Handlung

Perry Rhodan veröffentlicht ein Video, das über die Verbrechen der Aphiliker berichtet. Daraufhin kommt es vermehrt zu Unruhen in Terrania. Hohe Regierungsbeamte bereiten eine Propaganda-Gegenoffensive vor, die Rhodans Position schwächen soll. Doch der Kommandant der Wachdivision Terrania, Trevor Casalle, erhält gesicherte Informationen, dass einem gewissen Personenkreis auf dem Mars die Gehirne entfernt werden. Kommandant Casalle sammelt seine Truppen hinter sich und marschiert auf das Gelände des Hohen Amts für Frieden, wo er sich Antworten auf diesen Skandal erhofft. Die beiden Agenten Sergio Percellar und Sylvia Demmister müssen derweil zurück in das Stummhaus von Adrian Skelouth, um mit seinem genetischen Schlüssel das Geheimnis von Jungbrunnen zu lüften. Sie treffen auf einen geläuterten Skelouth, der durch die Behandlung mit Jungbrunnen zum fühlenden Menschen wurde, was die Wirkung des Medikaments unterstreicht. Das Licht der Vernunft befiehlt die Vernichtung sämtlicher vorrätigen Medikamentenbestände.

Demmister, Percellar und Skelouth brechen zur Pharamond-Niederlassung in der inneren Mongolei auf, wo sie wichtige Informationen zur Herstellung von Jungbrunnen erhalten, das dort aber nicht mehr produziert wird. Percellars Exoskelett wird ihm zum Verhängnis, da ihn die Durchleuchtung seiner Person mit dem Stummhaus-Einbruch in Verbindung bringt. Pharamond-Militärs nehmen ihn in Gewahrsam, aber seine Begleiter bleiben überraschend unbehelligt. Vielmehr erhält Adrian Skelouth sogar eine Beförderung von der Standortleiterin Abamok, die seine Fähigkeiten aphilisch nüchtern als gewinnbringend für das Unternehmen einstuft. Er nimmt zur Tarnung an und installiert Demmister als seine persönliche Assistentin, die gleich im Anschluß eine Ladung stabiles Musco nach Terrania fliegen soll, wo Jungbrunnen seit kurzem hergestellt wird. Anstatt ihr Ziel direkt anzusteuern, macht Sylvia einen Zwischenhalt und sucht nach ihrem Kollegen Percellar. Dabei findet sie ein riesiges Areal mit extrahierten Gehirnen, denen der geheime Zusatzstoff C-XX für Jungbrunnen entnommen wird. Sylvia macht Sergio ausfindig, doch sie lässt sich von dem Operationsleiter Lotho Keraete in ein Gespräch verwickeln. Dieser informiert insgeheim die Wachmannschaft und Sylvia Demmister wird paralysiert. Adrian Skelouth lokalisiert Sylvia und betäubt die anwesenden Aphiliker. Der Organismus von Percellar kommt mit den Nachwirkungen des Anästhetikums nicht klar und somit müssen die beiden sein Exoskelett überbrücken. Die Flucht gelingt gerade noch rechtzeitig, bevor die Regierungstruppen anrücken und die Arjai-Grotten zerstören können.

Die drei wollen den, mit Jungbrunnenkomponenten bestückten Gleiter, möglichst unbeschädigt aus der Gefahrenzone bringen. Durch ihre überstürzte Flucht werden einige Kühlaggregate zerstört und Sergio Percellar übernimmt die waghalsige Aufgabe, die energiefressende Fracht abzuwerfen. Mit den abgesprengten Containern sorgt er für eine explosive Ablenkung. Das Trio erreicht schlußendlich wohlbehalten das brennende Terrania und sucht direkt das altbekannte Stummhaus auf. In einer verlustreichen Schlacht kann sich Skelouth ins Labor absetzen, wo er die spärlichen Reste der geretteten Substanzen auswerten möchte. Demmister und Percellar geben ihm Rückendeckung. Ausgerechnet die völlig durchgedrehte Vanessa Miller zerstört alle Hoffnungen, weil sie sowohl die Proben zerstört, als auch Adrian Skelouth umbringt. Die Syntheseanordnung für das Jungbrunnen-Medikament ist damit genauso verloren, wie das Leben von Vanessa Miller, die aufgrund ihren schweren körperlichen Beeinträchtigungen friedlich entschläft.

