Handlung

Die PERLENTAUCHER wird von den Perlians schneller geortet als erhofft. Die Ce’drell verlangen den sofortigen Maschinenstopp und Bereitschaft zur Kontrolle durch ein Prisenkommando. Doch die Terraner denken nicht an Aufgabe und die riskante Fluchtkursberechnung gelingt. Auf GORM, einer experimentellen Raumstation der mafiösen Wallkorr, leisten Ce’drell und Powker, aggressive Militärs, ihren Dienst. Jungen Ce’drell-Probanden werden modifizierte Zeitaugen eingepflanzt. Eine Sonnenemanation von Kvalliar durchschlägt die Abschirmung der Station, weil ein General zuvor die Sicherheitsvorschriften verletzt hatte. Dies gipfelt in einem Unglück und fordert große Verluste. Dabei wird unter anderem die Regenerationskapsel von Versuchsobjekt Tajá.L596 abgerissen, driftet ins All ab und wird von der PERLENTAUCHER geortet und geborgen. Nach Tajás Bericht und Peregrins Erinnerungsschub, nimmt Perry Kurs auf die experimentelle Raumstation.

Perry Rhodan, Peregrin, Gucky, Ras Tschubai, Hawk und Watson bilden ein großes Einsatzteam, das GORM infiltrieren und vorrangig die Perliankindern retten soll. Tajás Mentor Kollel Erk hat sich bei der Wallkorr hoch verschuldet und gerät in einen inneren Konflikt, einerseits seinem Volk zu helfen und andererseits die Machenschaften der Mafia mit zu tragen. Währenddessen wird an den Powker-Anwärtern die Zorntaufe vollzogen, die ebenfalls fürchterlich schiefläuft und den Sohn des Ersten Koordinators Hehyk zu einem Niemand macht, da er sich kein Zornauge im Siliziumkarbidfeld einfangen konnte. Der terranische Einsatztrupp kommt auf GORM an und kämpft gegen Generäle und Strahlung an. Den durch fremden Einfluss gefährlich geschwächten Spezialisten rennt die Zeit davon. Auch Sud kämpft an Bord der Rehakapsel mit ihren schwindenden Kräften und dem schleichenden Tod von Tajá, der dringend an seinem manipulierten Zeitauge behandelt werden muss. Dann verschwindet Peregrin spurlos.

Perrys Team trifft auf Kollel Erk und dieser trifft den empathischen Entschluss, seinem Schützling Tajá trotz aller zu erwartenden Konsequenzen, zu helfen. Der frisch beförderte Sicherheitschef Hehyk stellt sich ihnen, auf Befehl des Wallkorr-Eintreiber Kurmolyk, entschlossen in den Weg. Der terranische Einsatztrupp behält anfangs die Oberhand, wird aber von eintreffender Verstärkung der Generäle rasch in die Defensive gedrängt. Paralysewaffen verursachen bei den Gegnern deutlich geringere Wirkung und Perry ordnet aus taktischen Gründen an, dass Leben verschont werden sollen. Dieser Schachzug kommt ihm zugute, da Hehyk den Befehl von Kurmolyk verweigert und das bevorstehende Blutbad kurzentschlossen verhindert. Der moralische Kodex hat sowohl Hehyk als auch Erk die Augen geöffnet und somit die Kampfhandlungen beendet. Der Eintreiber der Wallkorr wird in Gewahrsam genommen und die PERLENTAUCHER hat mittlerweile einen Datensatz mit den Vorkommnissen auf GORM an Menam Zun gesendet, damit die Ce’drell über die illegalen Machenschaften informiert sind. Gucky findet derweil Peregrin in einem Rekonfigurator, der ihm nicht die erhoffte Wiederherstellung verschafft. Die Besatzung der PERLENTAUCHER erfährt von Seiten der Ce’drell und Powker einen zweiten Erstkontaktversuch, der freundschaftlich endet und diplomatische Beziehungen in die Wege leitet. Tajá alias Sün tritt die Heimreise an und die PERLENTAUCHER zündet die Triebwerke zu einem neuen, fernen Ziel.

