suche nach des Pudels Kern: »Warum gefällt mir etwas nicht?« Manchmal ist das nicht auf den ersten Blick greifbar.
Wie gelingt es dir letztendlich, Griffigkeit herzustellen?
Des öfteren bleibt es beim Versuch. 😉 Da ist der eher der Weg das Ziel, aber ein Spaziergang an der frischen Luft hilft beim Nachdenken. Eine Methode ist, verschiedene andere Aufbauten der Handlung im Kopf durchzuspielen. Aber manchmal gibt es, wie im Leben, keine perfekte Lösung. Viele Wege führen nach Rom. Man muss sich für einen gangbaren entscheiden, auch wenn er dann an manchen Stellen steinig ist.
Wenn du eine Figur im Perryversum sein könntest, wer wärst du?
Ich schwanke zwischen Icho Tolot, Alaska Saedelaere und Bully, je nach Zeitpunkt in der Serie.
Es gibt eine Menge Figuren ohne ZA, die mir gut gefallen haben, dort ist aber die Haltbarkeit begrenzt. 😉
Gibt es eine Figur, die du überhaupt nicht magst? Und warum?
Mir fällt akut keine ein. Figuren, die ich nicht mag, verdränge ich recht erfolgreich. Ich bin da nicht nachtragend, für mehr als einen kurzzeitigen Aufreger reicht es da bei mir nicht.
Neben deiner Rezensionsaktivität bist du auch im Fandom aktiv. Willst du darüber ein wenig erzählen?
Es hat lange gedauert bis ich vom stillen Leser zum aktiveren Fan geworden bin. Angefangen hat es mit dem Besuch des Perry Rhodan-Stammtischs in Friedrichshafen, später in Berlin und dann kam der Besuch des Garching-Con 2018. Dort habe ich dann einen gewissen Markus Regler getroffen [Anm. d. Red.: wer auch immer das sein mag], das war dann die Geburtsstunde des ostwestfälischen Perry Rhodan-Stammtisches »Wanderer«, auch wenn er streng genommen da noch einen anderen Namen hatte.
In Corona-Zeiten hat sich das natürlich in eine Online-Version (auf discord) gewandelt. Es ist nicht ganz das gleiche wie ein realer Stammtisch oder gar ein Con, hat aber den Charme, das Entfernungen und usseliges Wetter bei der Anreise keine Rolle mehr spielen. Mal eben schnell nach Wien, Darmstadt, Stuttgart oder München für einen Stammtisch-Abend geht virtuell gut.
Der Wanderer-Stammtisch ist neuerdings am ersten Montag im Monat, der nächste ist am 7.12.2020 ab 20 Uhr. Fans, Neugierige und sonstige nette Leute sind herzlich willkommen. [Wer sich für den ostwestfälischen PR-Stammtisch »Wanderer« interessiert und auch einmal live teilnehmen möchte wird hier auf Facebook fündig oder schreibt einfach Markus selbst an.]
Anderes Thema: Du schreibst selbst. Was kann man von dir denn so lesen?
Neben ein paar Kurzgeschichten, die aber mehr Fingerübungen als Passion sind, habe ich bisher drei Romane in der »Hydorgol«-Reihe veröffentlicht. Zwei weitere Romane sind geschrieben, aber noch nicht veröffentlichungsreif, d.h. ich habe dort noch etwas Arbeit vor mir.
Atmosphärisch, behaupte ich mal dreist, geht es in Richtung einer Mischung aus »Der Wüstenplanet«, »The Expanse«, Vernor Vinges »Ein Feuer auf der Tiefe« und Perry Rhodan.
Ich mag große Zeiträume, große Kulissen und eine Prise Sense of Wonder. Die Figuren und die Umgebung müssen genug Substanz haben, um ein Eigenleben zu entwickeln. Mir macht es Spaß mit den Figuren durch die Geschichte zu reisen. Ab und zu gebe ich mal einen kleinen Stupser oder lasse was explodieren oder zusammenfallen. Es soll ja spannend bleiben. 😉
Leseproben gibt es auf meinem Blog oder auch auf dem Hydorgol Youtube-Kanal.
Wo kann man die Romane erwerben?
Im Moment bei Amazon als E-Book.
Ich plane aber eine Papierversion in hoffentlich nicht allzufernener Zukunft, die es dann bei allen einschlägigen Quellen geben sollte. Bis es soweit ist, wird aber noch etwas Wasser die Ems herabgeflossen sein.
Gibt es eine Autor/eine Autorin, die du als Vorbild siehst? Wer ist dein(e) Lieblingsautor(in) und warum?
Neben den schon genannten Frank Herbert oder Vernor Vinge gibt es eine ganze Menge toller Science-Fiction-Autoren, bei denen man sich das eine oder andere abschauen kann. Ich habe leider ein zu fürchterliches Namensgedächtnis, um alle aufzählen zu können.
In meinen jungen Jahren habe ich mich durch die SF-Abteilungen zweier Stadtbibliotheken gelesen, ohne auf Titel und Namen zu achten. Wichtig war und ist, dass die Geschichten spannend und mitnehmend sind, egal wer sie geschrieben hat.
Hast du eigentlich auch Hobbies, die nichts mit Science Fiction zu tun haben?
Da musste ich erst mal in mich gehen. Ich habe ein Talent dafür, mir Hobbys zu suchen, die in Arbeit ausarten. Und der große Nachteil daran, sein Hobby zum Beruf zu machen ist, dass man sich ein neues Hobby suchen muss. Meine Brötchen verdiene ich in der IT, beschäftige mich aber auch zuhause damit. Linux, Virtualisierung, Netzwerk, 3D-Druck.
Mein innerer Schweinehund braucht Auslauf und Bewegung, also bewege ich mich gerne, wenn ich ihn denn durch die Tür bekommen kann. Eine Zeitlang habe ich Rugby gespielt. Leider ist das ein Sport, den man nur ganz oder gar nicht machen sollte. Er fordert den ganzen Menschen und ist sehr intensiv. Macht aber eine Menge Spaß, wenn man sich darauf einlässt.
Welche Projekte stehen bei dir in nächster Zeit an?
In nächster Zukunft für mich erstmal die Überarbeitungen von Hydorgol 4 und 5. Ich gehöre da zur Gruppe der Schreiberlinge, denen die Konzeptions- und Rohfassungsphase wirklich Spaß macht. Die Überarbeitung dagegen ist … Arbeit. Überarbeiten ist nicht meine größte Stärke, aber die Geschichten sollten lesbar sein. Also möglichst ohne Fehler und Stolpersteine, die den Lesefluss unterbrechen. »The spice must flow«.
Bei Hydorgol 3 »Exil« hat dort noch mal ein Profi darüber geschaut und wie heißt es doch so schön? »Einmal mit Profis arbeiten.« Uschi Zietsch gehört definitiv in die Kategorie Profi. Sie ist unglaublich schnell, präzise und hilfreich.
Dann steht natürlich noch die Zeitreise-/Karilow-Kriege Anthologie in den Startlöchern. Ich bin gespannt wie andere das Hydorgol Universum erkunden, vielleicht sogar für sich entdecken und freue mich dort auf tolle Geschichten. Es ist noch etwas Zeit bis zu Einsendeschluss. [Wer sich für die Anthologie interessiert, wird hier fündig.]
Markus, ich danke dir für deine Zeit!