Meinung

Die farbliche Tristesse steht der Aphilie eigentlich gut zu Gesicht. Für mich wäre die braune Grundfarbgebung dennoch schon Grund genug, das Heft am Kiosk mit Missachtung zu strafen. Der im Vordergrund gelandete Gleiter entlässt Adrian Skelouth, Sergio Percellar und Sylvia Demmister in die Minen von Moria. Sprich Terranerfreund und tritt ein. Tatsächlich besucht das Trio den Herstellungsort von Jungbrunnen in der Mongolei. Das große und offene Tor im Hintergrund lässt die weiteren Schritte der drei Personen erahnen. Meinen Geschmack trifft das Cover nicht, den Grundtenor des Romans trifft es aber hervorragend. Denn…

… Rainer Schorm schilderte seine Geschichte abwechselnd aus der Sicht des Agentenduos Percellar/Demmister und einiger höheren Beamten der Aphiliker. Bereits Marie Erikson hat mich mit ihrer Stummhausstory emotional schwer beschäftigt. Rainer Schorm knüpfte stellenweise (!) daran an und nahm mich atmosphärisch auf seine eigene, nicht weniger düstere Reise mit. Gleiches Stummhaus, zwei unterschiedliche Autoren. Aber beiden gelang es famos, mir Gänsehaut zu verpassen. Mein Nachttisch quillt derweil vor Konterlektüre über, die sich nahezu ausschließlich aus lustigen Romanen und Wohlfühlstories zusammensetzt. Diese Stimmungsaufheller tummeln sich dort auf gut 40×40 Zentimetern und bilden damit den kompletten Gegenpart zu den NEO-Aphilie-Romanen. Dieser Ausgleich ist mir wichtig, ansonsten würde ich tief in düsteren Gedanken versinken. Kai Hirdt sagte im Vorfeld zu diesem Roman, dass dieser an die Grenzen des Erträglichen vorstoßen würde. Das kann ich nach dem zuklappen des Heftes in großen Teilen bestätigen. Die Gratwanderung ist gelungen, viel schmaler hätte der Steg nicht mehr sein dürfen. Auch wenn die Uff-Momente auf sich warten ließen. Erst mit Sylvias geheimen Rettungsversuch ihres Partners hatte ich einen solchen Moment. C-XX und die Frage nach dem wer und warum gehen mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.

Eine undankbare Aufgabe für Rainer Schorm. Nochmal eine Schippe drauf legen zu müssen, nach dem Antwortenmonster NEO 315, war relativ unmöglich. Dazu hatte dieses Brett von Heft einfach zu viele offene Fragen geklärt, die sich in den letzten Jahren gesammelt hatten. Mit entsprechend gedrosselter Erwartungshaltung ging ich ans Werk und wurde, vielleicht auch deswegen, nicht enttäuscht. Jungbrunnen heilt die Aphilie. Bäm. Das saß. Der Ausflug ins chinesische Staatsgebiet geriet zu einem Pageturner. Rainer Schorm hielt sich mit Erläuterungen von chemischen Prozessen wohltuend zurück und gab einige sehr erquickliche Eindrücke in die Fertigungsabläufe von Jungbrunnen zum besten. Der Schwenk ins Lager der Aphiliker war zwar hinsichtlich der Einblicke in deren Denkweisen sehr aussagekräftig, lenkte aber eher störend von der deutlich spannenderen Haupthandlung ab. Weit mehr störte mich daran, dass der Nebenschauplatz irgendwann komplett vergessen schien. Zwischen den sogenannten “Cassalle-Szenarien” lagen anfangs etwa zwei Kapitel aus der Hauptstory. Zwischen dem vierten und fünften Szenario dann aber ellenlange fünfzig Seiten. Da hatte ich schon fast wieder vergessen, was zuvor passiert war. Hätte man eleganter lösen können. Selbiges gilt für die Verhinderung von sensiblen Geheiminformationen innerhalb der Aphilikertruppen. Dass blindes Durchmischen einen explosiven Cocktail ergeben könnte, sollte man in Führungskreisen schon auf dem Radar haben. So wirken die Konsequenzen eher künstlich herbeigeführt, denn durch reinen Zufall unglücklicherweise geschehen. Nüchterne Separation nach einem Einsatz an den Hirnquellen stellt durchaus eine Möglichkeit dar, die ich von den Amtsleitern so auch erwartet hätte. Wie bloß konnte diese Diktatur mehr als 80 Jahre bestehen?