Meinung

Beim Cover bekam ich umgehend Gänsehaut. Ersteindruck: Böse Technoqualle, die wie Phönix aus der Korona einer Sonne aufsteigt. Wirkt mit ihren roten Einsprengseln auf der Außenhülle wenig vertrauenerweckend und suggeriert dem Betrachter gefährliche Absichten. Rainer Schorm klärt die Leser gleich im ersten Kapitel darüber auf, dass es sich um die GORM handelt. Eine Raumstation, die einem Coprinuspilz ähneln soll und die die dunkle Seite der Ce’drell aufzeigt, mit all ihren mafiösen und lebensverachtenden Machenschaften. Wieder ein beeindruckendes Cover von Dirk Schulz und eine weitere Verneigung vor dem Künstler meinerseits. Mein armer Rücken. Aber auch mental wurde mir direkt einiges abverlangt….

…denn die Gänsehaut verflog keinesfalls nach Aufklappen des Heftes. Ganz im Gegenteil. Rainer Schorm hat es mit der ersten Zeile schon geschafft, meine vollste Aufmerksamkeit zu generieren und mir mit der Katastrophe auf der GORM einen eiskalten Schauer über den Rücken zu jagen. Ein ähnliches Verhalten hätte ich auch von der Mannschaft der PERLENTAUCHER erwartet, ob der vermeintlichen Zerstörung der SOL. Die vorgetäuschte, nüchterne Reaktion, nehme ich Perry und Thora noch ab, die mit ihrer langjährigen Führungsrolle ihre Empathien auszublenden wissen. Der Rest der Crew reagiert mir allerdings viel zu professionell, um wahr zu sein. Der vorgegebene Schockzustand hat mich gefühlsmäßig nicht erreicht. Wobei jegliche Gedankenspiele alsbald im Keim erstickt wurden, als andere Sinneseindrücke meine Rezeptoren überfluteten. Powker, Wallkorr, Stettaks, Zorntaufe…puh…durchatmen! Das war reichlich Informationsfluss. Innerhalb eines Kapitels taten sich zahlreiche neue Baustellen auf, die mit ihrer schieren Übermacht auf mich einprügelten. Verwirrend! Etwas behutsamer hätte es ruhig sein dürfen. Allerdings werden damit auch einige Fragen geklärt, die sich in den ersten drei Bänden der neuen Staffel bislang aufgetan hatten. Der Personalbogen füllt sich zusehends. Leider gehen die Charakterbeschreibungen im anfänglichen Informationssalat und den zahlreichen Wiederholungen einzelner bereits durchgekauten Gegebenheiten verloren.

Also nochmal langsam: Wallkor -> Mafiosos auf dem Geschäftsfeld der illegalen Augenimplantation. Powker alias Generäle -> Besitzer von Zornaugen. Ce’drell -> Besitzer von Zeitaugen. Terraner -> Besitzer von Hühneraugen! Schön, dass das geklärt ist. Augen auf beim Siliziumkarbidkauf! Peregrin erinnert sich. Peregrin erinnert sich nicht. Das gute alte Gänseblümchenspiel macht mit dem weiterhin teilamnesierten Entflohenen keinen großen Spaß. Äußerst exposéfreundlich findet Peregrin nahezu immer die richtigen Antworten auf Fragen, die gerade gut in die Zeilen passen. Antworten schuldig dagegen bleibt er ausgerechnet bei der Aufklärung seines Daseinszwecks und seiner wahren Mission. Die Machtstrukturen der heimischen Völker sind ihm dagegen äußerst geläufig und können aus dem Stegreif wiedergegeben werden. Lediglich ein Ziel ist unstrittig: Ins Zentrum der Galaxie muss er, um jeden Preis. Warum? Das bleibt ein Mysterium.

