Handlung

Ras Tschubai teleportiert Perry Rhodan aus seinem Gefängnis im Schiffstrakt der ITAK’TYLAM, mitten hinein ins Versteck von Crest, Michalowna und Sloane. Perry bietet seinem ehemaligen Zellenwärter Toreead, zu dem er freundschaftliche Bande knüpfen konnte, eine Alternative zum aussichtslosen Massensterben an. Während eines Streitgesprächs zwischen Crest und Perry platzt ein Naat in die Kabine und wird von Anne Sloane telepathisch zum Selbstmord gezwungen. Die Schiffsführung kommt den Geflüchteten via Holoaufzeichnungen auf die Spur und zwingt Ras Tschubai zum erschöpfenden Teleportationsmarathon. Perry sieht ihr Heil deswegen nicht mehr in der Flucht, sondern in der Rückkehr. Unterstützt werden sie von Toreead, der sich beim Kommandanten der ITAK’TYLAM für sie einsetzt. Die eintreffende Unterstützungsflotte der Topsider lenkt den Fokus der Schiffsführung auf wichtigere Angelegenheiten und Toreead kann Perry Rhodan und seine Begleiter unbehelligt in die Schiffshangars führen. Rhodan versucht Crest zu überreden, doch dieser weigert sich, das Angebot der Fluchtkapseln anzunehmen.

Dem Naat Novaal gelingt die Flucht aus dem Wrack seines abgestürzten Raumers. Nachdem er gedankenversunken einen glänzenden Edelstein vom Mondboden aufgelesen hat, hört er Stimmen in seinem Kopf. Der geheimnisvolle Fremde hilft ihm bei seinem Annäherungsversuch auf die Festung Rayold und offenbart sich ihm schließlich als Grek-691. Das Mentalabbild eines Methanatmers wurde im Tarkanchar gespeichert, dem Edelstein in Novaal’s Tasche. Der gefallene Maahk-Krieger erzählt Novaal seine Geschichte und klärt ihn über seine Mörder auf, die stickstoffatmenden Arkoniden. Als Novaal’s arkonidisches Weltbild zu bröckeln beginnt, wird er von Inkmoon aufgesammelt, der gefühlsgeladen zum Angriff auf die Feste bläst.

Der topsidische Festungskommandant Tresk-Takuhn sieht die einzig reelle Verteidigungschance in der Abschaltung des Schutzschirmes über Rayold, wodurch einem eigenen Raumer der Einflug gelingen soll. Das waghalsige Manöver glückt, auch wenn dafür zahlreiche Echsenopfer erbracht werden müssen. Sich seiner Sache zu sicher, vernachlässigt Tresk-Takuhn die warnenden Einwürfe seines Freundes Hisab-Benkh, als die Zentrale plötzlich beschossen wird. Den Naats ist es während der Ablenkungsmaßnahmen gelungen, die topsidische Energieversorgung lahmzulegen. Um die Vernichtung des einzig verbliebenen Kraftwerks zu verhindern, greift Tresk-Takuhn zu den Waffen und lässt ausrücken. Den Topsidern gelingt die Rückeroberung des wichtigen Areals.

Gemeinsam schaffen es Novaal und Inkmoon bis zur Zentrale der Station, wo der junge Naat die kapitulierenden Topsider im Blutrausch erschießt. Novaal schlägt ihm die Waffe aus der Hand, bevor er auch noch die eintreffenden Tresk-Takuhn, Hisab-Benkh und Reban-Terkh töten kann. Novaal geleitet die schwer verletzten Echsen zur Krankenstation und begeht damit Hochverrat an der naat’schen Kriegsdoktrin. Währenddessen ist die topsidische Unterstützungsflotte mit 49 Schiffen im Tatlira-System eingetroffen. Es ist das letzte Aufgebot des Despoten Megh-Takarr.

Meinung

Nach den eher enttäuschenden Vorgängern, bereitete mir das Betrachten des Titelbildes diese Woche etwas mehr Freude. Im Zweifel zieht bei mir eine Raumschlacht immer besser, als die lieblose und grobpixelige Abbildung eines Humanoiden. Topsidischer Kreuzer trifft auf Kugelraumer der Naats im Feuergefecht, hat was.