Mir fehlten unterm Strich so ein oder zwei weitere Uff-Momente. So düster und traurig das Romangrundgerüst von Zombie-Fan Rainer Schorm auch aufgebaut wurde, es fehlte nach der Jungbrunnen-Wirksamkeitsoffenbarung an herausragenden Momenten. Actionreich und kurzatmig verfolgte ich die Flucht aus der Grotte, spannend war es allemal und toll geschrieben sowieso. Vanessa Miller konnte mich erfolgreich schocken, das kam aus dem Nichts und nötigt mir Respekt ab. Auch und vor allem wie ihr Abgang umschrieben wurde, hatte nochmal einen halben Uff-Moment bei mir ausgelöst. Um es kurz zu machen: Ein geiler Roman ist ein Highlight, mehrere geile Romane in Folge sind eine Statistik. Naja, das abgewandelte Stalin-Zitat hinkt möglicherweise etwas. Aber ich bin halt mittlerweile so verwöhnt von dieser tollen Staffel, dass die Sprunglatte schier unerreichbar weit oben liegt. Rainer Schorm hat die Erwartungshaltung zumindest erfüllt, aber vielleicht mit der Stabtechnik etwas gehadert. Sei’s drum, schön anzuschauen war es auf jeden Fall.

Zitat des Romans

Jungbrunnen beseitigt die Aphilie.

sergio percellar schockt mit der erkenntnis

Für mich eine völlig unerwartete Neuigkeit. Hammer! Ich hatte schon einige Theorien entwickelt, wie letztlich die Aphilie besiegt werden könnte. Beispielsweise mit der Zerstörung des Sperrschirms und der gleichzeitigen Beseitigung irgendeines Schadprogrammes, das via Dauerbestrahlung auf die Menschheit losgelassen wurde. Aber dass Jungbrunnen der entscheidende Faktor werden könnte, hatte ich nicht auf dem Schirm. Puh!

Fazit und Wertung

Die Skrupellosigkeit der Aphiliker nimmt Dimensionen an, die kaum noch zu ertragen sind. Massengehirnextraktionen werden gebilligt, nur um C-XX gewinnbringend extrahieren zu können. Der Mensch zählt nicht und ist nur noch eine Nummer in den Datenbanken der Gefühllosen. Die Staffel hat einen Punkt erreicht, bei der man klare Triggerwarnungen aussprechen muss, um labilere Personen vorzuwarnen. Rainer Schorm schuf eine gruselige Grundstimmung, die im Haupthandlungsabschnitt gut funktionierte. Die Schilderungen aus Sicht der Aphiliker gerieten dagegen viel zu kurz und unausgewichtet, wodurch dieser Teil der Story mich so gar nicht abholen konnte, zumal die Umblenden zwischenzeitlich zu lange auseinander klafften. Rainer Schorm hat die unbewusste Mammutaufgabe dennoch sehr gut gemeistert, nach dem klar besten NEO-Roman der Staffel, erfolgreich nachzulegen. Als kleinen Bonus stellt er den aktuellen Staffel-Rekord bei der Abmurksquote ein. Mit Abstand. Der Blutzoll war erschreckend, um den Autor höchstselbst zu zitieren. Mein blutbesudelter Daumen steigt steil aus dem Jungbrunnen heraus. Wenn auch weniger euphorisiert als in der Vorwoche, so viel Ehrlichkeit muss sein.

Review: Perry Rhodan NEO 316 – Jungbrunnen
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