Heute kommen wir zum letzten Teil der Miniminiserie um Galacto City und ich habe eine kleine Träne im Augenwinkel. Aber nicht, weil ich wegen der schlechten Story weinen muss. Im Gegenteil! Den Leser erwartet ein wahres Kaleidoskop an Glanzlichtern, das Wim Vandemaan da abbrennt. Dieser Roman ist nicht immer logisch, er ist im positiven Sinne verrückt. Und damit steigen wir ein in den »Anschlag auf Galacto City«, wie immer NICHT SPOILERFREI!
Die Thora is im Playboy drin – oder?
Man schreibt das Jahr 1980 und damit setzen wir uns zeitlich ein wenig ab von den Ereignissen der vorhergehenden Romane. Dieter Ehrenberg ist Journalist für die Münchner Abendpost und soll in Galacto City den ersten Start eines Kolonistenraumschiffs zum Mars beobachten. Derweil erwartet seine hochschwangere Frau der beiden erstes Kind. Im Flieger trifft er auf einen für den Playboy arbeitenden Fotografen, der – und hier erlebt der Leser den ersten skurrilen Moment – Thora als Centerfold organisieren soll. Dieser Heinrich Förch ist ein Abziehbild des schmierigen Fotografen und begleitet Dieter fast durch die ganze Geschichte.
Nach ersten Eindrücken von der Stadt und dem erneuten Staunen über die Wunder der Antigravtechnik folgt die erste Pressekonferenz. Dort wimmelt es von skurrilen Gestalten. Es gibt einen Mönch namens Vater Felix Achtzehnter, der für die Stimme des Herrn berichtet. Der Positroniker Erich Knasmüller ist für das Firmenblatt des Dresdner Kombinats Robotron zur Stelle. Er hat einen prototypischen Roboter bei sich, den das Kombinat konstruiert hat und der ebenfalls das Wort erhält. Dabei stellt er zur Diskussion, dass Perry Rhodan und Reginald Bull an Bord des Arkonidenschiffs und durch die Behandlung mit dem Indoktrinator mental beeinflusst worden sein könnten. Damit greift Vandemaan erneut das Misstrauen auf, das sich offensichtlich immer noch gegenüber dem neuen Erdenstaat hält.
Abends erhält Ehrenberg überraschend Besuch von einer attraktiven niederländischen Journalistin, die sich als Agentin des indonesischen Geheimdienstes offenbart. Eine ebenfalls höchst kuriose Figur. Ihr Auftrag: Sie soll prüfen, ob man die Führungsriege der Dritten Macht umbringen kann. Auch am nächsten Tag taucht sie erneut bei ihm auf. Mit Hilfe eines Arkonidenanzuges entführt sie ihn in die Wüste. Woher der indonesische Geheimdienst dieses Stück Hochtechnologie hat, weiß sie selbst nicht. Ein neuerlicher WTF-Moment für den Leser.
Das nachfolgende Gespräch hat jedoch einen durchaus ernsten Grundcharakter und dreht sich um die bereits bekannte Frage, inwieweit diesem Rhodan und seinen Getreuen zu trauen ist? Ist alles so, wie es scheint? Oder führt der Staatschef des jüngsten Mitglieds der Weltgemeinschaft nicht alle an der Nase herum, um die Welt unter seine Knute zu bekommen? Stichwort Fantan. Hat die schon mal jemand gesehen?
Warum aber nun ausgerechnet der indonesische Geheimdienst verhindern will, dass die Menschheit in einem galaktischen Krieg untergeht, den dieser Rhodan vom Zaun bricht, kann nicht wirklich geklärt werden. Jedenfalls will Ehrenberg nicht mitmachen, worauf ihn die Niederländerin nicht ordnungsgemäß umbringt, sondern ihn einfach stehen lässt.
Ehrenberg meldet das Mordkomplott und nimmt dann doch an einer Pressekonferenz mit Homer G. Adams teil, wovor ihn seine Kollegin eigentlich gewarnt hat. Die Polizei nimmt Ehrenbergs Warnung ernst und so ist auch Nomo Yatuhin mit von der Partie. Der Telepath des Mutantenkorps soll die Konferenz absichern. Erneut tritt eine Figur auf die Bühne, die in der Serienhistorie zwar eine prägsame, aber doch nur kurze Rolle gespielt hat. Er deckt auf, dass das geplante Attentat nur ein Ablenkungsmanöver für Industriespionage ist. Dem Kombinatsroboter aus Dresden soll in einer unübersichtlichen Situation die Möglichkeit gegeben werden, Daten aus der Weißen Stadt abzuziehen.
Auch dank Dieter Ehrenberg scheitert der Anschlag, wenngleich jemand anderes ein größeres Opfer bringt. Der Journalist darf am Ende sogar noch Perry Rhodan höchstpersönlich treffen. Dieser ist eben von der Wega zurückgekehrt und hat dabei Gucky mitgebracht. Zum Glück für Ehrenberg, denn ohne Guckys Hilfe hätte er es vermutlich nicht mehr rechtzeitig zur Geburt seines Kindes nach Hause geschafft.