Die Nebenwirkungen des Zellaktivators werfen ihre Schatten voraus. Crest und Perry rasseln direkt ineinander und es kommt zu einem intensiven Streitgespräch, das zu einem reflexartigen Telepathieeinsatz von Anne Sloane führt. Aller schlechten Dinge sind drei, die Schiffsführung wird alarmiert und Allzweckwaffe Ras Tschubai teleportiert sich bis zur totalen Erschöpfung. Das muss man erst mal sacken lassen! Fulminanter Beginn im Rhodan-Kapitel.
Novaal liefert sich ein trickreiches Duell mit einem topsidischen Kampfroboter und findet schließlich den Chronisten-Edelstein von einem Maahk, der sein Naat’sches Ehrenverständnis ins wanken bringt. Sind die Arkoniden doch nicht das non plus ultra? Nicht nur den Kommandanten der Naats beschäftigt das Gehörte, auch Perrys Aufpasser Toreead denkt schließlich um. Sehr überzeugend erzählt und richtungsweisend für künftige Ereignisse.
In der topsidischen Zentrale trifft der Echsenkommandant schwerwiegende Entscheidungen und kann sich letztlich glücklich schätzen, dass sich sein Freund Hisab-Benkh Tage zuvor nicht auf den Weg in die Heimat begeben hat. Eine fruchtbare Zusammenarbeit entsteht, wenn auch schwer getrickst werden musste, um die Handlung voran zu treiben. Denn…

…etwas befremdlich wirkte auf mich die uneingeschränkte Handlungsvollmacht von Hisab-Benkh schon. Ein Archäologe erhält weitreichende Befugnisse trotz absoluter Ahnungslosigkeit. Und das ausgerechnet in der zentralen Schaltstelle einer kriegsentscheidenden Bodenstation. Hisab-Benkh hat nahezu komplett freie Hand und würgt den eigentlichen Kommandanten gerne auch mal rigoros ab. Huiuiuiuiui!! Das militärische Hierarchiekonstrukt der Topsider wird da sehr wohlwollend ignoriert. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Archäologe überhaupt nicht mit der Technik auskennt und dies auch noch offen kommuniziert. Dennoch wirbelt er über die empfindlichen Bedienelemente und bestimmt über das Schicksal der topsidischen Besatzung. Bei aller Freundschaft, das wirkte arg weit hergeholt. Nun denn… ich jedenfalls habe mich frühzeitig entschieden, welcher Fraktion ich nicht angehören möchte, wenn man mir die Wahl ließe.

Was mich quer durch alle Handlungsstränge mit am meisten beeindruckte, war die tiefgehende, psychologische Beleuchtung der jeweiligen Protagonisten. Crest werden die Auswirkungen der relativen Unsterblichkeit erst nach Perrys energischem Auftritt bewusst. Dass er Thora seit der Geschenkübergabe auf Wanderer komplett vergessen hatte, schockierte ihn zutiefst. Perry ist gewarnt, den Arkoniden an der kurzen Leine zu halten, da er mit seinem Leichtsinn zur ernsten Gefahr werden könnte. Zumal er mit seinen Aussagen vor dem verweigerten Rettungskapselangebot erneut aufhorchen ließ und seine geistige Gesundheit in den Augen Perrys auf dem Prüfstand steht. Anne Sloane hat derweil durch ihren religiösen Hintergrund arge Probleme mit ihrer Kurzschlussreaktion und dem Mord an einem unschuldigen Naat. “Du sollst nicht töten!” als Mantra im Hinterkopf, stürzt sie durch ihren Verstoß gegen das heilige Gebot in tiefe Selbstzweifel. Über Ras Tschubai erfahren wir indes, wie er als junger Mann seine Mutantenfähigkeit entdeckt hatte. In einem Nebensatz. Solche charakterlichen Feinheiten werten den Roman nachhaltig auf.

