Handlung

Sylvia Demmister landet nach einem Fallschirmsprung unentdeckt neben ihrem Missionsziel, einem schwer bewachten Stummhaus. Wo nicht mehr gesellschaftsdienliche, alte Menschen, stumm vor sich hinvegetieren und ihrer Weiterverwendung harren. Gemeinsam mit ihrem Kollegen von der Organisation Guter Nachbar, Sergio Percellar, soll Leibnitz aus der Einrichtung befreit werden. Doch dieser ist geistig schwer gezeichnet und braucht zur Rehabilitation unbedingt Monade, auf deren Suche das Trio sich letztlich begibt. Nachdem die Posbi gefunden wurde, beginnt der Rekonstruktionsprozess, da Monade in ihre Einzelteile zerlegt wurde.

Perry Rhodan schließt sich einer geplanten Mondmission an, die NATHAN auf den Zahn fühlen soll. Reg, Perry und Frater Bruno von den Franziskanermönchen, gelangen per Frachttransport unbemerkt auf den Mond. Bruno verliert die Nerven und paralysiert einen Aphiliker, woraufhin sie ein Loch in die Wand einer Lagerhalle schießen, um über die Oberfläche des Erdtrabanten zu entkommen. Dort nimmt sie Hygeia-17 in Empfang, ein Roboter, der sie mit einem Spiegelfeld vor fremden Blicken schützt. Von der Erde erhält der Einsatztrupp die benötigten Zugangscodes in das unterlunare Gewölbe. Das wiedervereinte Duo Leibnitz/Monade klärt die Terraner darüber auf, dass NATHAN von den Aphilikern erpresst wird. Bruno weckt Laura Bull-Legacy aus ihrem Tiefschlaf und Bull wird von ihr eisig begrüßt, mit dem Hinweis, dass Sophie Aphilikerin geworden ist. Um die kranke NATHAN-Interpreterin behandeln zu können, sucht das Stummhaus-Team nach Koordinaten einer Medostation. Leibnitz ist dabei erfolgreich, dafür muss der Mondtrupp aber tiefer in die Eingeweide von NATHAN vorstoßen. Dort stoßen sie auf heftigen Widerstand, können sich aber in die Medostation retten und sind am Ziel angelangt.

Nach der erfolgreichen Heilung von Laura spricht NATHAN aus ihrem Mund und berichtet von einem Bauplan für einen Raumtorpedo, der den Sperrschirm zum kurzzeitigen Zusammenbruch bringen könnte. Die Hyperinpotronik wird per Fernzugriff von Sophie Bull-Legacy überlistet und verhängt den Verschlusszustand über die Medostation. Während Frater Bruno im Duell mit einem Roboter die Quittung für seine pazifistische Grundhaltung erhält und stirbt, gelingt es Rhodan und Bull, Sophie zu paralysieren. Demmister, Percellar und Leibnitz/Monade werden derweil von den Aphilikern eingekesselt. Stummhausleiter Adrian Skelouth nimmt Sylvia Demmister in Gewahrsam und will von ihr wissen, mit welchem Trick sie Jahre zuvor aus dem Stummhaus entkommen konnte. Mit einer neuerlichen List gelingt es Percellar und Demmister im Team, den Widersacher auszuschalten. Mit Hilfe von NATHAN führen Reg und Perry eine Scharade auf, in der sie Laura und Sophie erfolgreich vertauschen und den Spieß erfolgreich umdrehen. Reg erfährt von seiner Tochter Laura indes, dass es in der OGN einen Verräter gibt.

Meinung

Eddard “Ned” Stark blickt mit trauriger Miene und Tränchen vergießend direkt in die Augen des Titelbildbetrachters. Sean Bean war unter anderem der Hüter des Hauses Stark in Game of Thrones und verkörperte Boromir in Herr der Ringe. Die Ähnlichkeit zum dieswöchigen Titelbildcharakter Reginald Bull ist verblüffend! Richard Dean Anderson seines Zeichens wird von Néstor Taylor seit Jahren als Konterfei für Matthew Drax in der Romanserie Maddrax genutzt. Von daher ist es keine Seltenheit, dass so mancher Titelbildheld uns Leser:innen sehr bekannt vorkommen mag. Fernab der kolportierten Verwandtschaftsverhältnisse gefällt mir dieses Titelbild außerordentlich gut. Die Erde im Hintergrund geht immer, da der gewaltige blaue Planet eine natürliche Ehrfurcht erschafft, die durch den ernsten Blick von Reg zusätzlich eine gewisse Tiefgründigkeit erfährt. Todtraurig schaut dieser Reg in die Aufnahmeoptiken, da er kurz zuvor von Perry auf seine beiden Töchter angesprochen wurde. Sehr authentische Umsetzung des Romaninhalts in Bildform.