Ein toller Abschluss.
Unter dem Strich kann man das nur als einfach tollen Roman bezeichnen. Wim Vandemaan macht … nun … Wim Vandemaan-Dinge. Sprachlich ist der Text top, sehr plakativ, ohne kitschig zu wirken. Und es ist einfach eine unglaublich Spaß bereitende Ansammlung an seltsamen Begebenheiten und popkulturellen Referenzen. Nicht abschließend seien genannt Dietmar Schönherrs Talkshow »Raumpatrouille«, Chris Howland und die versteckte Kamera, das HB-Männchen und die Crest-Fanclubs in allen möglichen Städten der Erde mit extra angefertigten Ausweisen. Eine weitere schöne Selbstreferenz ist die Frage nach einer möglichen Rhodan-Biographie durch Adams, die dieser lachend von sich weist. In gewisser Weise schließt sich da ein Kreis zum ersten Band von Andreas Eschbach. Und auch der Overhead bekommt sein Foreshadowing. Es wird nicht mehr lange dauern, bis er in der Serie seinen Auftritt hat.
Den Weltenbau betreibt Vandemaan dabei mehr oder weniger nebenbei und ich hatte beim Lesen das Gefühl, die Weiße Stadt in einem weiter fortgeschrittenen Stadium zu erleben. Und so sollte das ein paar Jahre Serienzeit später auch sein.
Insgesamt also ein sehr schöner, kurzweiliger und amüsanter Roman, ein würdiger Abschluss für diese Kleinstserie.
Der Blick zurück.
Überhaupt sind die Galacto City-Storys für mich sehr gut gelungen.
Ein unmittelbarer Vergleich zu den Storys, die in den Verlorenen Jahrhunderten spielten, lässt sich eigentlich nicht ziehen. Damals waren es sechs vollständig unterschiedliche Geschichten mit voneinander sowohl zeitlich als auch räumlich getrennten Handlungsorten. Diesmal sind die Romane durch die einheitliche Kulisse miteinander verwoben. Und das halte ich für gut gelungen. Alexander Huiskes hat auf Exposé-Seite sehr gute Grundlagen gelegt und auch interessante Figuren gewählt. Dass dabei auch auf Figuren zurückgegriffen wurde, die in der Hauptserie zwar vorkamen, aber nicht sehr im Vordergrund standen, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen.
Zwar hätte man sich bei der Darstellung der Stadt über die einzelnen Romane hinweg etwas besser abstimmen können. Viele Beschreibungen waren redundant und spätestens in Teil vier empfand ich in diesem Punkt ein wenig Langeweile. Die Wunder der neuen Technik hätte man vielleicht auch anders als nur über die Probleme der Neuankömmlinge mit den Antigravschächten und den Transportbändern aufzeigen können. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn die positiven Effekte dieser einheitlichen Grundlagen überwiegen für mich. Galacto City wirkt auf mich in jeder Geschichte gleich, man kennt sich aus, fühlt sich daheim. Das schafft Atmosphäre und Wiedererkennungswert.
Die roten Fäden, die sich durch die Geschichten ziehen, habe ich in den Besprechungen immer wieder hervorgehoben. Der Blick von außen auf die Dritte Macht, die durch die Stadt bewirkten Wendepunkte im Leben der Hauptfiguren, die aufgegriffenen früheren Nebenfiguren, alles das sind gute und schön ausgearbeitete Gedanken, die auch dem Perryversum ein paar Facetten hinzufügen.
Die Romane ließen sich gut lesen und haben mich fast ausnahmslos sehr gut unterhalten. Sie können auch problemlos einem Neuleser empfohlen werden und dabei in beliebiger Reihenfolge gelesen werden, da trotz inneren Zusammenhangs die Geschichten jeweils für sich stehen (und dann können auch die Redundanzen wieder funktionieren – aber grundsätzlich liest man doch von vorne nach hinten, oder?). Der erfahrene Leser bekommt trotzdem natürlich jede Menge Fan-Service geboten und kann sich – trotz frischem Erzählstil – in Nostalgie suhlen.
Ich würde mir wünschen – und ich weiß, dass ich damit nicht allein stehe –, dass noch mehr dieser Miniminiserien auf uns warten. Sie wären eine gute Gelegenheit, einzelne Handlungsabschnitte, -orte oder Figuren noch einmal abseits der Handlung in den regulären Heften zu betrachten, eventuell auch aus einem anderen Blickwinkel heraus. Die Storys könnten damit die Rolle einnehmen, die früher die Planetenromane innehatten.
Allein: An Ideen wird es sicherlich nicht mangeln, sicher jedoch an Kapazitäten. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir in absehbarer Zukunft wieder Kurzromane dieser Art geboten bekommen!
Ich warte auf die gedruckte Version. Klingt aber bisher sehr gut. Nun noch 12 Romane zwischen Band 49 und 50 mit viel Thora.
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