Bis in die zweite Romanhälfte benötigte ich beinahe anderthalb Wochen Lesezeit. Das ist und bleibt hoffentlich die absolute Ausnahme, doch ich musste mich bis zur Halbzeit regelrecht durch kämpfen. Auch wenn es einige lustige Szenen und Dialoge gab, mit Okrill Watson als tierischem Feuerstein oder Gucky als stimmungsaufhellendem Sprücheklopfer. Auch die Reminiszenz an Guru Guru und ihrem Song Elektrolurch schlägt voll ein. Die Geschichte benötigte dennoch einen größeren Anlauf, um bis zu mir durchzudringen. Die Handlungszusammenfassung passte bis zu diesem Zeitpunkt auf einen Bierdeckel, so wenig war bis dahin passiert und musste dem übermächtigen Infobooster Platz zollen. Und dann kam Romanhälfte zwei über mich und es bewahrheitete sich ein altes Sprichwort: Es lohnt sich (fast) immer, dran zu bleiben!

Mit Ankunft der Terraner auf GORM zeigen die unterschiedlichen Kulturen ihre wahren Gesichter und der Roman entschädigt für so vieles, was er in Hälfte Eins vermissen ließ. Endlich wird erzählt, dass die Wallkorr eine wilde Mischung aus mehreren beteiligten Spezies sind und die Sicherheitsleute/Generäle nicht nur Befehle der Mafia entgegen nehmen, sondern derer auch angehörig sind. Im übrigen existieren die Wallkorr exklusiv im NEOversum, Generäle und Perlians gibt es auch in der Originalserie. Zuvor entstand bei mir der Eindruck, dass es sich um eine menschenvergleichbare Organisation handeln könnte, die sich aus abtrünnigen Generälen oder Ce’drell zusammensetzt. Bereits im Vorgängerroman kam mir der Gedanke, dass die Ce’drell/Perlians und Terraner durchaus eine gewinnbringende, fruchtbare Zukunft aufbauen könnten, sobald Perry seine Mission erfolgreich beendet und die machtpolitischen Strukturen aufgelöst hat. Oder zweifelt ihr ernsthaft daran, dass ihm das misslingen könnte?! Die Gedanken von Tajá und die gnadenlose Seelenvergewaltigung durch die Generäle geht brutal tief unter die Haut. Ob die Spitze der Nahrungspyramide wirklich die Wallkorr ist, wird sich noch zeigen. Ich zweifle nicht daran, dass hier noch eine Überraschung auf uns zukommen wird. Peregrins wahre Bestimmung und Rolle wird schon mal angedeutet, der Kamerad scheint einer der Big Player zu sein. Gehört er gar zu den wahren Drahtziehern und hat lediglich seine Erinnerung daran verloren? Wir werden es erlesen. Ein großes Rätsel wurde jedenfalls gelöst: M87 und das Schwarze Loch erhalten wohl eine zentrale Rolle in der aktuellen Staffelhandlung. Und jetzt: Bartelknoten!

Zitate des Romans

Linus, du alter Schraubkopf!

Gucky würdigt leitende ingenieurskunst

Beeil dich, Elektrolurch! Ich kann sie nicht mehr lange halten. Mach keine Zirkusaufführung draus!

gucky rügt okrill watsons spieltrieb

Ich hätte hier auch noch das ein oder andere zusätzliche lustige Geplapper von Gucky herauspicken können, möchte den Rahmen aber nicht sprengen. Der Mausbiber läuft unter der Feder von Rainer Schorm zur Höchstleistung auf. Wunderbar!

