Ich möchte (ein klein wenig) nachträglich ein paar Worte zum Perry Rhodan Band 3300 verlieren. Gelesen habe ich den Roman natürlich am Erscheinungstag. Ein paar Tage später habe ich ihn mir noch einmal zu Gemüte geführt, auf der Suche nach den versteckten Hinweisen auf den weiteren Fortgang des Zyklus‘. Glaubt man Expokrat und Autor Ben Calvin Hary dann sind diese im Roman sehr wohl auffindbar. Er selber tut sich da natürlich leicht, er hat ja das Gesamtbild vor sich liegen. Wir dagegen müssen ohne Vorlage puzzeln.
Es hat ein wenig gedauert, bis ich die Zeit gefunden habe, meine Gedanken niederzuschreiben („Leben“, you name it), aber hier sind sie:

Eine der großen Fragen dreht sich um das Verhältnis zwischen Reginald Bull und Shrell. Was ist tatsächlich vorgefallen? Ist Bull ein Aggressor oder täuscht sie Rhodan? Oder ist das Ganze ein Missverständnis?

„Ein Usurpator hat den Sternenwürfel an sich gerissen“
, sagt Shrell. „Dadurch hat er mein gesamtes Volk versklavt. Ich wollte ihn vertreiben, dafür wurde ich verbannt.“

Ein Usurpator ist ein Thronräuber, eine Bezeichnung, die Perry selbst wenige Zeilen später verwendet. Es stellt sich also die Frage, wessen Thron Bull geraubt hat? Blättern wir eine Seite zurück. Welchen Eindruck hat Perry, als er zum ersten Mal auf Shrell aufmerksam wird?

Im Hintergrund erkannte er nun eine zweite, größere Gestalt. Entspannt saß sie auf einem riesigen Kommandantensessel, bei dem es sich auch um einen Thron hätte handeln können.

Thron!

Was, wenn es Shrells Thron war, den Bull an sich gerissen hat? Oder der Thron eines Elternteils? Und nun ist sie sauer deswegen. Vielleicht war sie nicht die allernetteste Herrscherin und sie wurde deswegen verbannt, weil das Volk der Leun sie nicht mehr wollte?

Bonnifer und Shrell haben nicht dieselbe Heimat, wie Bonnifer beiläufig erwähnt:
Doch seit der Flucht vor dem Usurpator konnte Shrell sich weder in ihrer noch in meiner Heimat mit Ersatzteilen eindecken.

Dennoch hält sie Perry derselben Spezies zugehörig. Auch die Menschen haben im Laufe der Jahrhunderte umweltangepasste Zweigvölker hervorgebracht. Das kann bei den Leun ähnlich sein. Wenn nun Shrells Teilvolk eine hegemoniale Position einnahm und diese Vormachtstellung aggressiv ausgelebt hat, mag Bullys Eingreifen zum Sturz und zur Vertreibung der ungeliebten Herrscherin geführt haben. Ebenso kann auch Shrells Volk sich nun in der Rolle der Beherrschten wiederfinden. Shrell mag das selbst nicht so sehen, aber sie verhält sich Bonnifer gegenüber sehr grausam, geradezu verachtend. Aus ihrer Sicht aber ist sie das Opfer, das mit nichts als einem schrottreifen Raumschiff von dannen ziehen muss. Einem Schiff, das bei Bulls Angriff zerschossen wurde und das er ihr überlassen hat. Nach ihrer Niederlage. Was aus einem anderen Blickwinkel eigentlich wieder für Bully spricht, wenn er die besiegte Gegnerin ihrer Wege gehen lässt.
Die ehemals unterdrückten Völker mögen nicht so nachsichtig sein und verfolgen Shrell, die überstürzt und ohne Ersatzteile aufbrechen muss

Wie passt nun Bonnifer in diese Reihe? Er stellt sich selbst als „Zeuge des Untergangs“ vor. In meinem Bild könnte er also der Zeuge von Shrells Untergang sein. Er scheint technisch bewandert zu sein, er flickt die ELDA-RON stetig zusammen. Und er scheint Technik auf einem hohen Level zu beherrschen. Er ist in der Lage einen Fiktivtransmitter zu reparieren, was Superintelligenzniveau bedeutet. „Wie konnte ein Schuss deine überlegene Tarntechnik derart lahmlegen?“, fragt Shrell. Das deutet darauf hin, dass diese Technik zumindest ihr nicht ohne weiteres offensteht. Wie also kommt es zu diesem ungleichen Duo?

