Handlung

Ein Raumschiffswrack der Gon-Mekara trifft im Sol-System ein, mit direktem Kurs auf den Mars. Protektor Reginald Bull, Systemadministratorin Stella Michelsen und der Marsrat sehen sich zum Handeln gezwungen. Als sich eine Rettungskapsel von der Walze löst, lässt Reg das Miniboot kontrolliert auf dem Mars abstürzen und ein Rettungsteam holt Alaska Saedelaere aus den Trümmern heraus. Der gesundheitlich schwer gebeutelte Maskenträger übermittelt eine verstümmelte Botschaft an Reg, die vor einer drohenden Gefahr aus M13 warnt. Sofort informiert der amtierende Protektor seinen Freund Perry, der mit der SOL noch im Algolsystem verweilt. Die Amöbophagenpatienten werden nach Rumal ausgeschleust und das Generationenschiff nimmt Kurs auf Arkon.

Atlan erhält von einer Mehandor-Informantin Kenntnis über den Aufenthaltsort seines Vaters. Der Imperator Gonozal VII. ist auf der Flucht vor Leticrons Schergen und versteckt sich auf dem Handelsplaneten Sephis im Keimo-System. Atlan und Mirona fliegen mit ihrem Schaltschiff sofort dorthin und nehmen Kontakt zum Ara Paynon auf, der sich allerdings unwissend gibt. Während ihres Aufenthalts im Klinikum gelang es Mirona, ein Spionageprogramm ins Netzwerk einzuspeisen, das den Ara überführen kann und ihnen eine wertvolle Spur zum Imperator liefert. Der Erste Hetran Leticron beauftragt derweil Derengor, einen treu ergebenen Celista, mit der Gefangennahme von Gonozal VII.. Der gewiefte Celista tarnt sich als Geschäftsmann und nimmt auf einer Adeligen-Veranstaltung Paynon ins Visier, da er ihn ebenfalls als möglichen Kontakt zum Imperator vermutet.

Während eines Rennbrettausflugs in paradiesischer Umgebung, wird Derengor Zeuge einer bewaffneten Auseinandersetzung. Mirona und Atlan sind beim Versuch, dem Ara Paynon zu einer verborgenen Unterwasserkuppel zu folgen, von fremden Kampfrobotern überrascht worden. Tief in den Eingeweiden der ehemaligen Basis, finden sie das prunkvoll ausgestattete Versteck von Gonozal VII. und Mirona kann ihn anhand DNS-Spuren identifizieren. Der Ara rettet den Imperator rechtzeitig und die Flucht endet in einem Baustellenversteck. Atlan folgt einigen Hinweisen auf seinen Vater und trifft diesen nach Jahren endlich wieder, als sie erneut von schwarz gekleideten Häschern attackiert werden und zu ihrem Schaltschiff flüchten müssen. Derengor findet zwischenzeitlich über den Ara Paynon heraus, dass Atlan mit einer unbekannten Person von Kopfgeldjägern aufgespürt wurde und ihr Ziel der flüchtige Imperator ist. Am Raumhafen angekommen, tobt der Kampf und ein riesiges Raumschiff erscheint.

Die HETRAN-TASKAR, das Flaggschiff von Leticron, landet auf dem Raumhafen. Der Hetran greift sofort und erbarmunglos an und erschießt Gonozal VII.. Mit seinen letzten Atemzügen ernennt er seinen Sohn Atlan zum Zdopanthi Gos-Azhori, den kommissarischen Imperator über das arkonidische Imperium. Dem Celista Derengar ist es zuvor gelungen, die archaische Verteidigungsanlage des Planeten zu reaktivieren, die darauf hin mit dem Beschuss der HETRAN-TASKAR beginnt. Sein Gesinnungswandel kommt Atlan und Mirona zu Gute. Ihnen und Leticron gelingt die Flucht. Durch einen Versprecher offenbart Mirona gegenüber Atlan, dass sie ihm seinen 18jährigen Sohn vorenthalten hat. Es kommt zum Bruch zwischen den beiden. Die SOL versucht indes erfolglos, Atlan und Mirona zu erreichen. Ein aufgefangener Notruf eines havarierten Schiffes lässt die SOL einen Transitionsstopp einlegen, Perry und Gucky begeben sich auf der FAIRY zum Unglücksort.