Fazit und Wertung

Rainer Schorm verschaffte mir zu Beginn zwar Gänsehaut pur, dank der dystopischen Atmosphäre rund um das GORM-Geschehen. Leider verursachte er aber auch sehr schnell einen geschwollenen Schädel aufgrund des exorbitant hohen Namedroppings, denn im ersten Romandrittel prügelten die Neuigkeiten nur so auf die Leser:innen ein. Das war einerseits sehr informativ, andererseits aber überaus anstrengend. Einige Wiederholungen diverser Textstellen trugen auch nicht gerade zu einem positiveren Gesamtbild bei. Mit Ankunft der Terraner auf GORM wendet sich das Blatt allerdings entscheidend, denn plötzlich entschädigt der Roman mit Erklärungen, Antworten und vor allem sehr empathischen Hauptfiguren. Ebenfalls auf der Habenseite stehen einige lustige Dialoge und Szenen, die die Lesestimmung zusätzlich aufhellen konnten. Nicht umsonst konnte ich mich nicht auf ein einziges Zitat des Romans festlegen und hätte auch noch eine ganze Menge mehr gefunden, was mich zum Schmunzeln oder Lachen brachte. Vor allem mit Gucky hatte Rainer Schorm offensichtlich seinen Spaß und ich freute mich gleich mit ihm. Grundsätzlich stark finde ich vom Exposé zudem, dass die Perlians so herrlich fremd auf mich wirken konnten und ihre Andersartigkeit dadurch angenehm stilisiert wurde. Das eigene Zeitsystem und die Nahrungsaufnahme möchte ich hierfür stellvertretend nennen. Die finalen Wendungen waren so nicht absehbar und haben mich mit dem Zieleinlauf versöhnt, der reichlich emotional wurde. Diese Woche versinkt mein Daumen wegen des äußerst anstrengenden Starts fast in der Korona von Kvalliar, denn die Gravitation war anfangs zu stark und gab meinen positiven Eindrücken keine reale Chance zu entkommen. Für mich war aber keineswegs die Zeit zum Zorn gekommen. Denn Romanhälfte zwei zündete die starken Triebwerke der PERLENTAUCHER und verschafft sich auf den letzten Drücker noch eine verdiente, neutrale Wertung. Wie bereits zum Epochenauftakt war für mich dieses Werk zweigeteilt zu bewerten. Diesmal schrieb allerdings nur ein einziger Exposéautor an einem NEO, der erst ziemlich spät richtig Spaß zu machen begann. Die Staffel ist bisher eine riesige Bereicherung fürs NEOversum, es macht unfassbar viel Spaß zu Rätseln und zu Spekulieren wie es weiter geht.

Review: Perry Rhodan NEO 303 – Zeit und Zorn
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3 Gedanken zu „Review: Perry Rhodan NEO 303 – Zeit und Zorn

  • 11. Mai 2023 um 09:39 Uhr
    Permalink

    Andy, du sprichst mir mal wieder aus der Seele!

    Deine Rezi trifft es absolut auf den Punkt, denn so wie du sehe ich es auch!

    Die erste Hälfte leidet wirklich stark unter der ganzen Informationsflut, die die Handlungsklarheit bis zur Hälfte des Romanes trübt.
    Doch dann geht es wirklich steil bergauf und das tat dem Ganzen so richtig gut.

    Wie du es bereits gelobt hast, Gucky sorgt für lockere Zwischenspiele und heitert die teilweise erschreckend düstere Stimmung (die mir aber sehr gefällt) enorm auf.

    Leider fand ich zum Einen das Ende sehr hektisch und überstürzt nach Schema F: »Der Perry macht sein Perry Ding und alles wird gut«.
    Und zum anderen nervt mich Peregrin seit diesem Band einfach nur… Kann er wirklich nicht? Will er einfach nicht? Wo ist er plötzlich hin? Dieses störrische Kleinkindgehabe ist teilweise etwas anstrengend. Ich glaube Perry und Co. empfinden das auch so. Zumal das Misstrauen in ihn stetig wächst.

    Alles in allem ein »solider bis guter Roman«, der kleine Schwächen im Handlungsaufbau und -abgang aufweist. 3,5/5 Sternen 😉

    Ich freue mich sehr auf eure Podcast Besprechung!

    Bis demnächst, weiterlesen! 😎

    Antwort
  • 12. Mai 2023 um 16:45 Uhr
    Permalink

    Hey Lukas,

    danke dir für deinen lieben Kommentar 🙂 Ich hab u.a. deine Meinung bei Goodreads schon gelesen und werde dazu in unserer Besprechung auch einige Worte verlieren 😉
    Allgemein bin ich überrascht, dass wir uns in so vielen Punkten einig sind.
    Und Lukas: Jawoll, wird gemacht 😀

    Ad Astra

    Antwort
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