Handlung
Auf dem Weg nach Rumal wird die EUPHORION von arkonidischen Piraten, unter Führung des Thora“doubles“ Avina (da) Jacinta, gekapert. Das Prisenkommando stellt den Wert der Besatzung für den Sklavenmarkt fest und ordnet Perry als schwachen Parabegabten ein, da er Gypsaktivator ist. Dann werden die Piraten von Vitaliern angegriffen. Rhodans Befreier ist ausgerechnet Ronald Tekener alias Vitalier-Anführer Stroke, der wie seine Männer unter üblen Mutationen seines Erbgutes leidet und ständig gezwungen ist, Tabletten gegen die Schmerzen zu konsumieren. Perry verhindert die Gefangenschaft der Arkonidin da Jacinta, wofür sie ihm im Gegenzug angeblich die Koordinaten der Smaragdgruft von Atlan da Gonozal verraten will, sobald Rumal erreicht wurde. Tatsächlich wollte Avina sich nur Zeit erkaufen und besitzt diese Information gar nicht. Die Rumaler wurden jahrhundertelang von Mehandor getäuscht und ausgebeutet, was ihnen nicht bewusst ist. Sie gehen daher fälschlicherweise davon aus, dass ihr ehemaliger Exportschlager Rumalin in der Galaxis kein Interesse mehr erwecken würde. Naumann von Silikor und Hilly wissen es besser und schmieden riskante Pläne, die das angeknackste Unternehmen durch einen unmoralischen Handel wieder auf Kurs bringen soll. Die Rumaler empfangen die Crew der EUPHORION auf ihrer Plattform 47 im All. Aber keineswegs als freie Händler. Erst werden die Besatzungsmitglieder einzeln nach ihrer Gesinnung befragt. Durch die Abschottung des Algolsystems mangelt es auf Rumal an nahezu allem, was durch dauerhaftes Recycling im Laufe der Zeit zu massivem Verschleiß und Qualitätsproblemen führt. Schließlich erlaubt der Wassermeister die Landung auf dem Planeten, wo er ihnen dann mitteilt, dass sie als Arbeitskräfte eingeplant sind und den Planeten nicht mehr verlassen dürfen.
Perry besticht den Gypsgärtner der EUPHORION und drängt sich in die Sparte der Gypspfleger. Nach bereits drei Wochen steigert Perry durch seine nach außen hin unbekannten Parafähigkeiten den Ertrag massiv, was ihn zum Sündenbock der Kollegen werden lässt. Diese revanchieren sich und laden Perry vorgeblich zu einem kleinen Umtrunk ein, nur um ihn bei der anschließenden Alkoholkontrolle durch die Behörden zu verpfeifen. Die ermittelnde Beamtin ist ausgerechnet Avina da Jacinta, deren Fähigkeiten sie ebenso schnell in diesem Job nach vorne katapultiert haben. Avina hatte Perry an Bord im Gespräch mit Stroke belauscht und vom Zeitbrunnen auf Rumal erfahren, zu dessen Standort Perry sie führen soll. Um das Phänomen der Bläuung zu untersuchen, ordnet die Neu-Polizistin an, dass Naumann von Silikor und Tochter Cleo sie in der GOOD HOPE II begleiten müssen, einem für rumalische Verhältnisse unüblich gut in Schuss befindlichen Flugzeug. Am Zeitbrunnen muss Rhodan notlanden, da sie von einem Gypstentakel angegriffen werden. Avina da Jacinta will den Zeitbrunnen in ihrem Größenwahn durchqueren und Naumann als Testobjekt voraus schicken. Das unterbindet Perry, indem der Jacinta mit Sand bewirft, um sie abzulenken. Der darin enthaltene Eisengyps eruiert Rhodans Empathien und verschlingt Jacinta. Eine im Hintergrund sichtbare Höhle erregt die Aufmerksamkeit der kleinen Gruppe, da sich Elekrometeorschleier auf diese Stelle zentrieren. Dort trifft Perry auf eine altbekannte Person im Smaragdsarkophag.
Meinung
Seit längerer Zeit erwartete mich diese Woche wieder ein Titelbild, das mir so gar nicht gefiel. Eine Ausnahme stellte lediglich die gelungene Darstellung der brachialen Naturgewalten dar, die im Hintergrund zu gefallen wussten und eine gewisse Dramatik voraus schickten. Eine Kaperung der schrottreifen EUPHORION durch Piraten ließ sich im Cliffhanger des letzten Bandes bereits erahnen, daher ging ich bei der abgebildeten Raumstation erst mal vom Hauptquartier der Outlaws aus, bis sich dann heraus stellte, dass hier wohl die Rumaler Plattform 47 abgebildet wurde. So gesehen passt zumindest der Zusammenhang zwischen Bild und Text. Die Plattform dagegen wirkt eher wie ein Fremdkörper, der in den Tiefen der Festplatte, irgendwann so zwischen der Markteinführung von Windows 97 und der Veröffentlichung von Command & Conquer 2, vor sich hin gestaubt hatte und nun endlich zum Einsatz kam. In der Zeit verloren. Wie passend.