Horrorspezialistin Marie Erikson debütiert im NEOversum. Bekannt ist sie eingefleischten Horrorfans bereits durch Schreibarbeiten für John Sinclair. Gemeinsam mit Meutenführer Robert Corvus bilden die beiden das erste Autorenduo in dieser Staffel der außergewöhnlichen Gentlemen und Ladies. Robert feiert nach jahrelanger Abstinenz sein Comeback. Überflüssig zu erwähnen, dass ich mich deshalb schon seit Wochen schwer auf diesen Roman freue. Was muss also alles auf die Zutatenliste für einen gelungenen NEO? Vielleicht finden wir es gemeinsam heraus 😉

Mit Sylvia Demmister tritt eine alte Bekannte auf die Bühne der Aphilie. Das ursprüngliche Buch der Liebe ist damit vollständig in der Staffel angekommen. Hollywoodreif stößt Demmister aus dem Orbit zur Party dazu, der bodenständigere Exoskelettträger wartet geduldig im Untergrund. Damit begann der Roman sehr actionreich und in bester Agententhrillermanier ging es sehr (s)pacig und ex-orbit-ant spannend weiter. Sehr gut gefiel mir vor allem die zwischenmenschliche Entwicklung zwischen Percellar und Demmister, die mit subtiler Konsequenz auftrumpfte. Mein erster Gedanke bei der Krankenvisite im Stummhaus war: Organhandel! Fleisch, unter anderem mit Jutta Speidel, ist ein Film aus den 70ern, der dieses schockierende Thema behandelt. Wurde mir aber sofort ins Gedächtnis zurückgerufen, als ich die ersten Zeilen des dritten Kapitels verschlungen hatte, da in der vorliegenden Erzählung auch lebendige und unfreiwillig eingesperrte Menschen auf ihre “Weiterverwendung” warteten. Der Horroranteil wurde somit mehr als erfüllt, der Aufenthalt im Stummhaus geriet zu einer intensiven Gänsehautleseerfahrung.

Nach der Besatzung durch die Gon-Mekara hatte Perry Rhodan seinen besten Kumpel Reginald Bull bereits zum zweiten Mal in kurzer Zeit mit allen Problemen Terras alleine gelassen. Sehr glaubhaft wird das Seelenleben von Reg erzählt, mit allen Konsequenzen für die zwischenmenschliche Beziehung. Perry gibt Reg aber ausreichend Zeit und Raum, um die vergangenen zweiundachtzig Jahre zu verarbeiten und hofft darauf, von ihm ein gesundes Maß an Vertrauen zurückgewinnen zu können. Vor allem die Geschichte von Regs Töchtern hat mich schwer getroffen. Über die er sich erst mal spannungsfördernd ausschweigt, aber hochemotional reagiert. Siehe Titelbild. Gänsehaut. Erneut. Und da war noch nicht mal Halbzeit. Wie bereits im Auftaktroman, wurde hier jede Zeile sinnvoll genutzt.

Wen das Stummhaus noch nicht ausreichend geschockt hat, sollte spätestens mit der Aufzuchtanstalt an die persönlichen Schmerzgrenzen gelangt sein. Ansonsten attestiere ich Aphilie dritten Grades! Sylvias Seeleneinblicke triggerten mich massiv, das war kaum zu ertragen. Wie von Kai Hirdt bereits vorgewarnt, ist mitunter das auch ein Identifikationsmerkmal der Staffel. Die Leser:innen werden an ihre Grenzen gelangen, so war das Versprechen. Check. Und spätestens beim Vater-Tochter-Wiedersehen mit Laura, einer der beiden Legacy-Zwillinge, brauchte ich dann ein paar Stunden NEO-Pause. Ein Schuss ins Blaue von mir: Marie Erikson hat sich um den Stummhaus-Part gekümmert und voll in die Eingeweide getroffen. Ich fand den Part auf der Erde auch einen Ticken besser als die Perry-Mission auf dem Erdtrabanten, weil mir mehrfach der Mund offen blieb. Stumm mitgelitten. Wow!

