Betty Toufry hat ein trauriges Schicksal. Als Kind stellte sie fest, dass ihr Vater von einem Individual-Verformer übernommen worden war. Dieser hatte einen Anschlag auf das Atombomben-Arsenal des Westblocks geplant. Betty erschoss ihren Vater, um das zu verhindern – sie war damals erst sechs Jahre alt. In Galacto City fand sie eine neue Heimat und in den Manolis eine neue Familie.
Über die junge Betty weiß man eigentlich relativ wenig. Dabei wurde in den Tagen der Dritten Macht keine andere Figur so brutal aus ihrem Leben gerissen. Tanja Kinkel durfte sich im zweiten Teil der Galacto City-Storys »Die Friedensforscherin« der Figur annehmen.
Und wie immer gilt: Vorsicht SPOILER!

Dämonen in der Wüste

Betty ist mittlerweile acht Jahre alt. Kinkel versetzt den Leser gleich zu Anfang in die Gedankenwelt eines Mädchens, das für ihr Alter schon viel erlebt hat und durch seine parapsychischen Talente auch Misstrauen erlebt. Um es kurz zu sagen: Ihr geht es nicht gut. Sie hat das Bedürfnis in ihrer begrenzten Lebensspanne so viele Leben wie nur möglich zu retten, um den Mord an ihrem Vater zu sühnen. Gleichzeitig macht sie sich Gedanken über die IV und deren Motivation. Warum wollten sie die Erde zerstören?

Die zweite Hauptfigur ist Olga Ilmenova. Eine sechzigjährige Russin, die ebenfalls von Gewalt in ihrer Vergangenheit geprägt ist. Und sie ist besessen davon, Galacto City als einen einzigen gewaltigen Schwindel zu entlarven. Perry Rhodan ist in ihren Augen größenwahnsinnig und spielt der ganzen Welt ein Theater vor, um sich selbst zum Herrscher aufzuschwingen. Tanja Kinkel zeichnet in Olga die Gedankenwelt der Anhänger von Verschwörungstheorien geschickt nach. Jegliches Ereignis wird im Sinne des eigenen Gedankengebäudes interpretiert und erweist sich doch einmal eines als zutreffend, wird es sofort entsprechend umgedeutet und negativ konnotiert verarbeitet. Nun, Anschauungsmaterial hatte die Autorin in den letzten Monaten genug.
Betty und Olga sind getrieben von ihren inneren Dämonen, was bei der einen eher zum Rückzug, bei der anderen zu Aktionismus führt.

Olga will unbedingt Rhodans Betrug auffliegen lassen und Beweise dafür finden, dass der Absturz des Raumschiffs der Individual-Verformer nur ein Fake gewesen ist. Sie knüpft Kontakt zu einer Unterweltgröße, die angeblich mit Alien-Tech handelt – was es aber aus Olgas Sicht ja nicht gibt, weswegen sie den Gangster der Lüge überführen will. Dieser schickt sie im Wortsinne in die Wüste.
Auch Betty bricht dorthin auf, allerdings nicht aus eigenem Antrieb. Mrs. Manoli hat Anne Sloanne und Ras Tschubai überredet, mit der Kleinen einen Übernachtungsausflug zu machen, um sie von ihren trüben Gedanken abzulenken.

In der Wüste tritt schließlich die dritte Protagonistin auf den Plan: eine weibliche IV, die mit ihrer Kapsel abgestürzt ist und darin Monate schwerverletzt verbracht hat. Ihr Name ist »Eine-von-Fünf« und durch sie erhält der Leser einen Einblick in die Gedankenwelt und Motivation der VeCoRat.
Für dieses Volk ist das All ein einziger Gesang, der keine Misstöne enthalten darf. Es ist sein Bestreben, diese »Knoten« in dem gewaltigen Gewebe zu glätten. Und die Erde ist leider ein solcher »Knoten«. Auch »Eine-von-Fünf« hat einen Verlust erlitten. Ihr Brutbruder ist während der Invasion ums Leben gekommen. Er war der IV, der Bettys Vater übernommen hatte.

Jedes dieser so unterschiedlichen Wesen hat also sein Päckchen zu tragen. Sie haben alte und neue Wunden, die ein Moment in ihrem Dasein sind, die ihr Leben bestimmen. Ihr Aufeinandertreffen in der Gobi bildet einen Wendepunkt in jedem dieser Leben. Auf gewisse Weise werden sie alle geläutert, alle drei erleben eine Transformation. Sogar die misstrauische Olga denkt am Ende über einen dauerhaften Aufenthalt in Galacto City nach, allerdings ohne ihren Charakter vollständig zu ändern.

Fazit

Der Roman hat mir wieder sehr gut gefallen. Das liegt in erster Linie daran, wie Tanja Kinkel den Leser mit in ihre Figuren zieht. Wie sie die Gefühle und Motive der Figuren herausarbeitet. Wie sie selbst ein klein wenig Verständnis beim Leser für die verquere Motivation der IV zu wecken versteht. Das ist schon große Klasse!

Bestimmte Motive scheinen sich in der Galacto City-Reihe zu wiederholen. Es ist zum einen der Blick von außen, der Blick von Menschen, die nicht unmittelbar mit den Ereignissen in der Gobi in Berührung kommen? Wie wirkt das ganze auf sie? Glauben sie tatsächlich die Schlagzeilen in den Zeitungen oder sind sie skeptisch? Olga ist selbstverständlich die Trägerin dieses Motivs.
Zum anderen wird mit Betty erneut eine Figur aus der Hauptserie aufgegriffen, die zwar immer wieder in Erscheinung getreten ist, deren Innenleben aber eher rudimentär behandelt worden ist. Dass sie ausgerechnet auf eine IV trifft, deren Brutsbruder sie ermordet hat … nun, das wirkt ein wenig konstruiert. Aber mit diesem kleinen Makel kann ich sehr gut leben.
Und schließlich zeigt sich wie für Vince Tortino auch für Olga die Magie von Galacto City. Die Weiße Stadt ist das Symbol für den Aufbruch, für eine neue Hoffnung, einen Neuanfang.

Ich freue mich schon sehr auf »Endstation Venus« von Susan Schwartz, wo ebenfalls eine ansonsten weniger beachtete Figur im Zentrum steht: Ishy Matsu

Zu Markus Rezension von „Endstation Venus“ geht es hier lang.

Perry Rhodan Storys: Galacto City – Die Friedensforscherin
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