Zeit es besser zu machen Dietmar Schmidt! Er startete mit einer kleinen Handlungszusammenfassung aus Kindersicht. Im ersten Roman wirkte Cleo für ihr Alter doch schon sehr reif, was in der Rückblende, welche aus der Ich-Perspektive geschriebenen ist, nicht so passend rüber kam. Darin wirkte Cleo überwiegend wie ein kleines Mädchen und nur stellenweise so altklug und belesen wie im Auftaktband, was sich im weiteren Verlauf der Geschichte ändern sollte. Ihre Tagebucheinträge gefielen mir als stilistisches Mittel hervorragend. Mit dem Thora-Double Avina da Jacinta, eigentlich ohne Adelsprädikat, hatte ich sehr schnell meinen ersten Uff-Moment zu verzeichnen. Charakterlich ähneln sich die impulsive Piraten-Thora und die echte Thora auch sehr. Verblüffend, dass die Antagonistin des Romans auch von den Elementen verschlungen wurde. Wie ihr hoffentlich doch noch lebendes Ebenbild?! Und wieder ruft diese Parallelwelt-Universums-Komponente einige, möglicherweise ja doch wieder falsche Assoziationen, in mir wach. Danke Rüdiger Schäfer für die entmutigenden Aufmunterungen im Kommentar zum Auftaktband 😉 Aber mir egal! Das kann kein Zufall sein! Fertsch, isso. In einem Satz zusammen gefasst.
Kapitel 5 bestätigte meine erste Vermutung. Der Plot ähnelte zuallererst den Geschehnissen in der Leticron-Staffel, mit Störtebeker und seinen Vitaliern. Schiffsnamen werden auch im Jahre 321 Sym nach altbekannter Manier vergeben und gedenken der Störtebeker-Generation. Die Helfer in Zeiten der Unterdrückung waren allerdings keineswegs Piraten. Laut der bisherigen NEO-Lore zumindest. In der aktuellen Handlung sind die Freibeuter gesundheitlich gebeutelte Freaks, die mich schwer an die Dorian-Hunter-Serie erinnerten, wo Ausgestoßene der Schwarzen Familie mit Missgestaltung bestraft werden und ein Leben lang Schmerzen und Verachtung ertragen müssen. Ein wenig befremdlich wirkte die Auspeitschung Perrys auf mich. Die enorme Geräuschempflindlichkeit der Vitalier schlägt sich doch wohl eher kontraproduktiv nieder, wenn ihren Gefangenen Peitschenhiebe zugefügt werden und daraufhin sicher in den seltensten Fällen wohltuendes Schweigen herrschen dürfte.
Mein zweiter Uff-Moment warf mich schier aus der Bahn. Ronald Tekener, alias Vialier-Oberboss Stroke, fällt Perry um den Hals. Und mir fiel es mir wie Neuter von den Augen, worüber ich die ganze Zeit über grübeln musste. Lucy Guth schrieb vor ein paar Jahren ihren viel gelobten, fast perfekten, Roman Die perfekte Welt. NEO Nummer 255. Dort wurden aus Quanten und Neutern alternative Versionen altbekannter Seriencharaktere geschaffen und es entspann sich ein sehr geiles Abenteuer. Schaut euch doch mal den Link an und kommentiert gerne, ob euch da auch was auffällt. Josef Moser erzählte mir in unserem Discord-Channel, dass sich Klaus N. Frick dazu geäußert hatte, dass es sich um kein Alternativ-Universum handeln würde. Was denn dann?!? Das ist dann wohl die aktuell drängendste Frage der neuen Staffel.
In Rumal, um Rumal und um Rumal herum öffnen sich moralische Abgründe. Naumann und Hilly wittern das große Rumalingeschäft. Perry erfährt das erste mal live, dass ihn die ganze Galaxis hasst und die Besatzung der EUPHORION nimmt es lediglich mit einem Kopfnicken hin, dass er der große Symaiosbösewicht sei. Es musste ja nicht gleich ein ganzes Kapitel sein. Aber ein wenig mehr Aufregung über diese Offenbarung des Ex-Administrators hätte ich dann schon erwartet. Avina hat derweil Perry nur verarscht mit Atlans Ruhestättenkoordinaten. Seien wir ehrlich. Perry wollte die Thora-Kopie doch nur weiterhin an seiner Seite wissen und ließ sich deshalb gerne zu dieser Rettungstat herab. Der steile Aufstieg von Jacinta, dank der rumalischen Personalknappheit, entwickelte die Figur zum zentralen Antagonisten des Romans. Ärgerlich fand ich, dass die Gefangenen -da muss man sich nichts vormachen- ihre Rolle allzu widerstandslos akzeptierten.
