Handlung

Der Sicherheitschef der Terranischen Union, Allan D. Mercant, erhält mitten in der Nacht Besuch von Iga Tulodzieky, seiner Ex-Geliebten. Nach einer angenehmen Nacht mit der Truckerin und einem dringlichen Anruf von Frank Haggard, dessen Bericht über die seltsamen Erkrankungen von zahlreichen Mutanten eine Krise heraufbeschwört, stellt Allan D. Mercant das Lakeside-Institut unter Quarantäne. Ras Tschubai und Olf Stagge werden auf Java von der Edelprostituierten Ailin angegriffen, die unkontrollierte Mutantenfähigkeiten besitzt. Eine Veränderung seiner eigenen Mutantengaben verhilft Stagge zu einem betäubenden Schlag gegen die verunsicherte und aggressive Chinesin. In einem Stützpunkt des indonesischen Geheimdienstes BIN erhalten sie diplomatische Hilfe. Ihnen wird ein Verhörraum zur Verfügung gestellt, wo sie die Chinesin zur Rede stellen. Stagge erfährt über sein Implantat von dem sich ausbreitenden Chaos im Lakeside-Institut und teleportiert alle in Sicherheit, bevor das in den Verhörraum geflutete Gas eine vernichtende Explosion bewirkt.

Um die außer Kontrolle geratenen Mutantenkräfte einzudämmen, lässt Mercant einen Schutzschirm um das Lakeside-Institut errichten. Zuvor wurden zahlreiche zivile Bedienstete aus dem Institut evakuiert. Ein Gebäude wurde absichtlich in Brand gesetzt um einen Feueralarm auslösen zu können, der den nachtschlafenden Mutanten in ihrem Unterkunftsgebäude akustisch verwehrt blieb. Dennoch erwacht Tako Kakuta durch verräterische Geräusche und findet sich unversehens im Chaos wieder. Alan D. Mercant hatte die Komplikationen miteinberechnet und begibt sich selbst unter den Schirm, um die Mutanten zu beschwichtigen. Tako Kakuta rastet aber völlig aus und teleportiert sich unkontrolliert mitten in den Schirm hinein, was ihn umbringt. Sue Mirafiore kann sein Leben nicht retten, obwohl ihre Kräfte mit nie gewesener Stärke in sie hinein strömen. In einer hastig anberaumten Krisensitzung liest Dr. Frank Haggard einen Brief vor, den er von seinem Alternativuniversums-Ich beim Rugby-Match zugestellt bekommen hatte. Aus André Noirs Körper kann demzufolge ein Antivirus hergestellt werden, das die sich ausbreitende Erkrankung eindämmen kann. Alternativ-Haggard vertraute in seinem Universum auf Noirs Angaben und überzeugt mit seinem Plädoyer die versammelte Politprominenz, die daraufhin grünes Licht geben.

Sid und Sud wenden sich an den inhaftierten Mutanten Monk, der mit seiner Gabe in der Lage ist, Fähigkeiten zu blockieren, doch dieser lacht sie nur aus. Olf, Ras und Ailin erreichen nach etlichen Teleportersprüngen endlich Terrania, wo der Norweger sein Implantat deaktiviert, um das Trio nicht in Gefahr zu bringen. Sie erblicken die VEAST’ARK in Schussweite des Lakeside-Instituts, wo das Schiff als letzte Notlösung von Allan D. Mercant in Stellung gebracht wurde. Olf Stagge sieht das als Kriegserklärung an und hetzt die noch freien Mutanten auf, mit denen sie sich in einem unfertigen Hochhaus am Stadtrand treffen. Es kommt zu Streitigkeiten und der Norweger verliert einmal mehr die Kontrolle über seine Gabe. Sicherheitskräfte der Terranischen Union werden auf die von ihm ausgelöste Explosion aufmerksam gemacht und stürmen den Raum mit den sieben Mutanten. In letzter Sekunde gelingt die Flucht per Teleportation, doch eine indische Mutantin wurde schwer verletzt und muss ins Krankenhaus, wo Stagge sie hinbringt. Danach trennen sie sich. Die Gruppe um Sven Eisenmann will Iga kontaktieren, um sie dazu zu bewegen, die Kuppel über Lakeside abschalten zu lassen. Olf Stagge reist mit Begleitung ins Yinshan-Gebirge um den dortigen Fusionsreaktor in die Luft zu jagen, damit die Stromversorgung für Terrania abgeschnitten wird. Doch die KATMAR empfängt die Gruppe und der Mutant Tanuj stirbt im Abwehrfeuer.