Zum Ende hin besteht kein Zweifel mehr daran, dass auf dem kalten Gesteinsbrocken Rayold ein ganzes Heer gefallen sein muss, im Laufe der Jahrzehnte oder wer weiß wie lange schon. Die Geister des Krieges sind omnipräsent. Maahks, Tospider, Arkoniden und eventuell auch noch andere Völker, haben hier in sinnlosen Kriegen ihre Leben gelassen. Das macht nachdenklich, vor allem wenn man sich die aktuelle weltpolitische Situation vor Augen führt. So gesehen stehen Novaal und Toreead als DIE personifizierte Hoffnung auf Veränderung. Der Keim des Misstrauens gegen die Arkoniden ist aufgegangen und zu einem zarten Naat-Pflänzchen geworden. Auch wenn die Vorstellung für Kopfkino sorgt, wie so ein bulliger Naat… bitte gönnt mir dieses Comic Relief. Wenn ihr den Roman gelesen habt, könnt ihr mir vermutlich beipflichten. Das ging schon unter die Haut!

Das Staffelfinale steht an und es wird interessant werden, inwieweit das große Umdenken von Novaal noch Früchte tragen wird. Wenden sich die Naats gegen ihre Befehlshaber und Unterdrücker, die Arkoniden? Wird das vielleicht sogar kriegsentscheidende Folgen haben? Gelingt es Perry Rhodan, die Besatzung der TOSOMA zu befreien oder macht ihm gar Crest einen Strich durch die Rechnung, mit seiner erschreckenden Wesensveränderung? Und wie ziehen sich die Echsen aus der Affäre und gelingt ihnen mit den 49 Schiffen sogar der Überraschungscoup? Viele Fragen und nur noch ein Roman könnte die Antworten darauf liefern. Ich freue mich, mit euch gemeinsam ins Staffelfinale überzugehen. In der nächsten Romanbesprechung.

Kleiner Funfact am Rande: Das kulinarische Dreieck um Rhino, Toreead und Rhodan bleibt ein staffelumspannendes Spaßkonstrukt. Dass sich Toreead bei seiner Entscheidungsfindung ausgerechnet an den Starkoch wendet, ist bezeichnend und ich feiere die konsequente Einbeziehung des Trio Culinario richtig ab. Nebencharakter Rhino eröffnete die Staffel vor vielen Wochen als vermeintliche Randfigur und ist der eigentliche Star im Hintergrund. Toll, was die Autoren aus diesem herzlichen Russen gezaubert haben. Ein NEO-Kochbuch mit seinen besten Gerichten vermisse ich indes bis heute schmerzlich.

Zitat des Romans

Du trägst einen Anzug der Arkoniden, bist Angehöriger des arkonidischen Verbands. Welche Logik, wenn nicht die arkonidische, sollte ich deinen Handlungen unterstellen?

der naat novaal wird von seiner eigenen positronik ausgekontert, weil er sich über deren arkonidische denke echauffiert

Wertung und Fazit

Kaum einem Protagonisten wurde die verdiente Bühne verweigert, nahezu jede Hauptfigur hatte ihren ausführlichen Auftritt. Es menschelte durch sämtliche Handlungsebenen, unabhängig der Volkszugehörigkeit. Besonders der Sinneswandel von Novaal und Toreead spricht Bände und stellt Weichen für künftige Geschehnisse. Im Streitgespräch zwischen Perry und Crest taten sich erste Abgründe auf, die zu denken geben und um die geistige Gesundheit des Arkoniden fürchten lassen. Die Rahmenhandlung war abwechslungsreich und spannend zugleich. An allen drei Schauplätzen fühlte ich mich gut unterhalten, denn Christian Humberg gelangen die häufigen Schauplatzwechsel mit Bravour, ohne auf den verästelten Wegen die Leseraufmerksamkeit zu verlieren. Humorvolle Passagen wechselten sich mit düsteren Kriegsgeschehnissen ab, gut dosiert. Sehr schade, dass dies bereits der letzte Auftritt von Christian Humberg im NEOversum sein sollte, der Roman hat richtig Spaß gemacht und ich hätte mich über Nachschub von ihm sehr gefreut. Als Abschiedsgeschenk streckt sich mein kriegsgeplagter Daumen in den Orbit von Rayold, in froher Erwartung des kommenden Staffelfinales.

Classic Review: Perry Rhodan NEO 35 – Geister des Krieges
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