Handlung

Nach dreieinhalb Jahrhunderten setzt der Hordenzug seine scheinbare Vernichtung gegen Gäa fort, wodurch Imara Tugh aus ihrem wirkungslosen Gefängnis ausbrechen kann. Inquästor Gammorosch konfrontiert sie mit Amtraniks Vorwurf, dass sie sich mit den Gäanern verbündet habe. Obwohl sie durch ihre erfolgreiche Sabotage einen Riss im Margor-Schwall ausgelöst hatte, der bei der Bevölkerung von Gäa das Scarskott-Syndrom auslöst, das lebensgefährlich ist. Ortokurs Schwester Ruda ist davon betroffen, dennoch muss der oxtornische Kataraktgyps-Spezialist unbedingt ins Katastrophengebiet, um die Wiederherstellung der Felder zu ermöglichen. Zu spät erkennt Imara Tugh das große Täuschungsmanöver von Atlan, der den Vario-500 in Rhoarxi-Maske auf die Gefangene angesetzt hat und ihr durch die simulierte Angriffswelle erfolgreich wichtige Informationen entlocken konnte. Die Hordenkriegerin flüchtet in die perfekt vorbereitete Falle und wird erneut in Fesselfeldern festgesetzt. Ortokur findet heraus, dass sich die Gypspflanzen trotz Anwesenheit eines Zeitträgers nicht regenerieren können, weil das als Waffe konzipierte garbeschianische Agens negativ auf die 5-Vegetation einwirkt und stetig Nachschub erhält. Ihm gelingt es, dem Okrill eine Geruchsspur zu generieren, die ins Korakt-Gebirge führt, wo die Waffe der Labori vermutet wird. Die ausgebrochene Imara Tugh kann dort trotz terranischer Gegenwehr eine Loower-Maschine programmieren, die einen Überladungscountdown startet, bevor die Labori ausgeknockt wird. Rhodan koppelt sich mit der Maschinerie, kann den Abwehrversuchen der KI widerstehen und bringt den Hyperkatarakt wieder zum Laufen. Die drei Zeitträger überleben ausgelaugt, doch Imara Tugh kann flüchten.

Atlan und Robo-Roi alias Vario-500 begeben sich auf eine Sondermission, die sie auf ein Seuchenschiff der Azaraq führt, wo sie von Tagrep Kerrek empfangen werden. Gemeinsam erarbeiten sie auf der XIINEX einen Plan, Hyper-D-Weichen über Xarfax zu positionieren, um Paragons Angriff durch die Zerstörung seines Logistikzentrums auf dem Planetoiden abwehren zu können. Der Plan wird vom Hochmeister des Seuchenraumers vereitelt, der die Positionsdaten in Richtung der XIINEX verändert. Tharvis Tagrep Kerrek kann vom Seuchenschiff fliehen, bevor sich die Schwarze Kreatur des Todes ihre todgeweihten Opfer holt. Atlan und Robo-Roi werden nach ihrer erfolgreichen Sabotage von der MAGISTER WIGBOLD, einem Vitalierraumer unter der Führung von Kapitän Mandüvel, gefangen genommen. Während ihres Ausbruchsversuches verwandelt sich der Vario-500 in Kapitän Klaus Störtebeker höchstselbst, was den beiden genug Zeit verschafft, bis ihr alter Bekannter Stroke die Identität von Atlan bestätigt. Die Mehrheit der Vitalierbesatzung stimmt für den waghalsigen Plan, Atlan und seinen Begleiter bei der Zerstörung von Xarfax zu helfen, der dadurch gelingt und einen erfolgreichen Rückflug durch den sich schließenden Riss im Margor-Schwall gewährleistet. Fast zeitgleich mit der Rückkehr des Duos will Imara Tugh durch den Schwall ausfliegen, doch ihr Schiff explodiert und hilft mit den freigesetzten Energien bei der endgültigen Schließung des Walls.

Meinung

Auf dem Cover ist die Anfangsszene des Romans abgebildet. Imara Tugh steckt in ihrem vor Energie knisternden Gefängnis und schaut böse auf die Leserschaft. Zumindest interpretiere ich den eigentlich undeutbaren Blick auf diese Weise. Genauso böse könnte ich auch auf den Künstler schauen, denn mir gefällt dieses triste Gesamtwerk gar nicht. Zum einen hatten wir schon einen Garbeschianer in einem länger zurückliegenden NEO betrachten können, sodass es keiner erneuten Vorstellung bedurft hätte. Zum anderen konnte mich die Farbwahl und die Körperhaltung von Imara Tugh optisch nicht überzeugen. Nun war es also wieder einmal an den Autoren, es auf rund einhundertsechzig Seiten rauszureißen. Ein Autorenduo mit einer ganz besonderen Geschichte im Gepäck. Michael Tinnefeld und Ruben Wickenhäuser sind die ersten Autoren, deren Namen voll ausgeschrieben nicht auf den Buchrücken der Druckversion gepasst hätten und die deshalb neue Kurzzeitpseudonyme spendiert bekommen haben. Hätte Chefredakteur Klaus N. Frick nicht explizit in einem Redaktionsbeitrag darauf hingewiesen, wäre mir dieser Fakt entgangen. Denn mein Printabo ließ mal wieder auf sich warten…