Tschubai erlangt späte Einsicht und lässt sich von Iga überzeugen, dass ihnen Allan D. Mercant tatsächlich einfach nur helfen möchte und schlägt die uneinsichtige Anne Sloane ohnmächtig, und flüchtet. Bei seiner kopflosen Flucht kann er sich in Erinnerung rufen, welche Stimme ihm und den anderen Mutanten in ihren Träumen erreicht hatte. Die von Ernst Ellert, dessen komatöser Körper in Terrania verwahrt wird und der beim Eintreffen von Ras aus seinem Krankenbett verschwunden ist. Der von Iga kontaktierte Allan spürt beim Anflug an den See eine unbändige Wut, die sich urplötzlich entlädt, als er aus dem Gleiter aussteigt. Auslöser war Sven Eisenmann, denkt Mercant zumindest. Iga nimmt die für Sven bestimmte Betäubungsdosis aus Mercants Händen und injiziert sie ihrem Geliebten selbst, dem nicht klar war, dass er selbst schon immer ein Mutant war. Sid und Sue überlisten Monk mit falschen Versprechungen und der befreite Mörder blockiert sofort alle Mutantenfähigkeiten im Lakeside-Institut.

Meinung

Ein bulliger Mann steht mit einer gewaltigen Einhandwaffe vor der Silhouette einer brennenden Stadt, in der sich mehrere Explosionen ereignen. Gelbe Töne dominieren das Bild, leicht mit Brauntönen versetzt. Alles in Wischiwaschi-Optik. Unscharfe Kanten überall. Je weiter ich das Cover von mir weg halte, umso besser gefällt mir das eher einfallslose Design. Bei näherer Betrachtung suggeriert mir das Titelbild keine Krise, sondern einen ausgewachsenen Krieg und fällt durch seine unsauber wirkende Bearbeitung im persönlichen Geschmacksraster unten durch. Für mich kein Hingucker. Doch die inneren Werte zählen bekanntlich mehr, also widme ich mich mal lieber der Handlung, die das NEOversum langfristig verändern sollte.

Ein in vieler Hinsicht explosiver Start gipfelte in einem superspannenden ersten Romanviertel. Mir gefiel die Agentenaction ausgesprochen gut. Durch kleine Zwischenkapitel, die intime Gedanken von betroffenen Mutanten wiedergaben, heizte Christian Montillon den Thriller zusätzlich an. Hat mir sehr zugesagt. Dagegen haderte ich schwer mit den ethischen Fragen. Vor allem, ob die bekannten Fakten ausreichend genug waren, Menschen mit speziellen Fähigkeiten einfach einzusperren wie Vieh. Man muss sich nur mal folgendes vorstellen. Du bist Mutant und wirst gewissermaßen gezwungen, deine Gaben im Lakeside-Institut beherrschbar zu machen und sie in akribischer Feinarbeit zu optimieren. Lässt dich von anderen Mutanten und Entscheidungsträgern überreden, diesen Schritt zu tun. Lässt dich freiwillig untersuchen, spritzen, dir Blut abnehmen. Tag für Tag. Und das alles, ohne murren. Weil du dein bestes geben willst für die gemeinsame Sache. Win win Situation, wie man neudeutsch sagt. Eigentlich doch super. Ist ja zum Wohle aller. Und nun wirst du eingepfercht wie Vieh. Wegen einer Krankheit, die noch nicht mal richtig erforscht ist. Was macht das mit dir als Spezialbegabter? Das erzeugt Hass. Puren Hass. Und das kann doch nicht im Sinne der Verantwortlichen sein, diesen wissentlich und willentlich heraufzubeschwören, ohne einen Plan B oder C in der Tasche zu haben, der solch einen Konflikt hätte vermeiden können. Warum hat sich Mercant nicht an John Marshall gewendet, der als Institutsleiter einen guten Draht zu allen Mutanten hat? Warum wurde im Vorfeld nicht auf Vernunft gepocht und erst einmal alles versucht, den Karren durch Kommunikation und Diplomatie in die richtige Spur zu lenken? Quarantäne. Einsperren. Hat ein übles Gschmäckle und die Parallelen finden sich in aktuellen politischen Krisen wieder. Die unverständliche Herleitung kann ich nicht nachvollziehen. Hier sollte eine Geschichte recht nahe an die Erstauflage herangeführt werden, wo sich eine First- und eine Second-Genesis-Krise ereignete. Unnötigerweise wurde mit der Brechstange angesetzt, obwohl die meisten Mutanten anfangs sogar Verständnis für die Situation geäußert hatten. Einzelne Problemfälle hätte man immer noch via Betäubungsgas oder Paralysatoren ausschalten können, bevor es allzu brenzlig wird. Das Kuriose daran: Die Sicherheitskräfte paralysierten im ausgebrochenen Megachaos dann tatsächlich die Fliehenden. Und Tako Kakuta war wohl der prominenteste Tote der vermeidbaren Genesis-Krise. So wie alle Krisen vermeidbar wären, wenn richtig kommuniziert und gehandelt werden würde. Schon klar, es musste halt ein Knalleffekt der Unterhaltung her und ein Mission-Impossible-Szenario.