Meinung

Titelbild mit Retro-Charme. Der Silver-Surfer trifft mit schlagkräftiger Begleitung, bei 60er-Jahre-Hintergrundgestaltung, auf reichlich Action und Feuerwerk. Johnny Bruck hätte sicherlich einen bewundernden Blick riskiert. Auch wegen der knalligen Farben. Könnte nämlich ebenso eine Videospielhommage an die Softwareperle Treasure Planet sein. In so mancher Szene oder Unterhaltung verstecken sich kleine Reminiszenzen zu Videospielklassikern oder Entwicklerstudios. Ob beabsichtigt oder nicht, das Cover brennt sich in mein Gedächtnis. Das Titelbild landet bei mir unterm Strich dennoch keinen Volltreffer, aber ich finde die trashige Aufmachung ganz nett.

Das erste Romanviertel wird dominiert von liebevollen und teils superspaßigen Dialogen. Während sich Gucky gewohnt flapsig gibt, hört man aus Thora in jeder Zeile Sorgen um die Gesundheit ihres Ehemannes heraus. Ich finde es sehr schön, dass sich der Autor die Zeit dafür nimmt, auch Thoras vergangene Monate, mit allen Ängsten und Nöten um Perry, aufzuarbeiten. Sie drängt Perry immer wieder zum Langsam machen und verfolgt ihn auf Schritt und Tritt. Sehr authenthisch, das ließ der Staffelabschluß nämlich gründlich vermissen. Ein kleines Absätzchen beschäftigte mich: Ganz beiläufig äußert Ruben Wickenhäuser, dass sich ein Medoschiff von Mimas, als schwacher Trost wegen der Abreise der SOL, auf den Weg ins Algolsystem machen würde. Ich würde das eher als goldene Lösung betiteln, denn diese Vollprofis haben einiges zu bieten. Vor allem aufgrund ihren schieren Personalstärke sollte da in kurzer Zeit mehr bewerkstelligt werden können, als das auf der SOL im gleichen Zeitrahmen der Fall gewesen wäre. Sud als Mentamalgam hin oder her. Perry hätte sie theoretisch auch auf Rumal helfen lassen können, auf dem Rückweg wird sie wieder abgeholt. Fertig. Am Ende des Tages ist Mimas dennoch ein Glücksfall für die Patienten auf Rumal. Keinesfalls ein Trostpflaster, zur Seelenberuhigung der Führungscrew, eines überdimensionierten Hantelschiffes.

Die zweite Romanhälfte startet mit einer Agentenjagd im besten James-Bond-Stil. Eine hübsch Frau an der Seite eines hühnenhaften Mannes, gemeinsam kämpfen sie gegen Roboter und den Gleichgewichtssinn auf Surfbrettern, äääh Rennbrettern. Interessante Idee, die feuchte Spannungsmomente garantierte. Ich genoß den Ausflug in die Karibik, das Retro-Feeling beim Besuch der Unterseekuppel, die nicht nur Atlans Gedanken abschweifen ließen. Und die rasante Flucht des Imperators, mit dem erwartet emotionslosen Wiedersehen der beiden Staatsmänner. Dieser Teil des Romans hat mich am meisten abgeholt. Action, Spannung, Emotionen. Moment…eben war doch noch etwas von Emotionslosigkeit zu lesen?! Richtig. Gonozal VII. und Atlan betreffend, kühler ist es nur in der Antarktis. Es geht de facto um eine Meisterin der Insel. Ausgerechnet. Und Mirona prangert gedanklich das sehr unterkühlte Wiedersehen zwischen Vater und Sohn an. Ausgerechnet sie! Die ehemalige Massenmörderin Mirona hadert mit sich, wünscht sich eine Beziehung wie die von Perry und Thora mit ihrem Atlan. Und die Geheimniskrämerei gegenüber ihrem geliebten Atlan raubt ihr schier den Verstand. Sehr eindringlich geschrieben, sehr überzeugend rüber gebracht. Bravo Ruben Wickenhäuser!