Vom Regen in die Traufe. Oder von Prisenkommando zu Enterkommando und umgekehrt. Pech und Unglück. Wie hält man das nur aus in diesem Paragonversum?! Auf Rumal nimmt die Pechsträhne der EUPHORION-Besatzung ihren Lauf. Perry als Gärtner?! Kannste dir nicht ausdenken… Wenn ich mir die Stichworte auf meinem Notizblock so anschaue, hat das fast was von Slapstick. Aber Dietmar Schmidt gelingt es tatsächlich überzeugend, das Ganze als ernstzunehmende Geschichte, im hoffnungslosen Handlungsstrang der gestrandeten Raumfahrer, zu platzieren. Am Pacing hätte er durchaus noch etwas feilen können. Während ich mich bis zum letzten Drittel des Romans mit einem sehr gemächlichen Erzähltempo schon angefreundet hatte, wirkte der Rest der Geschichte fast etwas zu hektisch. Der Ausflug in die Wüste und der Besuch des Zeitbrunnens inklusive Gypswesen-Angriff plus Notlandung und so weiter und sofort. Das hätte ich gerne etwas gestreckt auf das komplette Taschenheft gelesen, nicht komprimiert auf dreißig Seiten. Aber wie so oft ist das jammern auf hohem Niveau. Außer die Sache mit dem Cliffhanger… ganz miese Nummer Dietmar Schmidt, ganz miese Nummer! Uff. Ich hoffe ja fürs Raststätter Lebewohl, dass das die ist, die ich mir persönlich am sehnlichsten erhoffe 😉
Zitat(e) des Romans
Das ist doch echt ein Muster in letzter Zeit!
Wenn mal wieder die Enter-Taste klemmt…. Hilly, Siganesin, mag die ständigen Besuche von feindlichen Übernahmekommandos nicht.
Immer wieder lieferte Dietmar Schmidt herrliche, gesellschaftskritische, Passagen. Deshalb gibt es heute noch ein zweites Zitat an dieser Stelle:
Sie hatte einen Traum. Das kann ich verstehen. Aber für diesen Traum hat sie die Realität ignoriert.
Naumann von Silikor
Fazit und Wertung
Gegen das Paragonversum war die Aphilie ein Streichelzooaufenthalt mit Wellnesswochenende für die Eltern. Solch eine flächendeckende Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit, wie sie auf Rumal und den anderen Planeten des neuen Handlungsuniversums herrscht, ist echt nur schwer zu ertragen. Die Atmosphäre ist allerdings aufgrund ihrer brutalen Intensität ein Spannungsmotor mit extra viel Drehmoment. Das hat richtig gesessen, was Dietmar Schmidt diese Woche auf Zelluloid gebannt hat. Die immersive Megaatmosphäre würde ich bislang als zentrales Aushängeschild der neuen Staffel anbringen. Die lässige Selbstverständlichkeit, mit der die EUPHORION-Besatzung die überraschende Authentifizierung des Symaiosverantwortlichen Perry Rhodan hinnahm, kaufte ich dem Autor indes nicht ab. Beim Pacing vermisste ich ein wenig die Ausgewogenheit, da es nach einem sehr gemächlichen Beginn am Ende der Geschichte fast ein wenig zu hektisch wurde. Das mehrmalige Entern kann man dann auch durchaus zusätzlich mit in die Kritik aufnehmen, hat mich aber eher amüsiert. Ein paar weitere Kleinigkeiten habe ich im Meinungsteil noch aufgeführt, die nicht nachvollziehbar für mich waren. Mit dem wirklich fiesen Cliffhanger entfleuchte mir mein letztes Uff für heute. Das große Klatschen bleibt aufgrund der aufgezählten Lappalien aus. Ändert letztlich nichts daran, dass mir der Beitrag von Routinier Dietmar Schmidt sehr gut gefiel. Inklusive herrlicher Gesellschaftskritik. Unbezahlbar! Vier von fünf unnachgiebigen Enterkommandos schicke ich deshalb zu Dietmars Privatraumschiff. Um sich mal nach seinem Wohlergehen zu erkundigen, versteht sich 😉