Allan D. Mercant ist auch nur ein Mann. Da taucht seine Ex-Geliebte für eine Nacht wieder auf und sofort schließt sie der Sicherheitschef der Terranischen Union wieder in sein Herz. Und sein Schlafzimmer. Tags darauf ist sie sowas wie seine rechte Hand -nicht flapsig gemeint- und wird in die größten Geheimnisse der TU eingewiesen. Wie schreibt man Sicherheit!? Wieder Puh. Aber wie bereits erwähnt, Allan D. Mercant ist halt auch nur ein Mann. Der diesen auch steht. Nicht nur im Schlafzimmer mit Iga. Er zieht seinen Stiefel bis zum Ende konsequent durch. Die Genesis-Krise wurde damit zum ersten Roman der Staffel, in dem sich endlich (!) eine sensationelle und wichtige Entwicklung anbahnte. Eine der wichtigsten Säulen der terranischen Verteidigung drohte, komplett einzustürzen. Was bitte soll die Menschheit ohne Teleporter, Telekineten und Zündermutanten ausrichten, wenn mal wieder ein Feind an der Tür klingelt?! Christian Montillon zeichnete ein Bild des Horrors und der allumfassenden Hoffnungslosigkeit. Er schaffte es eindrücklich, ein Gefühl zu erzeugen, das beiden Seiten Sympathien entgegen brachte. Jede für sich hatte ihre guten Argumente. Eine typische Pattsituation. Doch wie kriegt man den Karren jetzt aus dem Dreck gezogen?

Olf Stagge löst als der große Anführer der Revolution eine unvermeidliche Kettenreaktion aus, die sich als kontraproduktiv herausstellt. Sich selbst ins Knie geschossen, hat sich in diesem Zusammenhang nicht nur der Norweger. Der umgekehrte Telepath Sven bekommt eine riesige Scherbe in selbiges und auch die indische Mutantin Aboil schmälert das überschaubare Mutanten-Aufgebot noch weiter und muss operiert werden. Wo Unbeherrschtheit halt so hinführt. Ailins Rolle bei der Mutantenrevolte wechselte zwischen Rücksichtnahme und knallharter Gewalt nahezu übergangslos. So wie sie sich recht schnell von Tschubai und Stagge überzeugen gelassen hatte, plötzlich auf ihrer Seite zu kämpfen. So ganz pari gehe ich mit dieser sprunghaften Charakterisierung nicht. Wird aber von der sagenhaft spannenden Schlussphase des Romans in den Hintergrund gedrängt, die einen actionreichen und verlustreichen Abschluss fand. Und in einer kleinen Annäherung von Sid an Sue, die der künftigen Starmedizinerin sehr zu gefallen schien. Monk wird von dem Pärchen befreit und hält sein Versprechen, was sich längerfristig angekündigt hatte. Dass Allan D. Mercant selbst ein Mutant ist, kam zu diesem Zeitpunkt aber völlig überraschend. Iga’s Vermutung deutete sich schon in einigen Dialogen der beiden zuvor an. Aber das war schon ein starkes Uff auf der letzten Buchseite. Auch die Geschichte des verschwundenen Ernst Ellert, dessen leeres Krankenbett viel Platz für Spekulationen lässt. Wow. Ich hatte mich bis zum Ende keine Minute lang gelangweilt gefühlt, fand mich in vielen Aussagen und Meinungen der meisten Protagonisten wieder und hatte richtig Spaß an dieser Jagd durch Terrania und Umgebung.

Zitat des Romans

Und was man fürchtet, tötet man.

olf stagge und ailin prägen den sinnspruch der krise

Fazit und Wertung

Ganz eindeutig ein Schlüsselroman. Darüber hinaus ein Wendepunkt innerhalb der Staffel und der NEO-Lore. Die Genesis-Krise zeichnete ein dermaßen düsteres Bild der Terranischen Union, dass das Substantiv Dystopie dafür wie geschaffen scheint. Die zahlreichen kleinen Zwischenkapitelchen aus Mutantensicht, gaben teils sehr intime Egosichtweisen wieder und heizten die negative Grundstimmung des gesamten Plots zusätzlich an. Niederschmetternde Hoffnungslosigkeit allerorten. Unverständliche Entscheidungen allerorten. Wer eine Krise mit den beschriebenen Mitteln angeht, braucht sich nicht wundern, dass alles außer Kontrolle gerät. Geradezu naiv verhielten sich die Entscheidungsträger, mit Jetzt-also-doch-Mutant Allan D. Mercant an vorderster Stelle. Das war mein Uff-Moment des Romans. Und sicher nicht nur meiner. Ernst Ellert wird wieder zum Thema und der gemeingefährliche Monk erlangt die Freiheit. Alles an sich schon große Informations-Kaliber. Dieser NEO sticht für mich deshalb aus der großen Masse der ersten Staffeln heraus. Aber auch weil er polarisierte, schockte und gleichzeitig mit einer dermaßen brutalen Bildsprache aufwartete, dass mir größtenteils der Mund offen stand. Die in diesem Zusammenhang sehr plastisch erzählten Gewaltexzesse trugen dazu bei, dass sich mir im Leseprozess dauerhaft die Haare an den Armen aufstellten. Die etwas mau ausgearbeitete Herleitung der Krise konnte mich dagegen nicht überzeugen. Deshalb platziere ich „nur“ vier von fünf Junk-DNS-Proben im Keller des Lakeside-Instituts.

Classic Review: Perry Rhodan NEO 47 – Die Genesis-Krise
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