Nochmal zu den eigentlichen Hauptdarstellern: Mirona und Atlan haben ein Kind. Die Neuigkeit erfuhren wir schon in einer der vergangenen Staffeln und wurde ganz beiläufig erwähnt (NEO 262 – Die Zeit aus den Fugen). Nun gut, soll in den besten Beziehungen vor kommen, dass bei regelmäßigen intimen Zuwendungen zukünftige Imperatorensprösslinge entstehen können. Atlan weiß aber davon nichts. Auch nicht unbedingt DIE News des Tages. Soll vor kommen, vor allem bei sexuell sehr aktiven Rotäugigen. Aber Mirona versteckt ihren gemeinsamen Sohn vor Atlan. DAS ist mal ne krasse Nummer! Und kein Wunder, dass die Konsequenz daraus das vorläufige (?) Beziehungsaus ist. Mirona hat genug Vergangenheitsbalast angehäuft und sich mit Atlan schon mehrfach in moralische und ethische Grundsatzdiskussionen verstrickt, so dass sich dieser harte Schlussstrich länger bereits angekündigt hat. Zumal Atlan seine Ex-Freundin ja tatsächlich schon einmal inhaftiert hatte, wegen ihrer ständigen Eskapaden (ebenfalls NEO 262 – Die Zeit aus den Fugen).

Wir müssen reden: Über dieses Hammerfinale! Ganz ehrlich? Nach dem, für mich, enttäuschenden Beitrag von Ruben Wickenhäuser in der Naupaum-Staffel, wünschte ich ihm einen gelungenen Start in die Revolution. Und was soll ich groß rum eiern?! Jeder Handlungsabschnitt saß. Maßgeschneidert. Das war ein atemberaubendes Feuerwerk auf dem Raumhafen. Drei NEO-Urgesteine versammelt, Leticron schreitet in brachialer Kampfmontur aus seinem riesigen Flaggschiff, das anschließende Kräftemessen war der absolute Wahnsinn. Was bitte soll das noch toppen können?! Und ich gehe jede Wette mit…. Atlans exakt pünktlicher Zellaktivatoraussetzer war ferngesteuert. Durch Dao-Lin-H’ay vermutlich. Und der eiserne Wille des Kristallprinzen durchkreuzte ihre Pläne komplett. Erwähnte ich schon das Hammerfinale?!

Zitat des Romans

Nein, jetzt wirst du dein Verhalten erst mal dem Marsrat erklären müssen, mein lieber Bullfrog!

Stella Michelsen, liebevoll zu ihrem reg

An die Zocker unter uns: Das Entwicklerstudio Bullfrog, das uns in den 90ern mit bahnbrechenden Spielemeilensteinen wie Theme Park und Dungeon Keeper beglückte, schoss mir hier sofort ins Gedächtnis. Beim lesen dieses aberwitzigen Zitates schoss mir aber leider auch der lauwarme Bio-Kräutertee, aus allen Löchern des oberen Körpersegments. Stella und Reg sind schon ein Dreamteam. Es gibt wohl öfter was zu lachen wenn der unbeherrschte Protektor, in den kostbaren Stunden der Zweisamkeit, mal wieder einen seiner Sprüche raus haut. Und kontern kann die Systemadministratorin, das wohl!

Fazit und Wertung

Starke Bilder, tolle Dialoge, krachende Bodenkämpfe in bester Bond-Manier und ein heftiges, hochemotionales Finale. Perfekte NEO-Kost. Mit einer ungewohnt leutseligen und reuigen Hauptdarstellerin, die vom Autor überzeugend charakterisiert wurde. Alles auf hundertsechszig Seiten, gut strukturiert, glaubwürdig und nachvollziehbar erzählt. Vor allem die explosiven Neuigkeiten, rund um Mirona und Atlan, werden uns LeserInnen lange in Erinnerung bleiben. Am meisten hat mich die tolle Bildsprache überzeugen können, der sich der Autor ganz vorzüglich bedient hat und die jegliche Schauplätze lebendig wirken ließ. Charakterbuilding und Weltenbau sind am Ende des Tages also die großen Gewinner. In einem Roman, der mich auf so vielen verschwiedenen Wegen begeistert hat. Das grandiose Finale setzte den Schlußpunkt unter den bislang besten NEO der Staffel. Ich wage mal eine vorsichtige Prognose: Der dekadente Lebensstil des Adels und Leticrons schonunglose Essoya-Politik führen möglicherweise zu dieser Revolution, die uns der Staffelnahme suggeriert. Die Anzeichen dafür sind heraus zu lesen, der Roman dreht zumindest an einigen Stellschrauben und künftige Entwicklungen sind zu erahnen. Ich bin gespannt, welche Überraschungen uns noch erwarten. Mein frisch abgetrockneter Daumen reckt sich aus dem Unterseebunker von Sephis steil nach oben in den roten Himmel des Handelsplaneten. Tolles Comeback von Ruben Wickenhäuser! Der Autor hält damit, mindestens bis zum nächsten NEO, die Pole Position.

Review: Perry Rhodan NEO 291 – Verrat am Imperium
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