Leun können nicht alleine sein, scheinbar nicht einmal alleine überleben:
Die Drüsen reagieren auf den Geruch einer Artverwandten, sie schütten frisches Rinathan aus. Das lebenswichtige Hormon strömt durch meine Adern, es beruhigt den Herzschlag und besänftigt die Gedanken. Ohne mich als Geisel hätte die Einsamkeit in den leeren Schiffskorridoren Shrell längst den Verstand geraubt – und mir ebenso.
Wesen von unserer Art können nicht allein sein. Wir sind physisch ausßerstande dazu. Shrell und ich, wir brauchen einander. Welch Fluch, dass sie mich einst gefunden hat.

Shrell muss also fliehen und aus irgendeinem Grund ist Bonnifer in der Nähe oder er läuft ihr über den Weg. Und weil sie weiß, dass sie einen Artverwandten braucht und gleichzeitig über seine Fähigkeiten informiert ist, entführt sie ihn. Er war zur falschen Zeit am falschen Ort.

Es stellt sich noch die Frage, woher Bonnifer sein Schwarzes Mal hat. Das Brennende Nichts stellt rätselhafte und damit vermutlich aus höheren Sphären stammende Technik dar. Nach dem Abschalten der Eindämmungsfelder entfalten sich die Potentialkeime in den Ovoidcontainern explosionsartig. Was auch immer konkret hinter dem Technobabbel steckt, es klingt nach High Tech. Und Bonnifer hat Erfahrung mit solch fortgeschrittener Technik. Wenn er an seine Heimat denkt, verschwimmt die Erinnerung und er hat Eindrücke von einem Untergang. Er könnte folglich mit dem Brennenden Nichts gearbeitet und dieses versehentlich ausgelöst haben. Er selbst hat vom Schwarzen Mal gezeichnet überlebt, aber seine Heimat in den Untergang gestürzt. Ein Zeuge, der sich nicht entsinnt, heißt es an einer Stelle.
Gut, damit könnte sein Beiname auch auf den Untergang seiner Heimat hindeuten. 😉

Man könnte noch mehr spekulieren. Zum Beispiel darüber, warum Bull sich verbergen muss, so dass es Perry braucht, um an ihn heranzukommen. Hat er Angst? Fürchtet er, seinerseits den Thron wieder zu verlieren? Hat sich die Wut der Befreiten gegen ihn gerichtet? Oder will er einfach seine Ruhe haben?
Oder was ist dieses Brennende Nichts überhaupt? Cam scheint seine Freundin im Chor der Stimmen in seinem Kopf zu hören. Das Nichts strahlt irgendwie sechsdimensional. Das klingt nach ÜBSEF-Konstanten, die von verpufften Körpern getrennt wurden.
Oder diese ominösen 50 Jahre, die die ELDA-RON nahezu unbehelligt auf dem Atlan Space Port verbracht hat. Wie ist das denn möglich? Meine Antwort: Die haben einfach regelmäßig und fristgerecht die Standgebühren bezahlt. Und solang der Galax fließt, ist die Bürokratie zufrieden. Aber eigentlich musste Shrell einfach richtig lange infitrieren und manipulieren, damit das mit dem PHOENIX auch läuft. Zudem musste ein Fiktivtransmitter repariert werden und die Ersatzteile findet man vermutlich nicht im nächsten Baumarkt im Regal. Das dauert halt mal seine Zeit.

Mal sehen, ob ich zumindest ein paar der Puzzleteile entdeckt habe. Die Wahrscheinlichkeit ist ja zwangsweise gering. Selbst wenn man die richtigen Spuren findet, gibt es einfach tausend Möglichkeiten diese zusammenzusetzen und weiterzuspinnen. Hach, Spekulationen sind herrlich. Man hat so viele Möglichkeiten. Der eine oder andere Aspekt scheint sich in den nachfolgenden Romanen zu bestätigen (ich überarbeite diesen Text nach der Lektüre der 3303), oder sind das nur falsche Fährten?

Welche Gedanken habt ihr zum Fortgang der Geschichte? Lasst es uns gerne wissen! Hier in den Kommentaren oder auf dem Discord!

Gedanken zu Band 3300
Markiert in:            

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.