Also noch mal eine Steigerung zum genialen Auftakt von Kai Hirdt? Jein. Qualitativ hebt sich die laufende Staffel schon deutlich von den Vorgängern ab. Nach zwei Romanen wird hier noch eine Nuance heftiger auf die Lesernieren geklopft, als üblich. Kritiklos geht die Aphilie aber nicht an meiner Lesebrille vorbei, denn unser Titelheld Perry hüpft mal eben durch den Sperrschirm und alles erwacht aus der Schockstarre. 82 Jahre relativer Stillstand und es gibt sofort bahnbrechende Ergebnisse. Jaja, schon klar, ohne den Titelhelden funzt nix. Und NEO bekommt keine Miniserie zum Lücken füllen unerzählter Geschichten. Ein wenig grinsen musste ich dennoch, ohne dass meine Mundwinkel die Ohren erreicht hätten. Die Mondmission fiel qualitativ leicht ab und war minimal unterpräsent im Romangeschehen. Was das beeindruckend gute Zusammenspiel der beiden Erzählstränge allerdings wieder wett machen konnte. Beeindruckende Zusammenarbeit zweier offensichtlich sehr gut harmonierender Autoren. Und die Moral von der Geschicht’: Als Pazifist überlebst du nicht! In der Nähe von Zellaktivatorträgern zumindest! Frater Bruno zollt seiner Frömmigkeit mit dem eigenen Leben Tribut. Ein tragischer Schlusspunkt unter einem mörderisch guten Roman!

Zitat des Romans

Was uns auf der Erde in den Staub drückt, ist das Gewicht des Mondes!

reginald bull

Fazit und Wertung

Die Aphiliestaffel erfüllt bisher alle meine Erwartungen. Mit dem toll harmonierenden Autorenduo Erikson/Corvus hatte ich meine pure Freude. Trotz aller Schockmomente, die meine persönlichen Schmerzgrenzen voll ausreizten. Autor:innen die zuhören und Leserwünsche umsetzen sind eines der großen Aushängeschilder des Perryversums. Horror, Spannung, Agentenaction, Military SF, Dramatik, Emotionen, glaubhafte Charaktere, Romance, Tragödie, zum schneiden dichte Atmosphäre… alles drin, alles dran, vieles gut. Hab ich was vergessen? Ganz sicher sogar, die beiden aber nicht. Warum jegliche Probleme immer erst dann richtig angegangen werden, wenn Perry Rhodan anwesend ist, bleibt fragwürdig. Warum 82 Jährchen kein guter Nachbar mal zum nachgucken bei der Omi vorbei geschaut hat, ebenso fragwürdig. Titelheld Perry ist da, ab geht die Lutzi, denn Reg war dazu offenbar nicht in der Lage… der heftige Zeitsprung lässt zu viel Raum zum grübeln. Fernab davon: Tolles Debüt Marie Erikson und damit herzlich willkommen in der NEO-Familie! Tolles Comeback Robert Corvus. Der liebend gerne Wurzeln schlagen darf im Kreis der NEO-Autor:innen, im positiven Kontext aber bitte! Nächster Halt: Daumen hoch! Bitte genau so weiter machen! Und ganz ehrlich: Ja, die Superlative werden wieder ausgepackt, aber so ist das halt, wenn man richtig Lust auf NEO hat und der Taifun Hirdt übers Exposéland fegt. Der perfekte Zeitpunkt um einzusteigen und auf dem Hypetrain mitzufahren, der sooooo wichtig ist für diese Serie! Aber wem sag ich das!? Wer das hier liest, liest sowieso. Oder etwa nicht? Dann du, ja genau du!! Aphilie ist deine Chance! Nutze sie zum Einsteigen in die erste Klasse. Es ist reichlich Platz im Zug, der zudem alle vierzehn Tage pünktlich abfährt. Versprochen!

Du bist weniger euphorisch als ich? Findest die Staffel bisher gar nur so lala? Deine Meinung interessiert mich, also teile sie gerne mit mir! Natürlich darfst du auch gerne mit mir in Ekstase schwimmen….oh Moment….hört sich echt merkwürdig an… Anders ausgedrückt: Kommentiere doch einfach unter diesem Artikel oder via Social Media auf unseren gängigen Kanälen. Ich würde mich über Rückmeldung sehr freuen!

Review: Perry Rhodan NEO 311 – Stumm
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