… aber die Action dafür nicht. Rasant ging’s los. Gleich mal mit dem etwas verspätet fortgesetzten Hordenzug. Schlanke dreieinhalb Jahrhunderte später fallen alle Energiehüllen und Imara Tugh kann ausbrechen. Wo der altbekannte Inquästor Gammorosch ihr erstmal die Leviten liest und ihr seinen gefederten Finger auf die übermächtige Brust setzt. Ein Vögelchen als Herrchen einer Kampfdogge. Immer wieder herrlich, diese nicht ganz nachvollziehbare Rangordnung. Bleibt weiterhin fraglich, wieso das so ist und warum der Hordenzug damals abgebrochen wurde. Meine, zugegeben, gewagte Theorie ist, dass das kurze Fehlereingeständnis von Mirona Thetin im NEO 337, wo sie zugab, einen „fürchterlichen Fehler gemacht zu haben“, sich nicht auf ihren gemeinsamen Sohn Weidenburn bezog. Sondern dass sie als Fädenzieherin im Hintergrund mal wieder nicht an sich halten konnte. Möglicherweise hatte sie ja doch noch einen Weg gefunden, zwischenzeitlich einzugreifen und die Horden zu stoppen, was den unbegründeten Rückzug zur Folge hatte. Aufgrund eines Inquästor-Mordes wurde aber wohl kaum ein riesiger Militärapparat nach Hause beordert. Die weiterhin offene Frage aus besagtem NEO geistert mir seitdem im Hinterkopf herum. Würde halt zu Mirona passen, wenn sie etwas von kosmischer Bedeutung verbockt hat und es um nicht mehr und nicht weniger als um die Vernichtung ganzer Planetensysteme und ihrer Bevölkerung ging. Ich gebe zu, dass die Theorie gewagt ist, aber die Platzierung dieses Satzes am Romanende lässt mich zumindest fröhlich spekulieren. Aber zurück zur Geschichte.

Die Geschichte von Ortokurs Schwester erinnerte mich sehr an die Folgen der embolischen Welle auf Imart. Dort gab es ebensolche akute Folgeerscheinungen für die Bevölkerung, wie sie Ruda im aktuellen Roman erleiden musste. In diesem Fall handelt es sich um das Scarskott-Syndrom. Autor damals war übrigens – genau – Ruben Wickenhäuser. Ausgerechnet wieder im oben erwähnten – erneut korrekt! – NEO 337. Da lass ich mich doch eher von einer Okrillzunge abschlecken, als da noch an Zufall zu glauben. Hyperschwall und embolische Welle hängen also möglicherweise auch noch irgendwie zusammen. Atlans Schachzug Nombre Deux, der natürlich der Leserschaft erstmal rätselhaft angetragen wird, ließ langsam Spannung aufkommen. Und dann platzte die Bombe! Unfassbarlich! Der wiederaufgenommene Hordenzug aus der Einleitungssequenz war lediglich ein simulierter Angriff, um Imara Tugh zum Auspacken zu bringen. Robo-Roi hatte Maske gemacht und den Rhoarxi perfekt kopiert. Was grandios funktioniert hat. Ganz großes Schreibkino! Uff.

Charaktertechnisch finde ich es spannend, dass sich mal zwei so überhaupt nicht riechen können. Im Kampf um die Gunst vom Riesenkuscheltier Watson stecken die beiden Oxtorner Hawk und Ortokur klar ihre Claims ab. Doch dann kommt Perry mit erhobenem Zeigefinger und ein paar mahnenden Worten und schon raufen sich die Streithähne zusammen und werden innerhalb kurzer Zeit zu einem guten Team. Ich verbuche das mal unter Wohlfühlstory mit einem Augenzwinkern. Perry täte es gut, wenn ihm ähnliches widerfahren und jemand zwischen ihm und Reg vermitteln würde. Das könnte den weiterhin spürbaren, wenn auch zweckmäßig pausierten Zwist, möglicherweise wieder in freundschaftlichere Bahnen lenken. Apropos Reg. Der befand sich von Anfang an mit in den Raupenfahrzeugen, wurde aber auf dem Weg zum Gebirge erzählerisch sträflich vergessen und blieb lange Zeit totenstill. Auch im großen Finale an der Vampirmaschine lässt Bull sich kommentarlos Energie abzapfen, ohne vorher seine typischen Schimpfarien abzulassen. Danke für den Einwurf an den RFE-Kollegen Flo, dem da auch was spanisch vorkam. Ich bin der Sache deshalb nochmal auf den Gebirgsbachgrund gegangen und geb den berechtigten Einwurf hiermit an die Autoren weiter. Ein Reg muss mehr Gewicht und Stimme bekommen! 😉 #teamreg

