Klaus N. Frick schreibt am 02. Oktober 2021 im Logbuch der Perry Rhodan-Redaktion, dass Verena Themsen bereits beruflich in Japan tätig war. Damit liegt es nahe, ihr das Exposé für »Eines Menschen Pflicht« zuzuteilen. Denn dort wird die Geschichte von Yoshiko Watanabe erzählt, die sich aus ihrer japanischen Heimat nach Galacto City aufmacht. Ich möchte wieder ein paar Zeilen dazu niederschreiben, die wie gewöhnlich NICHT SPOILERFREI sind.

Dass die Autorin sich mit der dortigen Gesellschaft und deren Gepflogenheiten beschäftigt hat, ist bereits zu Beginn des Romans spürbar. Die Verwendung der japanischen Suffixe bei der Anrede und die Beschreibung der Regeln des zwischenmenschlichen Verhaltens schaffen die Atmosphäre, die auch Yoshikos Lebenswirklichkeit charakterisiert. Wie Louanne im Vorgängerroman ist sie eine ambitionierte junge Frau, die durch die patriarchalischen Verhältnisse ausgebremst wird. Sie will sich als Journalistin profilieren und sich in Galacto City selbst ein Bild davon machen, was sie von diesem Perry Rhodan zu halten hat. Darüber hinaus hat sie ein ganz persönliches Motiv, das aber erst gegen Ende der Geschichte klar wird. Ihr Vorgesetzter, der das vorherrschende Geschlechterrollenbild vertritt, stellt sich dem in den Weg. Erst nach Intervention des (offensichtlich weniger konservativen) Chefredakteurs darf sie doch reisen.

Schatten…

Mir fiel es schwer, in die Geschichte einzutauchen. Die Immersion (um ein Wort zu gebrauchen, das ein anderer gestrenger Kritiker gerne benutzt. 😉 ) wollte sich nicht so recht einstellen.
Themsen beschreibt sehr viel. Das hat den Vorteil, dass man ein plastisches Bild der Landschaft, der Weißen Stadt und auch der Räumlichkeiten vor Augen hat. Dabei fügt sie der Beschreibung von Galacto City ein paar schöne Merkmale hinzu. Gleichzeitig bleibt aber wenig Platz für Handlung und man kommt als Leser nicht wirklich in den Kopf der Hauptfigur.

Außerdem nutzt Themsen viele Dialoge, um die Beweggründe von Figuren und andere Aspekte deutlich zu machen. Die Darstellung der für Frauen nachteiligen Gesellschaftsverhältnisse habe ich schon genannt.
Sie führt auch das in den Vorgängerromanen etablierte Muster weiter und thematisiert die Perspektive von außen auf die Dritte Macht. Diesmal ist es der Blickwinkel der Asiatischen Föderation, beziehungsweise der Japaner, der auch bereits im Gespräch Yoshikos mit ihrem Vorgesetzten zutage tritt. Man beäugt den neuen Staat misstrauisch, skeptisch, mitunter wütend.
Aus einer Unterhaltung zwischen Tako Kakuta erfährt der Leser erneut neue Details über eine Figur der ersten Stunde der Serie. Und es wird klar, dass er früher mit Yoshiko liiert war und er sie für Perry Rhodan sang- und klanglos verlassen hat. In anderen Gesprächen werden die Motive offenbar, die tausende Menschen antreiben, nach Galacto City zu kommen. Hierzu weiter unten noch ein paar Worte.
Diese Dialoge führen ebenfalls dazu, dass wenig Raum für Aktion bleibt und der Leser eher dem Gespräch folgt, als dass er die Perspektive einer Figur einnimmt.

Hinzu kommt ein relativ flacher Spannungsbogen. Zwar wird durch Flashback-Szenen ein Konflikt etabliert, indem Geheimdienstleute Yoshiko durch Erpressung zur Spionage drängen. Jedoch bleibt diese Bedrohung lediglich diffus. Die Konfliktsituation wird am Ende durch Tako und John Marshall sehr unspektakulär aufgelöst, und auch das in Yoshikos Heimat drohende Unheil wird mit Hilfe von Fake-Unterlagen simpel abgewendet. Dadurch ergeben sich kaum Situationen, in denen man mit der Figur richtig mitfiebern kann.
Hätte man dem Spionagekonflikt mehr Raum gegeben und dafür die eine oder andere (mittlerweile redundante?) Schilderung der Kulisse gekürzt, hätte das der Geschichte vielleicht gutgetan.
So passiert halt einfach nicht viel.

… aber auch Licht

Aber es war nicht alles suboptimal. Es gab auch Dinge, die mir gut gefallen haben und die ich auch nicht verschweigen will!
Dazu gehören vor allem die Nebenfiguren der Geschichte, die viel darüber erzählen, was die Menschen in Rhodans neuen Mikro-Staat treibt.
Da ist die Schamanin Zaya, die viel moderner und fortschrittlicher denkt, als man angesichts ihrer Profession meinen möchte. Sie ist von Galacto City gefesselt und inspiriert. Sie sieht dort die Chance auf den nächsten Schritt in ihrem Leben, um ihren Mitmenschen noch besser helfen zu können.
Da ist Sergio, der Taxifahrer, der die Menschen durch die Wüste nach Galacto City kutschiert. Er ist von der kosmischen Idee angetan und bleibt nur deswegen nicht fest in der Stadt, weil er als Taxifahrer hunderte andere Menschen dorthin bringen kann.
Und da ist Tako Kakuta, der seiner alten Liebe darlegt, warum er sich in Rhodans Dienste gestellt hat. Und vor allem, warum er sie ohne Erklärung verlassen hat. Seit er sich seiner Begabung bewusst ist, fürchtet er die Entdeckung durch staatliche Institutionen. In der Arbeit für Rhodan sieht er insbesondere die Chance, anderen Mutanten einen sichern Hafen zu bieten, und findet darin einen Lebenssinn.

Er war nicht der Einzige, der unversehens sein altes Leben aufgegeben hat. Doch Yoshiko ist nun diejenige, die aufzeigt, wie es den Zurückgelassenen ergangen ist. Es mag nicht jeder so rigoros gehandelt haben wie Tako. Aber es ist anzunehmen, dass es die Freunde und Angehörigen von Rhodans Anhängern der ersten Stunde tendenziell skeptisch aufgenommen haben, als sich Michael Freyt, Ras Tschubai und Ernst Ellert plötzlich von ihnen verabschiedeten, um in die Wüste zu ziehen. Zumal Rhodan oftmals eher vom Zweck geheiligte Mittel einsetzt wie die in der Geschichte angesprochenen Entführungen von Mutanten und die zweifelhaften Geldbeschaffungsmaßnahmen der General Cosmic Company.

Und diese Teile des Romans heben ihn wiederum aus der Reihe der Galacto City Storys hervor. Er nimmt sich der Verlassenen und ihrer Situation an und greift im gleichen Zuge weitere Aspekte der Anziehungskraft der Weißen Stadt auf.
Im Gesamtzusammenhang betrachtet führt er die Leitmotive der Serie (Blick von außen, Galacto City als Stadt des Aufbruchs und der neuen Chancen etc.) weiter und reiht sich somit solide hinter seinen Vorgängern ein.
Auch wenn er in Summe für mich hinter den anderen zurückfällt.

Zur Rezension des vorletzten Galacto City Romans „der 200-Tage-Mann“ geht es hierlang.

Perry Rhodan Storys: Galacto City – Eines Menschen Pflicht
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