Atlan und Robo-Roi indes fliegen durch den Margor-Schwall-Riss auf eine eigene Mission. Richtung Azaraq-Hoheitsgebiet. Sie landen getarnt auf einem Seuchenschiff der Blues, wo die Auswirkungen des distanzlosen Schritts auf niederschmetternde Weise zu sehen sind. Die Beweggründe des Blues-Anführers sind ein wenig schwammig, meines Erachtens. Aus Dankbarkeit gegenüber Perry, der seinen Sohn gerettet hat, verrät er als einer der obersten Heerführer sein eigenes Volk und gibt sein eigenes Leben für die gute Sache. Ich lass das mal so stehen. Umso besser gefiel mir die Handlung auf dem Seuchenraumer und der Einbindung der volkstypischen Kreaturen der Azaraq. Ein cooles Setting! Gekrönt wurde dieser herrlich außergewöhnliche Handlungsfaden beim Stelldichein mit den Vitaliern am Ende des Romans. Ich habe mich sprichwörtlich gekugelt vor Lachen, was mit den absurd kuriosen Ideen von – ich behaupte mal schwer, Ruben Wickenhäuser – zu tun hatte. Die Abstimmungsvariante kannte ich so noch nicht und bewunderte auch einmal mehr den konsequent betriebenen „Schiffsbau“ dahinter.

Ganz außen vor blieb bisher Gucky, der mit Ruda einen emotionalen Nerv bei mir getroffen hatte. Die Heilkomaerlebnisse verursachten bei mir Erpelpelle vom Feinsten. Besonders dramatisch war natürlich der aufopferungsvolle Tod der Oxtornerin. Was mir daran ein wenig missfiel, war das fehlende Aufbäumen Guckys gegen die erneute Rückversetzung ins Heilkoma. Laut seinen eigenen Aussagen fühlte er sich wieder fit wie ein Turnschuh, und ich kenne Gucky zu gut, als dass ich ihm nicht wenigstens den Versuch zugetraut hätte, den Bruder Rudas per Teleport ins Krankenhaus zu holen, wo er ihr das Leben hätte retten können.

Einmal mehr beschäftigte mich die erschreckend realistische Zukunftsvision unserer Erdklimaentwicklung, die ich im Beispiel Gäa als Mahnmal betrachten würde. Weit weg sind wir davon nicht mehr, wenn auch sicherlich unter anderen Voraussetzungen. Halt ohne Margor-Schwallprobleme und Gypsvegetation, dafür mit einem unbewohnbaren Planeten als tödliches Erbe für unsere Nachfahren, wenn weiterhin nur geredet statt gehandelt wird. Abschließend muss ich noch kräftig aufs Korrektorat schimpfen! Das geht so nicht liebe Verantwortliche! In den ersten Kapiteln gab es nicht nur leidige Kleinigkeiten wie Satzzeichenfehler oder verdrehte Buchstaben. Nein, sogar ein ganzer Absatz und einzelne Satzteile musste man im Geiste ergänzen oder sie blieben sogar komplett unerschlossen für die Leserschaft, weil sie komplett fehlten. Mein Minimauler aus dem Vorgängerroman wird hier zur Beschwerdelawine. Da muss dringend besser gearbeitet werden.

Zitat des Romans

Gottes Freund. Der Feind der Welt!

Aus den Federn von Autor Boy Lornsen stammt das berühmte Buch mit dem Titel Klaus Störtebeker. Bei Ruben Wickenhäuser wird der Buchtitel zur wichtigen Authentifizierungsangelegenheit

Fazit und Wertung

Das gut getimte Täuschungsmanöver von Atlan katapultierte diesen NEO nach gut einem Drittel Lesespaß bereits an meine persönliche Pole Position der bisherigen Staffel. Beide Autoren harmonierten wunderbar miteinander, was man über das total verkorkste Korrektorat leider nicht sagen kann, was zum Glück im Taumel der großen Lesefreude unterging. Allen Erzählsträngen gelang es, mich gleichermaßen gut zu unterhalten, was für eine ausgewogene Erzählstruktur spricht. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt, was sowohl auf dem Seuchenschiff als auch dem Vitalierraumer ganz offensichtlich wurde. Aber es ist ganz sicher nicht alles Gold, das glänzt. Bull wirkte über weite Strecken erzählerisch vernachlässigt, die Beweggründe zum Volksverrat von Tagrep Kerrek waren etwas schwammig und Gucky agierte auch schon mal aufopferungsvoller. Aber wenn ein Roman so stark einschlägt wie ein gäanischer Blitz, dann verblassen solche Kritikpunkte wie Fliegenschisse auf Raumschiffshüllen. Nach den vielen Enttäuschungen innerhalb der laufenden Staffel hatte ich solch einen intelligent, rasant und spannend geschriebenen NEO von Ruben Wickenhäuser und Michael Tinnefeld nicht erwartet. Das Duo konnte mich vollends aus den Socken hauen und greift sich hochverdiente fünf von fünf Okrillzungen-Massagen ab.

Review: Perry Rhodan NEO 347 – Die Waffe der Labori
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